|Family|

367 25 2
                                    

𝒟𝑒𝒸𝑒𝓂𝒷𝑒𝓇 𝓉𝒽𝑒 𝓈𝑒𝒸𝑜𝓃𝒹 


𝐹𝒶𝓂𝒾𝓁𝓎



Die U-Bahn war gestopft voll.
Es war Donnerstag Mittag und scheinbar ganz New York war auf dem Weg nach Manhattan. Nico wurde fast an der Scheibe zu Tode gedrückt und stieg schlussendlich eine Station früher aus, als er eigentlich musste. Seinen Schal eng um den Hals geschlungen und eine alte Mütze über die Ohren gezogen trat er aus dem Untergrund in die kühle Luft.


Der Regen vom Vortag war zum Glück komplett abgeflaut und es herrschte ein strahlend blauer Himmel. Trotzdem setzte ein kräftiger Wind immer noch durch die Straßen und kroch unter die Kleidung bis in die Knochen. Nico erschauderte und mummte sich so gut es ging noch mehr ein. Er hatte seine Nachmittagsvorlesung ausfallen lassen und war nun auf dem Weg in ein Café - zum einen , weil er hoffte, dass er dort ein wenig produktiv an seiner Hausarbeit weiterarbeiten konnte und zum anderen, weil er sich dort mit Hazel verabredet hatte.
Er hatte seine Cousine lange nicht mehr gesehen, obwohl sie nur eine Viertelstunde außeinander lebten. Der Grund war schlichtweg gewesen, dass Hazel mit ihrer Abschlussprüfung beschäftigt gewesen und dazu endlich mit ihrem Freund Frank zusammengezogen war.

Nico kannte Frank nur flüchtig, dabei waren die beiden schon beinahe drei Jahre zusammen. Er wusste nicht, wie er das geschafft hatte.

Eine weitere Windböe veranlasste Nico dazu, schneller zu laufen und die Jacke enger um sich zu schlingen. Das Café war nicht weit weg und bald erblickte er das bekannte grüne Schild und die dunkle Holztüre, durch die er wenige Minuten später trat.
Sommernachtstraum war Nicos Lieblingscafé in ganz Brooklyn, er kannte die Karte in- und auswendig, auch wenn er stets das Gleiche bestellte.

Der allzu willkommene Geruch nach Zimt und Kaffee erfüllte seine Nase und zufrieden zog sich Nico die Mütze ab. Im Hintergrund dudelte schon ein Weihnachtslied, aber durch das Raunen der Gäste und gelegentliche Klirren von Tassen konnte er es gut genug ignorieren.
Er bestellte schnell am Tresen und ging nach hinten in die Ecke, in der er sonst immer saß. Es war eine doppelte Bank mit hohen Lehnen, sodass man von den Nachbartischen etwas abgeschirmt saß. In der gegenüber liegend Sitzecke saß ein junger Mann mit blonden Haaren und tippte konzentriert auf seinem Laptop herum. Nico erkannte ihn als den Flyer-Mann vom Vortag und zögerte kurz. Hoffentlich würde der Mann ihn nicht erkennen und ihn erst recht nicht in ein Gespräch verwickeln.
Aber dieser schien vollkommen in seiner Welt versunken zu sein und bemerkte Nico gar nicht, worüber dieser ein klein wenig froh war.

 
Er packte seinen alten Laptop und die Uni Bücher aus und verteilte sie auf dem Tisch.
Er wusste gar nicht, wo er anfangen sollte.
Seine Hausarbeit und eine Prüfung standen an, wobei er für die Hausarbeit bis nach den Semesterferien Zeit hatte. Entschlossen stopfte Nico die zuständigen Bücher wieder in den Rucksack und widmete sich dann der Italienisch-Prüfung.

Schon nach fünf Minuten Vokabeln anstarren stellte Nico frustriert fest, dass er überhaupt nicht konzentriert war. Seine heiße Schokolade kam und er verbrannte sich die Zunge daran, starrte wieder auf die Vokabeln und schielte dann zu seinem Nachbar rüber, der immer noch konzentriert auf seinen Bildschirm starrte.
Wieso war er so fokussiert?

 
Nico richtete seinen Blick wieder auf die Vokabeln vor sich. Er sollte sie  schon vor drei Wochen verinnerlicht haben und jetzt war wirklich aller höchste Eile angesagt.
Stattdessen  drifteten seine Gedanken zu seiner anstehenden Mietzahlung,  zu der Vorlesung morgen, bis sie schließlich bei Percy landeten.
Wütend über sich selber starrte er wieder auf die Vokabeln, aber wie von selber wanderte sein Blick zu dem Typen neben sich. Dieser hatte nun aufgehört zu tippen und las etwas in seinem Buch nach. Nico bemerkte, dass er ziemlich viele Sommersprossen hatte und erstaunlich braun für den Winter war.
Er schaute auf seine eigenen blassen Hände hinab, die selbst in dem Sommerurlaub vor vier Jahren kein Stück gebräunter geworden war.

Hot Chocolate || SolangeloWo Geschichten leben. Entdecke jetzt