Vertrauenstest

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Das Reich der Eglath war einst sehr groß gewesen. Sie hatten mit den Lossoth, dem Schneefolk, das an der Eisbucht von Forochel lebte, eine Übereinkunft getroffen. Der Westen, das schließt den Arm von Forochel, die Bucht, einen Teil der Schwarzen Berge im Norden und den Hafen von Helsîr, dem Eisfluss, ein, sollten die Lossoth regieren. Den Osten, angefangen bei dem kleinen Wäldchen kurz vor der Aufspaltung des Eisflusses, bis hin zu dem Gebirge, das Forodwaith von den Ered Engrin abschnitt, sollten die Eglath ihr Eigen nennen können. Da die Menschen keinen Nutzen aus diesem vereisten, öden Land ziehen konnten, waren sie schnell damit einverstanden gewesen. Die Völker ließen sich in Ruhe, niemals war Blut geflossen.

Mehr als dreitausend Jahre lang war das so geblieben. Die Eglath arbeiteten hart und sprachen viele Zaubersprüche über ihr Land, um es fruchtbar zu machen. Der Winter blieb so kalt und trostlos wie eh und je, doch die Sommer fingen an zu blühen und wachsen. In den Schwarzen Bergen wurde außerdem nach Edelsteinen und Metallen geschürft. Sie waren voller Reichtum, wenn man wusste, wie man zu suchen hatte. Kein Zwerg hatte jemals seinen Fuß in diese Berge gesetzt. Mithril, der wertvollste aller Rohstoffe, war dort zu finden und die Schmiedemeister der Eglath wurden hoch gerühmt. Hätten sie Handel mit den Völkern im Süden geführt, so wären sie wohl auch sehr reich geworden, doch damit wäre auch Neid und Habgier entstanden.
Das Volk bestand aus Resten von den gefallenen Städten der Altvorderenzeit. Viele von ihnen waren außergewöhnliche Sänger, Musiker und Gelehrte aus Doriath, andere waren begabte Schmiedemeister, Handwerker und Spielzeugmacher aus Gondolin, und wieder andere waren tapfere Schwertkämpfer, Bogenschießer und Axtschwinger aus Nargothrond. Sie alle gemeinsam hatten Tod gesehen, hatten ihre Familie und Heimat verloren, streiften herum in der Wildnis, auf dass Morgoth sie fand und erschlug, wenn König Daeron, Sohn von König Thingol, sie nicht wieder zu einem Volk vereint hätte.

Doch nach diesen dreitausend Jahren Frieden, drangen fremde Elben in das Wäldchen, kurz vor der Aufspaltung des Eisflusses, ein und nannten es widerrechtlich ihr Eigen. Sie trugen blaue Gewänder und waren kleiner und flinker als die Eglath. Ihr König war Eluréd, ein grimmig entschlossener Elb, der so viele Verluste in seinem Leben gehabt hatte, dass er nun alles für sein Volk tat. Er hielt nicht viel von Politik, wollte nicht verhandeln, wollte nicht mit König Daeron sprechen, in dessen Reich er eingedrungen war. Also sahen die Eglath sich gezwungen zur Verteidigung. Es war ein grässlicher, blutiger Kampf, bei denen viele von beiden Seiten ihr Leben ließen, doch am Ende des Tages behielten die Fremden die Überhand, denn sie waren unerwartet viele gewesen in den Schatten der Bäume. Auch König Eluréd ließ in dieser Schlacht sein Leben. Er hatte keine Frau und seine Tochter war mitsamt dem Erben verschwunden, bevor sie die Reise in den Norden überhaupt erst angetreten hatten. Doch da war noch eine Tochter, die außerhalb seiner Ehe zur verstorbenen Frau, entstanden war. Ihr Name lautete Thilien. Sie hatte niemals erwartet auf dem Thron zu sitzen und war dementsprechend überfordert von der Situation, doch das Volk wollte sie als ihre Prinzessin, bis der Erbe oder seine Mutter zurückkehrten.
So blieb das Volk ohne richtige Führung für viele Jahre. Spione der Eglath berichteten dies König Daeron, welcher zögerte. Bevor er das kleine Waldgebiet mit noch mehr Krieg überzog, wollte er erst so viel wie möglich über die Neuankömmlinge erfahren. Das tat er auch, doch in dieser Zeit lernten die Nanór ihr neues Reich, das sie Sain Amdir nannten, besser kennen. Sie bauten Verteidigungsmauern und Türme, wie sie es früher schon getan hatten, und wappneten sich damit gegen die Angriffe der Eglath, als diese wieder begannen.

So kam es zu dem verbitterten Krieg, den die Eglath und die Nanór inzwischen seit bereits über vierhundert Jahren führten. König Daeron war nicht immer so ein kaltblütiger, eigensinniger König gewesen. Die Kämpfe hatten ihn geformt und der schwere Verlust seiner geliebten Schwester vor so langer Zeit, nagte immer noch an ihm, sodass er sich niemals eine Frau genommen hatte. Dementsprechend hatte er auch keine Kinder, die seine Blutlinie gesichert hätten, doch da waren Gerüchte, die leise ihre Runden in den zwei Völkern drehten, dass der Erbe der Nanór eigentlich auch der rechtmäßige Erbe von Daeron sei. Wie das allerdings möglich war, das konnte keiner so genau sagen. Es waren nur Geschichten und noch war der König der Eglath weit davon entfernt erschlagen zu werden. Deswegen scherten die höherrangigen Offiziere sich auch nicht darum, ganz so wie Valaina.

Das Herz einer Schwester // Legolas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt