Lórien

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PoV Aragorn
Staunend betrachtete ich die hohen, alten Bäume des Elbenreiches. Selbst jetzt, da sie begannen den Waldboden mit ihren Blättern zu schmücken, ragten sie kraftvoll und majestätisch in den Himmel empor. ,,Aragorn, ich fürchte, unsere Wege trennen sich hier. Ich sagte euch, ich will nicht zu meinem Volk zurückkehren. Daran halte ich fest.", erklärte mir Aldon, welcher zu meiner rechten stand. ,,Und das respektiere ich. Doch würde ich es bedauern, wenn sich unsere Wege für immer spalten würden. Gibt es einen Ort, an dem ich euch suchen kann?", entgegnete ich, wobei man die Trauer die ich empfand, gut heraushörend konnte.

Ich fände es schade, den freundlichen, wenn auch verschlossenen Elben nie mehr wiederzusehen.
,,Ich werde mich vermutlich am Rande des Waldes weiter nach Süden bewegen. Ich erwarte euch dort, wo der Anduin den Waldrand kreuzt.", beschloss der Elb mit einem Lächeln, was klar machte, dass wir uns Wiedersehen würden. Mit einem letzten Blick auf mich, legte er seine Hand auf die Stelle an seiner Brust, wo sein Herz lag, und führte sie dann in einer langsamen Bewegung nach außen. Ich erwiderte die freundschaftliche Geste, bevor er sich umdrehte, und in einer der Senken aus meinem Blickfeld verschwand.

Ich hingegen drehte mich in die entgegengesetzte Richtung, und trat in den Wald hinein. Das teilweise schon trockene Laub knisterte unter den Sohlen meiner Stiefel, während ich zwischen den vollkommen verschieden dicken Stämmen hindurch lief. Zunächst fühlte es sich nicht anders an, als in anderen herbstlichen Wäldern, nur mit dem Unterschied, das es hier kaum, bis gar kein Gebüsch zu geben schien. Vorsichtig tat ich einen Schritt nach dem nächsten, als es sich plötzlich so anfühlte, als wäre ich durch eine unsichtbare Barriere getreten. Die Luft flimmerte und knisterte kurz auf, es schien sogar für einen kurzen Augenblick so, als sei ich von tausenden, kleinen Fünkchen umgeben.

Und im nächsten Moment, war alles wieder still. Verwirrt drehte ich mich um, und versuchte fieberhaft eine Ursache der seltsamen Erscheinung zu finden, doch hatte ich keinen Erfolg. Noch wachsamer als zuvor setzte ich meinen Weg fort, über Wurzeln, Moos und orangenes Laub. Bei jedem noch so kleinen Geräusch schreckte ich auf, wobei meine eine Hand stets fest um den Griff meines Schwertes gelegt war. Umso mehr erschrak ich, als nur wenige Zentimeter vor meinem Gesicht eine aufwendig gearbeitete Pfeilspitze aus dem nichts auftauchte. Sofort blieb ich stehen, und hob Reflexartig meine Hände, um klar zu machen, dass ich keine kriegerischen Absichten hegte.

Um mich herum hörte ich das Knarren von mehreren Bogensehnen, was wohl bedeutete, dass mich eine komplette Patrouille erwischt haben musste. Erst jetzt traute ich mich, die Waffe vor meinen Augen zu ignorieren, und mich auf den Elben zu konzentrieren, der sie führte. Er sah noch recht jung aus, auch wenn man dies bei Elben nie wirklich feststellen konnte. Seine langen, typischen blonden Haare fielen halboffen über seine mit dickem Leder geschützten Schultern, während mich zwei grüne Augen eingehend musterten. ,,Ich habe keine kriegerischen Absichten. Alles was ich ersuche, ist ein Rat.", erklärte ich den Elben, um sie davon zu überzeugen, mich nicht einfach kalt zu machen.

,,Warum schleicht ihr euch dann über die Grenze wie ein Verbrecher?", erwiderte der blonde nun endlich mit ungewöhnlich tiefer Stimme. ,,Ich bin nicht geschlichen. Ich wusste ja, das ich früher oder später bemerkt werden würde. Lórien gehört nicht zu den Orten, an welche man unbemerkt gelangen kann.", gab ich so gelassen wie möglich zurück, und brachte ein schmales Lächeln zustande. ,,Da habt ihr allerdings Recht. Doch gebt mir einen Grund, warum wir euch helfen sollten, und nicht einfach erschießen?", fragte er zurück und spannte seinen Bogen noch etwas mehr, was mich zum schwitzen brachte.

,,Weil ich nichts Böses will. Ich muss mit Lady Galadriel sprechen, und das so schnell es geht. Es geht um Lord Elrond und König Thranduil. Das Volk des Düsterwaldes müsste doch bei euch sein, oder?", erklärte ich, woraufhin ich einen verwirrten Blick erntete. ,,Nein, hier ist niemand angelangt. Was ist passiert? Wir sahen in der Ferne Rauchschwaden von den Baumkronen aufsteigen, doch erklären konnten wir dies nicht.", erwiderte der Elb, und senkte langsam seinen Bogen, genau wie die anderen Elben, weshalb ich mich etwas entspannte. Doch hielt ich meine Hände noch immer so, dass sie diese gut sehen konnten, da ihre Pfeile noch immer in den Sehnen lagen.

,,Der Düsterwald wurde angegriffen und eingenommen. Ein Großteil der Armee ist vernichtet, Lord Elrond und König Thranduil sind in der Schlacht gefallen. Deshalb muss ich mit Lady Galadriel sprechen, und das so schnell es geht!", erklärte ich wieder, und wurde immer ungeduldiger, wobei ich jedoch auch Tränen in meinen Augen aufsteigen spürte, welche ich jedoch erfolgreich unterdrückte. Die Augen meines Gegenüber weiteten sich Augenblicklich in Schock und Unglaube, wobei ich meinte, auch in dem hellen Grün eine glänzende Feuchtigkeit zu erkennen. ,,Nennt mir euren Namen.", forderte er nun schlicht, worüber ich froh war, denn dies bedeutete, dass meine Chancen zu der Herrscherin gebracht zu werden, stiegen.

,,Ich bin Aragorn Arathornion.", erwiderte ich siegessicher, da ich meinem Ziel immer näher kam. Der Elb nickte, und gab den anderen Elben ein Zeichen, woraufhin diese ihre Pfeile aus den Sehnen nahmen, und sich diese zusammen mit den Bögen auf den Rücken schnallten. ,,Wir werden euch die Augen verbinden, damit ihr den Weg, welchen wir nun gehen, nicht kennt.", erklärte mir der grünäugige, woraufhin mir im nächsten Moment ein weiches Stück Stoff von hinten über meine Augen gelegt wurde, und mir die Sicht nahm. Es war ein seltsames Gefühl, ohne jegliche Sicht über Wurzeln und Unebenheiten zu laufen, während ich von zwei der Elben an den Schultern geführt wurde.

Es kam mir wie eine Ewigkeit vor, und der ich unter den Baumkronen hindurchgeführt wurde, und immer wieder über Wurzeln stolperte. Ich meinte sogar vereinzelte unterdrückte Lacher zu hören, als ich es einmal nicht mehr schaffte, mein Gleichgewicht zu halten. Endlich schienen wir an unserem Ziel angelangt zu sein, da ich zum anhalten gebracht wurde, und man mir den Stoff von den Augen nahm. Meine Augen brauchten einen Moment, um sich an die plötzliche Helligkeit zu gewöhnen, welche besonders in diesem Teil von Mittelerde strahlender und reiner zu sein schien. Als ich wieder etwas erkennen konnte, verschlug es mir den Atem.

Wir standen auf einer leichten Anhöhe, von welcher wir auf eine flache, weitläufige Vertiefung hinabsehen konnten. In ihr standen unzählige, hochgewachsene Bäume, in denen sich unzählige, im Stil der Elben gebaute Baumhäuser befanden, welche von tausenden Lampen in ihrem Innern so aussahen, als würden sie Strahlen. In der Ferne konnte ich auf einem kleinen Hügel einen noch größeren, dicken Stamm erkennen, in dessen Mitte sich ein Palastartiges Haus zu befinden schien. Vor Staunen blieb mir der Mund offen stehen, weshalb ich von einigen der Elben, welche mich hergeführt hatten, amüsierte Blicke erntete. Doch das war mir egal, zu sehr bestaunte ich den magischen Anblick. Doch musste ich mich stark zusammenreißen nicht aufzuschreien, als ich plötzlich eine sanfte, fremde Stimme einer Frau in meinem Kopf hörte. Willkommen, Aragorn Arathorn's Sohn.

Le melin, aran ninWo Geschichten leben. Entdecke jetzt