Es kam sehr schleichend. Es begann glaube ich damit das ich immer häufiger Ausreden erfand um nicht am Essen teilnehmen zu müssen. Erleichtert wurde mir das durch psychisch bedingte Übelkeit, sodass ich das Gefühl hatte es passt sowieso nichts rein. Ich aß unregelmäßig und nur kleine Portionen. Ich wurde wählerisch und mochte viele Dinge nicht mehr. Ich war unzufrieden mit meinem Körper. Wann genau all diese Sachen wirklich angefangen haben kann ich gar nicht mehr genau sagen... täglich gewogen hatte ich mich damals allerdings noch nicht. Das Gewicht spielte keine wirkliche Rolle es ging tatsächlich nur um mein Empfinden und um meine Wahrnehmung. Das diese bereits längst negativ beeinflusst und verschoben war, war mir sehr sehr lange nicht bewusst. Ich lernte auf meine Ernährung zu achten, wo meine mum ihre teil auch gut mit eingebracht hat. In der Schule belegte ich einen Ernährungskurs und entwickelte großes Interesse daran. Um mir in der Mensa Mittagessen zu kaufen hatte ich eh kein Geld demnach viel es lange lange nicht auf das ich immer weniger aß. Die selbstv*tlet*ung allerdings viel schnell auf. Meine Lehrer sahen das es mir scheiße ging, das ich stark unter der PTBS litt und immer wieder im Unterricht unter dissos litt. Sie sprachen mit mir und zaghaft erzählte ich die ein oder andere Sache, aber sie nahmen mich nicht ernst. Es gab Elterngespräche wo das Gegenteil behauptet wurde und damit log ich. Sie sagen zwar trotzdem das es mir zunehmend schlechter ging aber sie taten nichts dagegen denn es war ja nicht ihr Gebiet. Sie rieten zwar mir Hilfe zu holen aber verdammt ich war ein Kind! Ein Kind das gar nicht so weit denken konnte und nicht in der Lage war sich Hilfe zu holen weil es wusste was ihn zu Hause dafür blühen würde. Also hab ich still vor mich hingeglitten. Mein Stiefvater war trotz alledem noch irgendwo mein vater-ersatz und ich wollte liebe und Anerkennung von ihm. Ich wollte ihm gefallen ihn stolz machen genauso wie meine mum. Trotzdem war ich nie genug egal was ich machte. Brachte ich einmal eine drei in deutsch nach hause wurde ich als dumm abgestempelt schließlich sei es ja meine Muttersprache. Für alles war ich zu dumm zu schlecht nicht zu gebrauchen. Nicht gut genug. Und dabei wollte ich doch einfach nur genug sein... einmal nur. Ich glaube ich begann aus zwei gründen mit dem Hungern. Einerseits dachte ich, ich würde ihm besser gefallen und stolz machen wenn ich ganz dünn sei denn in seinen Augen war ich ja zu dick und ich empfand es auch selbst so und andererseits wusste ich das er mir das nicht weg nehmen konnte. Er hatte mir alles genommen, wirklich alles, sei es materiell oder nicht. Kontrolle und macht, Selbstständigkeit und Verantwortung. Einfach alles. Aber niemals konnte er mich wirklich zwingen zu essen. Es gab mir so ein betäubend gutes Gefühl von Nacht und Kontrolle! Und er würde es mir niemals wegnehmen können! Nur ist es ihm glaube ich nie wirklich aufgefallen... ich bin kein Psychologe, ich weiß nicht ob das die wirklichen Gründe sind und ob das die einzigen sind oder ob da etwas noch viel tiefer liegt, aber für mich ergeben die beiden Gründe Sinn. Ich muss dazu sagen dass dieser Mann seit 2018 nicht mehr bei uns lebt und wir seit dem immer noch mit dem Gericht und ihm zu kämpfen haben. Grund war häusliche Gewalt denn das psychische zählt in Deutschland vor dem Gericht nicht, dabei hat das die meisten Schäden hinterlassen. Besonders schlimm wurde es vor 4 Jahren, ich konnte kaum noch essen. Damals war meine jüngste Schwester grade 1, sie war der Grund warum ich trotzdem gegessen habe. Warum ich mich damals nicht u*gebr*cht habe obwohl ich nicht mehr konnte. Ich habe dieses Baby gesehen, sie hat mir so viel gegeben und so unfassbar viel Kraft! Ohne sie würde ich nicht mehr leben... sie war alles für mich und so sehr geliebt hatte ich noch nie zuvor. Ihr Lächeln, ihre strahlenden Augen, ihr warmer ruhig atmender Körper nachts neben mir, eng an mich gekuschelt der mich beruhigt hat wenn ich voller Panik wach geworden bin. Das kleine Herz das so ruhig geschlagen hat. Der kleine leicht geöffnete Mund, die kleine stupsnase, die geschlossenen Augen. Sie sah so friedlich so klein und zerbrechlich aus! Ich wusste wie die Welt sein konnte und ich konnte sie nicht alleine lassen ich wollte sie vor diesem Mann der leider ihr Vater ist beschützen. Ich hätte alles für sie getan und würde das auch immer noch. Und wenn ich mein Leben für sie lassen müsste ich würde es ohne zu Zucken tun. Ich habe jeden Schritt von ihr miterlebt und musste für sie da sein. Ich musste für sie funktionieren. Und man funktioniert nur wenn man isst. Also habe ich gegessen. Wenig, aber genug um zu überleben. Vor 3 Jahren bin ich dann das erste mal in die Psychiatrie gekommen aufgrund eines su*z*d Versuchs. Dort ist auch schnell mein Essverhalten aufgefallen. Ich aß kaum. Zu Mittag hatten mir 5 Nudeln gereicht, nach 5 Wochen hatte ich es auf 10 gesteigert. Ich kam dort das erste mal mit anderen essgestörten in Kontakt. Eine von ihnen hatte eine Sonde was mich sehr lange sehr geprägt hatte zu sehen wie es ihr ging. Wie schlecht es ihr ging. Ich konnte das damals nicht verstehen. Sie kann doch froh sein, muss sie wenigstens nicht essen! Heute weiß ich wie schlimm eine Sonde ist. Heute kenne ich den inneren Kampf. Den Kampf mit den Kalorien. Es ist nicht nur das nicht essen wollen oder können. Es ist viel mehr. Ich kenne heute das Gefühl wie machtlos und gebrochen man sich mit einer Sonde fühlt. Ich verstehe so unfassbar gut warum sie damals so niedergeschlagen war. Ich hatte bis dieses Jahr panische Angst vor der Sonde ich wollte mich nicht so fühlen wie dieses Mädchen damals. Dieses Jahr hatte ich das Eis gebrochen. Das andere Mädchen ist meine feste Freundin geworden, seit 3 Jahren sind wir immer mal wieder zusammen. Sie gehört für mich zu meiner engsten Familie die aus ihr, meiner Schwester, und ein zwei Freunden besteht. Damals hatte ich mir aber noch keine Gedanken um das Thema Essstörung oder gar Magersucht gemacht. Ich war überzeugt gesund zu sein. Es war ja auch zu Hause keinen aufgefallen. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich viele Lebensmittel bereits von meiner Nahrungsliste gestrichen. Ich kam nach dem 5wöchigen Aufenthalt in eine Tagesklinik und von dort aus wurde das Jugendamt eingeschaltet. Ich landete in meiner ersten Wohngruppe, einer inobhutnahme die mir das letzte bisschen unschuldiges Kind nahm. Ich trank, rauchte, kiffte, nahm ohne Ende Drogen, dabei war ich grade mal 13. Ich lernte die Jugendsprache und lernte mich „jugendlich" zu verhalten. So nannten die anderen es. In Wirklichkeit war es abartiges ekelhaftes assiges verhalten. Asozial und wiederlich. „Vallah Bruder schwör gib mal joint!" „Diggah halt's Maul und gib mal voddi sonst gibts Bombe!" das waren so Standard sätze. Einerseits wollte ich aus dieser grausamen Welt flüchten und dazugehören und anderseits wollte ich die Aufmerksamkeit meiner mum die mich wochenlang bis monatelang viel ignorierte was mir in der Seele weh tat. Ich verstehe heute das ich ihr mit meinem Verhalten sehr weh getan habe wir haben uns oft über diese Situationen ausgesprochen, aber trotzdem hatte mein Verhalten ja einen Grund. Es war ja eigentlich nur eine Reaktion auf eine Aktion an der sie ja mitgemischt hat. Ich war nicht lange in dieser Gruppe. Dann kam ich nach Bonn, in eine Mädchen Intensiv Gruppe wo ich auch einen kalten Entzug machte. Ich fand mich ein Stück wieder und hatte das erste mal in meinem Leben einen Ort wo ich mich wirklich zu Hause fühlte und Menschen um mich die ich Familie nennen konnte. Ich wurde mit einem sehr leichten Gewicht dort hingebracht und anfangs päppelten sie mich gut auf dort. Ich begann mich dort einzuleben und mir ein Leben aufzubauen. Ich hatte mich nirgends so gut positiv entwickelt wie dort. Klar, das ein oder andere mal wurde noch gekifft und auch mal getrunken aber sonst war ich relativ Händelbar. Aber meine Essstörung ( die damals „nur" als a-typisch diagnostiziert wurde und deshalb leider nicht ernst genommen und behandelt wurde) kam schnell zurück....
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Ana~??
Teen FictionEine Geschichte von mir mit meiner Begegnung mit Ana. Ich weiß nicht in welche Richtung sie gehen wird, ob pro ana oder eine recovery Geschichte. Ich will euch auf meinem Weg mitnehmen:)