PoV. Manuel
Seufzend schielte ich kurz auf die schräge Wanduhr, die schon seit Jahren an der gleichen Stelle hing und bemerkte mal wieder auf ein Neues, dass es schon viel zu spät war. "Hast du mal auf die Uhr gesehen, Maurice? Wir werden sterben.", erklärte ich meinem besten Freund durch das Mikrofon, während ich darauf nur ein Rascheln von ihm vernahm. "Es ist doch erst Mitternacht. Du tust so, als wäre es schon drei Uhr nachts..." Lachend rollte ich mit den Augen und war froh, dass Maurice das gerade nicht sehen konnte. Er war einfach so ein nachtaktiver Mensch, dass er nicht mal im geringsten müde war, wenn er nur vier Stunden Schlaf bekam. "Jedenfalls will ich am ersten Schultag nach den Ferien nicht mit riesigen Augenringen zur Schule gehen.", machte ich ihm noch einmal deutlich und loggte mich mit einem schnellen Mausklick aus dem Spiel aus. "Das liegt wahrscheinlich auch gar nicht an deinem neuen attraktiven Nachbarn.", kam es von Maurice mit einem ziemlich deutlichen Unterton. Genervt ignorierte ich diese Aussage und musste mich dabei erwischen, wie ich kurz aus dem Fenster lugte, um zu sehen, ob das Licht noch bei ihm brannte. Und anscheinend war er auch einer dieser verrückten Menschen, die bis zum Sonnenaufgang wachblieben, obwohl sie früh aufstehen mussten. Mit dem Unterschied, dass er wahrscheinlich, auch ohne viel Schlaf, immer noch perfekt aussehen würde. Um mich von diesem Gedanken abzulenken, schaute ich wieder auf meinen Bildschirm und erkannte meine Chance, es Maurice heimzahlen zu können. "Geh du lieber in den Channel von deinem Michael, der übrigens auch noch online ist." Schmunzelnd wusste ich genau, dass mein bester Freund in diesem Moment nun wieder rot wie eine Tomate wurde, ohne es auch nur ansatzweise sehen zu können. "Das hatte ich vor. Dann schlaf gut, Prinzessin. Du brauchst schließlich deinen Schönheitsschlaf." Belustigt schloss ich schnell Discord und das, ohne auch nur in irgendeiner Weise darauf zu antworten. Nicht, weil ich nun irgendwie beleidigt war, sondern einfach, weil ich wusste, dass dieses Gespräch sonst nie enden würde.
Während mein PC leise herunterfuhr, stellte ich mich nach viel zu vielen Stunden endlich wieder aufrecht hin und streckte mich einmal kräftig. Meine Mütter hatten auf jeden Fall Recht, irgendwann wird mir das noch den Rücken brechen, aber leider machte es einfach viel zu viel Spaß. Außerdem taten die meisten Menschen sowieso nur Dinge, die eigentlich für ihren Körper schlecht waren, dabei war ich noch das geringste Übel.
Leise seufzte ich, als ich bemerkte, wie ich schon automatisch zum Fenster ging, um irgendein Lebenszeichen von dem attraktiven Jungen von Nebenan erhaschen zu können. Vor ein paar Wochen war er in das Haus gezogen, das schon seit Ewigkeiten zum Verkauf bereit stand und eigentlich niemand je gedacht hätte, dass dort jemals wieder jemand einziehen würde. Aus irgendeinem Grund ging bei mir der Traum jedes hoffnungslosen Romantikern in Erfüllung. Es war wirklich ein attraktiver Teenager in das Haus neben uns gezogen, wovon die meisten in meinem Alter nur träumten. Doch leider blieb die unglaublich kitschige Romanze aus, bei der dein Angebeteter aus heiterem Himmel nachts durch dein Fenster stieg und dir seine Liebe gestand. Ich hatte nämlich noch kein Wort mit ihm gewechselt, obwohl er wahrscheinlich schon mal Notiz von mir genommen hat. Erstens hatte sich sein Vater freundlicherweise bei meinen Müttern vorgestellt und wie ich gehört habe, schien er auch dabei gewesen zu sein. Doch das Universum war an diesem Tag bösartiger Weise gegen mich gewesen, da ich genau dort bei Maurice übernachtet hatte. Deswegen wusste ich auch nur wegen meiner Mütter, dass sein Name Patrick war und dieser Name klang einfach nur viel zu gut. Manchmal hatte er mich wahrscheinlich nur bemerkt, wenn ich das Haus verlassen hatte und er zufälligerweise in seinem schönen Garten saß und sich seine wertvolle Zeit vertrieb. Leider war das hier aber die Realität und er war natürlich nicht zu mir gekommen, um mit mir eine nette Unterhaltung zu führen.Erschrocken riss ich meine Augen weit auf, als sich etwas bei ihm bewegte und Patrick dann plötzlich an seinem Fenster stand. Jeder normale Mensch hätte sich aus Angst einfach versteckt, aber ich blieb wie angewurzelt stehen und wusste nicht mehr, wie ich mich vor dieser peinlichen Situation noch retten sollte. Zuerst dachte ich, er hätte mich nicht gesehen, als er anfing sein Rollo langsam herunterzulassen, aber als er dann auf einmal in seiner Bewegung stoppte und sein Blick meinen traf, wusste ich, dass ich mich nicht mehr retten konnte. Wie wild klopfte mein Herz gegen meine Brust, während er mich nur interessiert beäugte. Innerlich hasste ich mich dafür, dass ich ihm nicht einfach zuwinkte, anstatt hier nur dumm herum zu stehen und wie ein verrückter Stalker zu wirken. Als er höchstwahrscheinlich bemerkt hatte, dass ich mich ertappt fühlte und mich nicht mehr bewegen würde, schüttelte er nur belustigt mit dem Kopf und ließ sein Rollo schließlich langsam herunter. Am liebsten hätte ich mich dafür geschlagen, dass ich einfach wie der größte Vollidiot gewirkt hatte und er jetzt wahrscheinlich nie mehr mit mir reden wird. Ich würde nur noch der kranke Junge von Nebenan sein, der ihn durch sein Fenster beobachtete. Schnell zog ich meine Vorhänge zu und versuchte das Ganze einfach so schnell wie möglich zu verdrängen.
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Oneshots - #Kürbistumor & #Zomdado
FanfictionWillkommen zu meinem eigenen Oneshotbuch! Manchmal fliegen mir in bestimmten Situationen Ideen in den Kopf, die ich alle gerne umsetzen würde, genau das aber meistens nicht möglich ist. Also habe ich hiermit endlich eine Chance diese vielen kleinen...