1. Neue Schule

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Maudado
Ich hasste es abgrundtief. Umziehen. Und meine Familie tat das leider ziemlich häufig. In meinen fünfzehn Lebensjahren hatte ich bereits sechs mal den Wohnort gewechselt und letzte Woche war das siebte Mal.
Das schlimmste waren die Schulwechsel. Kaum hatte ich Freunde gefunden, musste ich sie schon wieder zurücklassen.
Heute war ich das erste Mal auf dem Weg zu meiner neuen Schule. Als ich durch das Eingangstor ging, fiel mir sofort eine Menschenmenge auf, die sich auf dem Schulhof gebildet hatte. Normalerweise wäre ich einfach weiter gegangen, aber ich glaubte, aus der Menge ein Wimmern vernommen zu haben. Neugierig stellte ich mich neben einen Jungen mit Dreadlocks und erschrak. Was ich sah, trug nicht gerade dazu bei, dass ich mich auf der Schule wohlfühlte.
Am Boden lag ein weinender Junge mit grünen Haaren und blutender Wunde an der Schläfe, der von einem großen Typen mit Zylinder getreten und hämisch ausgelacht wurde. Die Menge grinste ebenfalls belustigt, nur ein blondes Mädchen zerrte verzweifelt am Hoodie des Dreadlock-Typen. "Simon, tu doch was!" Als mir das Weinen des grünhaarigen Jungen das Herz zerriss, nahm ich alles an Mut zusammen, bahnte mir einen Weg durch die Menge und stellte mich zwischen die Beiden.
"Lass ihn in R...Ruhe!", rief ich, meine Stimme zitterte. Der Junge mit dem Zylinder hielt inne, lachte hämisch und blitzte mich mit seinen graublauen Augen herausfordernd an. "Na, wer bist du denn, Kleiner? Neu hier, wie? Ich zeig dir mal eine Angemessene Begrüßung!" Bevor er zum Schlag ausholen konnte, trat eine Gestalt hinter ihn und sagte streng: "Was ist denn hier schon wieder los?!" Der Junge kniff die Augen zusammen und hob unschuldig die Achseln. "Keine Ahnung."
"Verschwinde jetzt, Michael", drohte der Mann und der Junge mit dem Zylinder gehorchte widerwillig. Nach und nach zerstreute sich die Menge, bis nur noch er, ich und der grünhaarige übrig blieben. Der Mann ging auf uns zu und setzte sich neben den weinenden Jungen.
"Alles okay. Ich bringe dich ins Krankenzimmer." Dann wandte er sich an mich. "Du musst der neue Schüler sein, Dado, nicht wahr?" Ich nickte. "Mein Name ist Herr Bergmann und ich bin der Vertrauenslehrer. Und dieser Junge hier ist dein Mitschüler, Fabian."
"Aber alle nennen mich Osaft", sagte dieser schnell. Zum ersten Mal sah ich ihn genauer an. Er hatte rehbraune Augen und seine Haare waren knallgrün gefärbt, dazu hatte er ziemlich rote Lippen. Wieso achte ich auf seine Lippen?
"Hallo Osaft", sagte ich und lächelte freundlich.
"Danke wegen vorhin... und so", murmelte er und lief rot an.
Herr Bergmann blickte fragend zu uns.
"Kein Problem", meinte ich hastig. Der Lehrer ergriff das Wort. "Fabian, du kommst mit mir ins Krankenzimmer, und Dado, geh doch zu Simon und frag ihn nach dem Weg, er ist dein Klassensprecher." Ich nickte und sah den beiden nach, wie sie im Schulgebäude verschwanden. Dann lief ich zu dem Dreadlock-Typen, welcher sich gerade mit dem blonden Mädchen von vorhin unterhielt.

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