17) Es gibt für alles ein erstes Mal

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Meinen Teller hatte ich bereits geleert und auch das zweite Bier schlummerte bereits in meinem Bauch, als ich mit Feli einen Blick austauschte und wir beschlossen, den Grill gemächlich ausgehen zu lassen. Wir hatten eine ordentliche Menge Fleisch verdrückt und auch die großen Schüsseln mit Kartoffel- und grünem Salat geleert.

Feli kämpfte noch mit dem letzten Bissen Steak, als mir meine Blasensituation zunehmend unangenehmer wurde. Es widerstrebte mir zutiefst, der Natur freien Lauf zu lassen und das Saugpolster meiner ungewohnten Unterwäsche zu benutzen. Der antrainierte Reflex des Toilette-Aufsuchens wurde immer schwerer zu ignorieren. Während ich etwas unruhig mehrmals meine Sitzposition veränderte, wurde mir bewusst, dass ich das nicht mehr lange würde aushalten können.

Als Feli sich den letzten Rest von ihrem Teller in den Mund schob und die Gabel genüsslich abschleckte, bemerkte sie mein Dilemma und schmunzelte.

„Immer noch trocken?", fragte sie leise und grinste.

Ich nickte mit verzerrtem Gesicht.

„Aber wohl nicht mehr lange", merkte Feli mit einem breiter werdenden Grinsen an. „Versuch dich einfach zu entspannen!"

Der Kampf in meinen Gedanken wurde heftiger. Die eine Stimme wollte Feli nachgeben und drang vehement darauf, den inzwischen einsetzenden Schmerzkrämpfen ein Ende zu bereiten. Die andere, erwachsene Stimme holte mehrmals zu imaginären Ohrfeigen aus und wollte mich zu Toilette jagen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit nahm ich meinen Mut zusammen und versuchte Felis Wunsch nachzukommen. Aber je mehr ich mich zu entspannen versuchte, desto weniger ging es. Was ich auch tat, die Windel blieb trocken. Die erwachsene Stimme in meinem Kopf triumphierte und schaffte es schließlich, mich zum Aufstehen zu bewegen.

Mit einem hilflosen Achselzucken gab ich Feli zu verstehen, dass ich lieber eine Toilette aufsuchen wollte. Während Feli leicht enttäuscht drein blickte, humpelte ich mit deutlichen Schmerzen in die Wohnung und Richtung Toilette.

Als ich die Toilettentüre hinter mir geschlossen und die Hose heruntergezogen hatte, kam mir die aberwitzige Idee, mich mit der Windel auf die Toilette zu setzen. Und obwohl es ein total anderes Gefühl war, spürte ich, dass eine gewisse Hemmschwelle verschwunden war.

Es dauerte nicht lange und ich konnte mich mit ein wenig Konzentration so weit lockern, dass ich es tatsächlich schaffte, die Windel zu ignorieren. Augenblicklich breitete sich eine Hitze entlang meines Schrittes bis zum Po aus, die von einem deutlich vernehmbaren Zischen begleitet wurde.

Das Gefühl war unbeschreiblich. Es fühlte sich nicht an, als würde ich gerade knapp zwei Jahrzehnte Lebenszeit verleugnen, sondern es war vielmehr die größte Erleichterung, die ich jemals verspürt hatte. Ähnlich der heißen Dusche nach einem kalten Wintertag, so hatte dieses neue Gefühl etwas so Entspannendes und Wohltuendes, dass ich nicht sagen konnte, was tatsächlich gerade passierte. Nach einer halben Ewigkeit versiegte der Strom und ich spürte, wie dick und schwer das Polster nun aufgequollen war. Es hing durch die Klobrille hinunter und bildete ein peinliches Zeugnis meiner Erleichterung. Während in meinem Kopf die Gedanken wie wild durcheinander rasten, versuchte ich die Gefühle einzuordnen.

Noch vor zwei Wochen hatten Windeln in meinem Leben überhaupt keine Rolle gespielt. Als notwendige Hilfsmittel für Babys und Kleinkinder waren sie hin- und wieder in Gesprächen verschiedener Eltern aufgetaucht, aber nie hatte ich selbst auch nur einen Gedanken daran verschwendet oder mich näher mit dem Thema beschäftigt.

Vor etwas mehr als einer Woche war das Thema durch ein mir bis dato unbekanntes Mädchen meines Alters aufgekommen. Das Thema Inkontinenz und Windeln war scheinbar nicht so selten und unbedeutend, wie vorher angenommen. Tatsächlich war ich mir über die Existenz dieses Themas nie bewusst gewesen.

Felicitas - Urlaub, Berge und die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt