Kapitel 14

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Mein ganzer Körper steht unter Spannung und meine Haut scheint Feuer gefangen zu haben. Über die ganze Zeit spüre ich die immer wieder kehrenden Blicke, die von jemandem ganz bestimmten kommen. Ratet mal.
Richtig— Ryan.
Das Essen ist vorbei und die vorher herrschende Stille wird von Gesprächen abgelöst. Aber sein Blick ruht immer noch auf mir. Kyra komm schon, du schaffst das. Denk immer an dein Plan. Jaja, leichter gesagt als getan.
Seine Augen fangen meinen Blick und fesseln ihn. Der Blickkontakt wird immer intensiver und in seinen Augen flackert etwas Unkontrollierbares auf.
Ich halte das nicht mehr aus!
Warum kann er sich nicht einfach von mir fernhalten? Verdammt!
Ruckartig schiebe ich meinen Stuhl zurück und stehe auf. Schnell murmele ich Elena noch ein unverständliches „Bin gleich wieder da." zu und verlasse eilig den großen Saal.
Im Eingangsbereich, so weit es nur geht weg von ihm kann ich wieder einen klaren Gedanken fassen. Ich schaue mich um und laufe einen langen Gang entlang zu den Toiletten. Dort angekommen drücke ich die alte und dennoch wertvoll aussehende Tür auf und trete ein.
Mein Körper zittert vor Anspannung und ich versuche tief durchzuatmen, wobei ich aber kläglich scheitere. Langsam gehe ich die letzten Schritte auf das Waschbecken zu, lege meine Hände auf das kühle Porzellan und schließe meine Augen. Es ist ein Wunder, dass ich mit dem langen Kleid und den hohen Schuhen nicht aufs Maul geflogen bin.
Keine Ahnung, wie lange ich so hier stehe doch das ist mir gerade ziemlich scheiß egal.
Ich nehme eine hauchzarte Berührung an meinem Arm wahr in dem gleichen Moment passieren genau zwei Dinge.
1. Mein Körper reagiert mit einer viel zu angenehmen Gänsehaut auf dieses Berührung und die starke Präsens hinter mir.
2. Schlage ich ruckartig meine Augen auf und meine grünen Augen treffen in der Spiegelung auf die intensiv blauen Augen von Ryan, aus denen noch immer dieses Unkontrollierbare flackert.
Mein Kopf ist wie leergefegt und mein Atem fängt an zu stocken während Ryan's Fingerspitzen meinen Arm nach oben fahren. Mit meinen Augen verfolge ich jede seiner noch so kleinsten Bewegung. Sein angenehmer Geruch aus einer Mischung Aftershave und einer Komponente die ich nicht beschreiben kann steigt mir in die Nase. Mein Körper spannt sich sichtbar an und in mir wächst der Drang wieder seine so unfassbar weichen Lippen auf meinen zu spüren.
Unkontrolliert rutschen meine Augen im Spiegelbild zu seinen Lippen. Dies scheint er zu registrieren, denn im nächsten Augenblick beißt er sich spielerisch provozierend auf seine Unterlippe.
Holy shit!
Mein Herz kollabiert und ich höre mein Blut in den Ohren rauschen.
Langsam drehe ich mich um, öffne meine Lippen einen Spalt breit, da ich das Gefühl habe mein Gehirn wird nicht mit genug Sauerstoff versorgt und nehme wahr wie dicht Ryan wirklich hinter beziehungsweise jetzt ja vor mir steht.
Er kesselt mich mit seinen starken Armen, die links und rechts von mir auf das Waschbecken gestützt sind, ein. Auf seinen Lippen liegt ein provozierendes, selbstsicheres Grinsen.
Plötzlich streifen seine Lippen flüchtig meinen Hals. Keuchend schnappe ich nach Luft.
Ungläubig schaue ich ihn an und seiner Kehle entflieht ein leises, raues Lachen.
Plötzlich verstummt er und sein Blick wandert zu meinen Lippen. Weil mich der Gedanke reizt ihn ebenfalls zu provozieren, öffne ich meine Lippen einen Spalt breit. Seine Augen sind dunkler als sonst und verschleierte Begierde liegt in ihnen. Wie eine Raubkatze verfolgt er jede minimale Bewegung meinerseits.
Langsam hebt er seine Hand an und streicht sanft mit seinem Daumen über meine Lippe, was mich wieder leise aufkeuchen lässt.
„Fuck! Ich kann das einfach nicht, egal wie oft ich es versucht habe, es klappt einfach nicht.", raunt er mir zu. „Ich kann mich nicht von dir fern halten, Kyra Scott."
Seine Stimme ist rau und erst einen Moment später kommen die gesagten Worte bei mir an. Was hat er da gesagt?
Langsam kommt er mir immer näher, sein heißer Atem trifft auf meine Lippen und ein Schauer nach dem anderen jagt mir über den Rücken.
Mein Herz ist kurz vorm Totalversagen. Kurz hält er inne, als ob er sich vergewissern möchte ob ich das was er jetzt vorhat auch zulasse.
Dann endlich legt er seine Lippen auf meine und das was ich fühle ist nah an schweben dran. In mir explodiert alles und es fühlt sich an als ob Millionen von Schmetterlingen in mir erwacht währen.
Erst ganz sanft und zögernd bewegt er seine Lippen auf meinen. Reflexartig erwidern meine seine Bewegung und innerhalb eines Wimpernschlags wird aus dem normalen Kuss ein wilder. Ich verliere jegliche Zurückhaltung. Seine Zunge streift federleicht meine Unterlippe, aber das kleine Fünkchen Verstand das mir bleibt will ihn weiter provozieren, also lasse ich meinen Mund geschlossen. Als er bemerkt, dass ich seiner stummen Aufforderung nicht nachkomme und meinen Mund nicht öffnen werde, knurrt er und beißt mir im nächsten Moment in meine Unterlippe.
Ich bin so überrascht, dass ich meinen Mund doch öffne. Ryan erkennt seine Gelegenheit und schiebt seine Zunge in meinen Mund. Einen winzigen Moment bin ich am überlegen ob ich, um ihn zu ärgern auf seine Zunge beißen soll aber dann lass ich mich doch einfach von den Gefühlen mitreißen.
Unsere Zungen beginnen einen erbitterten Kampf um die Dominanz, aus dem schließlich Ryan als Sieger hervor geht.
Seine Hand bewegt sich an meiner Seite auf und ab und schickt mir eine Schauer nach dem anderen durch den Körper. Meine Hände vergrabe ich in seinen Haaren.
Mit einer ruckartigen Bewegung, die mich aufkeuchen lässt dreht uns Ryan und schiebt mich bestimmend, aber dennoch vorsichtig rückwärts, ohne seine Lippen von meinen zu lösen. Mein Rücken trifft auf die Wand und Ryan lehnt sich so gegen mich, dass sein Körpergewicht einen angenehmen Druck auf meinen Körper ausübt. Langsam lasse ich von seinen Lippen ab und setzte eine Spur aus Küssen auf seine Jawline und dann weiter über seinen Hals bis hin zu seinem Schlüsselbein, das von dem Hemd nicht verdeckt wird.
Er legt seinen Kopf in den Nacken um mir mehr Platz zu machen und über seine Lippen kommt eine Mischung aus zufriedenem Grummel und Knurren.
Ich suche die empfindlichste Stelle, setze meine Lippen an und fange an zu saugen. Von Ryan nehme ich ein leises Stöhnen wahr und grinse gedankliche wie eine Verrückte.
Ich frage mich, wie ich so mutig und „offen" sein kann, wenn ich bei Ryan bin? Wenn man bedenkt, was ich schon alles erlebt habe.
Er legt seine Hand an mein Kinn, hebt es an und vereinigt unsere Lippen fordernder als am Anfang erneut miteinander. Unsere Zungen spielen wieder miteinander, doch plötzlich spüre ich wie Ryan mit einer Hand gefährlich nah an meiner Narbe auf und ab fährt. Scheiße! Verdammt! Nein, nein, nein. Mein Kopf ist wieder klar und ich bekomme Panik.
Ich spanne mich komplett an und meine Atmung wird flach und hektisch. In mir breitet sich das Gefühl der Enge aus und es ist als ob jemand mir meine Lunge bei jedem Atemzug mehr zusammendrückt, wie eine Würgeschlange ihre Beute. Langsam tanzen vor meinen Augen schwarze Punkte.
Noch ein weiteres Detail aus meiner Vergangenheit, ich hab seit meinem Ex-Freund Panikanfälle und seit meine Mutter gestorben ist sind sie schlimmer.
Aber so heftig war es noch nie. Ich fange an zu zittern und auch Ryan merkt langsam das irgendwas nicht stimmt, denn er hört auf meinen Hals zu liebkosen und sieht mir in die Augen. Er scannt mein Gesicht um meinen derzeitigen Zustand herauszufinden aber er kapiert es nicht, wie auch? Wahrscheinlich war er noch nie bei sowas dabei.
„Kyra alles gut? Scheiße, du bist total blass! Was ist los?" Ich nehme all meine Kraft zusammen und presse „Panikattacke" heraus. Dann sacke ich in mir zusammen. Ryan stützt mich, währen ich an der Wand hinunterrutsche. Ich zittere noch mehr und beginne die Kontrolle über meinen Körper zu verlieren. „Kyra, was soll ich machen?" Ryan ist die Angst und Ratlosigkeit ins Gesicht geschrieben. „Ich m-muss mich be-beruhigen. Kannst du m- mich in den Arm ne- nehmen?". Sofort umschließen mich zwei starke Arme und ich werde an eine warme Brust gezogen. Ich höre den Herzschlag von Ryan und versuche damit zu atmen, was dann auch klappt und ich mich endlich wieder beruhige. Das Beklemmungsgefühl verschwindet und meine Muskeln entspannen sich wieder.
Ich weiß nicht wie oder warum, aber ich breche in Tränen aus. Mir ist es egal ob ich nachher wie ein Panda aussehe oder ob ich Ryan durchnässe. Der Griff lockert sich und kurz darauf bemerke ich wie mir die Tränen sanft weggewischt werden.

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Ich sitze wieder in dem Saal und höre den verschiedenen Gesprächen zu. Nachdem ich aufgehört hatte zu weinen hab ich Ryan rausgeschickt und mein Gesicht wieder in Ordnung gebracht. Danach bin ich zusammen mit ihm wieder zurück in den Saal gegangen. Jeder von uns hat geschwiegen und die Stimmung zwischen uns war, sagen wir mal so, nicht die beste.
Es ist echt langweilig. Ich habe mich noch kurz mit Elena unterhalten und zum Glück hat sie mich nicht ausgequetscht, aber dann musste sie anscheinend zu ihrer Mutter und für sie glänzen. Bei diesem Gedanken verdrehe ich die Augen.
Ich beobachte Leute damit ich wenigstens etwas zu tun habe. Mit Celine hat „Leute beobachten" viel mehr Spaß gemach. Wir haben dann immer gelästert oder uns über manchen Style schlapp gelacht. Shit! Ich muss sie unbedingt mal anrufen. Ich muss leicht schmunzeln.
Irgendwann bemerke ich, dass Ryan sich auf den Ausgang zubewegen und durch die Tür verschwindet. Was er wohl macht? Eigentlich gehts mich ja nichts an, aber mir ist langweilig und meine Neugier wächst. Ich stehe auf und folge Ryan. Als ich durch die Tür trete sehe ich wie Ryan draußen um die Ecke biegt. Hoffentlich steigt er nicht ins Auto. Einer der Bediensteten hier hält mir höflich die Tür auf und ich trete in die kalte Nachtluft. Vielleicht hätte ich doch meinen Mantel mitnehmen sollen.

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