7) Ich schwöre, dass ich die Wahrheit sage.

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Der nächste Morgen kam schneller als gedacht. Nach meinem traumlosen Schlaf, kam es mir vor, als wäre ich soeben erst eingeschlafen. Dennoch war ich ausgeschlafen und fühlte mich fit. Der gestrige Tag schien dennoch ewig weit weg, alle Gefühle und Emotionen kamen mir so fremd vor, als hätte mir lediglich jemand davon erzählt.

„Hey", flüsterte Feli verschlafen und sah mich an, den Kopf auf ihren angewinkelten Arm gelegt.

„Hey guten Morgen", sagte ich und lächelte, „gut geschlafen?"

Sie grinste und nickte.

„Wie ein Baby." Sie lachte über ihre Wortwahl und verbarg ihr Gesicht im Kissen.

„Ich auch", seufzte ich und sah zur Decke.

„Am liebsten würde ich heute den ganzen Tag hier liegen bleiben", meinte sie.

„Ja, das wäre schön", gab ich zu, „aber dann würden wir ja nichts vom schönen Wetter mitbekommen."

„Vielleicht regnet es ja", grinste Feli hoffnungsvoll.

„Wer weiß..."

„Ich muss mal", sagte Feli, „aber ich will nicht aufstehen."

„Tja, Pech!" Ich schmunzelte.

„Stört es dich, wenn ich... es hier mache? Ich bin eh nicht mehr trocken", flüsterte sie und lief rot an.

Ich zuckte mit den Achseln und schüttelte den Kopf. Sie legte sich auf den Rücken und sah zur Decke. Belustigt beobachtete ich sie, es war ein seltsames Gefühl, zu wissen was sie tat.

„Jetzt schau weg, sonst klappt es nicht", lachte sie und schloss die Augen.

Ich grinste etwas bescheuert, sah aber nicht weg. Sie verharrte einige Momente, dann schien sie sich zu entspannen. Wenn man es nicht besser wüsste, könnte man auch meinen, sie schlief.

Als sie die Augen wieder öffnete, schaute sie mich amüsiert an.

„Warum schaust du denn so komisch?", wollte sie wissen.

„Nichts, ich... fand es nur... lustig?"

„Lustig?" Sie warf mir einen skeptischen Blick zu.

„Naja... interessant. Und ein bisschen seltsam."

Sie musterte mich einen Augenblick, sagte aber nichts.

Sie wirkte wie ein kleines Kind im einen Moment, im nächsten wieder wie eine erwachsene Frau. Sie war irgendwie schwer zu beschreiben, beinahe unberechenbar, aber auf eine gute Art. Es machte sie erfrischend, überraschend und liebenswert.

„Wie fühlt sich das an?", fragte ich sie.

Sie errötete. „Naja, es ist einerseits Erleichterung und Entspannung, andererseits fühlt man sich wie ein kleines Kind."

Sie tastete unter der Bettdecke danach, dann fuhr sie fort: „Oftmals nervt das nur. Man kann nicht einfach alles anziehen was man möchte, wenn man nicht auffallen möchte. Und man muss ständig kontrollieren, dass sie... die... ähm... Windel nicht schon zu voll ist, damit sie nicht ausläuft. Also ich spüre zwar, wenn ich vor Anstrengung reinmache, aber nicht wie viel. Und im Schlaf spüre ich gar nichts. Und bevor ich absichtlich reinmache, muss ich immer schauen.

Ich würde alles dafür geben, sie nicht zu brauchen und sie freiwillig anziehen zu können. Denn wenn man draußen ist, will man ja kein Kind sein, dann fühlt es sich nicht gut an. Es wird von allen erwartet, dass du erwachsen bist und dich so benimmst. Da passen Windeln einfach nicht dazu, also beugst du dich der Erwartungshaltung und versteckst es. Das schränkt dich extrem ein. Wären Inkontinenzhilfsmittel kein Tabu, würde es niemanden interessieren, aus welchen Gründen man sie benutzt. Dann bräuchte ich mich nicht so verstecken und es würde mich auch keiner deswegen verurteilen oder anders behandeln."

Felicitas - Urlaub, Berge und die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt