Von Freund zu Feind?

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PoV Legolas
Zwei dunkle, müde Augen starrten mich aus dem Spiegel heraus an, vor welchem ich zitternd stand. Langsam lehnte ich mich nach vorne, wobei ich meine Hände auf das Waschbecken vor mir stützte. Durch das dünne Glas beobachtete ich jeden Teil meines Gesichtes einzeln, und es kam mir fremd vor, als würde mich jemand anderes anblicken. Meine Augen waren dunkel, mit einem leichten Gelbstich an ihren Rändern, und blickten mich tot und kalt an. Von ihren unteren Rändern zogen sich dünne Tränenspuren über meine Wangen, bis hin zu meinem Kinn, von welchem sich die salzigen Tropfen zuvor gelöst hatten. Meine Haut war matt und verfärbte sich ebenfalls leicht in einen dunkleren Ton, was ich jedoch nicht länger beachtete.

Wie in Trance streckte ich langsam meine Hand aus, und berührte den klaren Spiegel vor mir. Das Glas fühlte sich unter meinen Fingern kalt, glatt und leicht feucht an, weshalb ich für eine kurzen Moment dachte, ich könnte in ihn eintauchen wie in Wasser. Es fühlte sich an, als wenn jemand fremdes meine Hand führen würde, weshalb ich kurz zusammenzuckte, als meine Finger gegen die Härte der Scheibe stießen. Der Moment, als dieses Gefühl durch meine Fingerspitzen zuckte, war, als wenn man mich wieder in meinen Körper zurück reißen würde, und ich augenblicklich von meinen Sinnen überflutet wurde. Ich schüttelte einmal meinen Kopf, um die Nebelartigen Schwaden aus meinem Kopf zu bekommen, was jedoch nicht viel brachte.

Es fühlte sich an, als hätte sich eine Dichte, schwere Wolke auf meine Gedanken gelegt, welche sich immer mehr Raum zu machen schien, bis ich irgendwann keinen einzigen klaren Gedanken mehr fassen können würde. Mit einem leisen, unterdrückten Seufzen drehte ich mich um, und trat aus dem Bad zurück in das große Schlafzimmer. Meine Schritte hallten schwer an den Wänden nach, anders als noch vor wenigen Wochen. Egal wie sehr ich mich bemühte leichter aufzutreten, schaffte ich es nicht an meine frühere Lautlosigkeit heranzureichen. Ich wusste, was in langsamen Schritten, jedoch kontinuierlich mit mir geschah. Und es war mir egal.

Der schwarzhaarige Sindar erhielt kaum eine Reaktion von mir, als dieser wenig später lautlos durch die Tür trat. ,,Kleines Blatt. Bitte verzeih, was ich vorhin über dich sagte. Ich wollte dich nie verletzten. Auch ich trauere um das Volk, jedoch standen sie unserem Plan im Weg. Du musst verstehen, dass ich mich nur um dich sorge und dich beschützen weil, vor den Gefahren dieser Welt.'', begann der Elb seine Erklärung, und setzte sich sanft neben mich auf das Polster des Sofas, auf welchem ich mich niedergelassen hatte. Noch immer zeigte ich keine Reaktion, jedoch eher unterbewusst, während ich benebelt auf den Boden vor mir starrte.

PoV Glamordûr
Sanft ließ ich mich neben dem anderen Elben auf das Sofa sinken. Er zeigte keine Reaktion auf meine Entschuldigung, welche ich meiner Meinung nach perfekt zurechtgelegt, und dargelegt hatte, genau so wie er sie für gewöhnlich akzeptierte. Müsste ich etwa meine Strategie mit dem blonden ändern? Wie apathisch starrte er weiter auf den Holzboden unter unseren Füßen, sein Atem ging schwer und laut, anders als ich es von ihm gewohnt war. Als ich ihn genauer betrachtete, fielen mir noch weitere äußerliche Veränderungen auf, bei welchen ich mich nicht entscheiden konnte, ob sie mir gefielen oder nicht.

Er wirkte abgemagerter, blass und dennoch mit einem dunkleren Hautton, seine einst goldgleichen Haare hingen schlaff und matt, mit einem Graustich über seiner Schulter, und umrahmten seine ebenfalls dunkleren, sich langsam gelblich verfärbenden Augen. Vorsichtig streckte ich meine Hand aus, und drehte seinen Kopf an seinem Kinn vorsichtig so, dass ich ihm in die Augen sehen konnte. Ich zwang mich dazu, einen sanften Ausdruck auf die meinen zu legen, während ich in meinem Innern gewinnend auflachte, als sich seine Mundwinkel zögerlich nach oben neigten. Ich hatte ihn unter Kontrolle, und wenn ich jetzt die richtigen Worte finden würde, dann würde sich daran nichts ändern, im Gegenteil, das unsichtbare Band zwischen uns würde sich vermutlich noch weiter festigen. Und das ganz zu meinen Gunsten.

,,Wenn all das vorbei ist, dann wird alles gut werden, hörst du? Du bist so stark, kleines Blatt, du schaffst alles, auch diese kleine Krise. Ich werde dafür sorgen, dass sich dir niemand nähert, von dem du das nicht möchtest, in Ordnung? Ich sehe doch, dass dir etwas auf dem Herzen liegt, kleines Blatt. Hast du jemals erlebt, dass ich dir eine Bitte abgeschlagen hätte?'', fuhr ich leise, freundlich und liebevoll fort, wobei ich sofort an die Nacht denken musste, als sich mein Pfeil tief in das Fleisch des wertlosen Waldkönigs gebohrt hatte. Doch zu meinem Glück wusste ich auch, dass solche Momente oft von alleine aus den Erinnerungen der Opfer gelöscht wurden, um sich selbst davor zu schützen. Und genau das, würde ich zu meinem Vorteil machen können.

,,Ich vermisse den Wald.'', hörte ich nach mehreren langen Minuten, in denen es all meine Beherrschungskunst kostete nicht ungeduldig zu werden, eine leise Antwort. ,,Ich bringe dich in den Wald. Wie wäre es mit morgen früh? Ich zeige ihn dir, kleines Blatt, dann wird es dir besser gehen.'', erlaubte ich ihm lächelnd, und strich ihm vorsichtig einen salzigen Tropfen von der Wange, welcher seinen Weg aus seinen Augen gefunden hatte. Ein leichtes Nicken folgte noch, bevor er mir in den Armen lag, und heftig zu schluchzen begann. Immer wieder strich ich ihm sanft über den Rücken, flüsterte ihm beruhigende Worte auf Sindarin in seine spitzen, mittlerweile leicht ausgefransten Ohren, während er sich wie ein ertrinkender an mich klammerte. Wie schwach er doch war.

Trotz meiner inneren Ablehnung versuchte ich weiter ihn zu beruhigen, bis er sich schließlich von mir löste. ,,Bite verzeih mir.'', entschuldigte sich der Prinz klein,auf, und wischte sich seine Tränen aus seinem Gesicht. ,,Dafür musst du dich nicht entschuldigen, kleines Blatt.'', erwiderte ich lächelnd, und nahm seine Hände in die meinen. Er blickte aus, und sah mir mit einem Lächeln im meine Augen. Entgegen meines Willens liebte ich es, wenn er mich so ansah. Sein ehrliches Lächeln unterstrich den freundlichen Ausdruck der Zuneigung in seinen Augen, von welcher ich in meinem Leben nicht allzu viel erfahren hatte,

Just als ich den Gedanken beendet hatte, erschauderte ich innerlich vor mir selbst. Ich wurde weich! Und langsam begab ich mich eine Zone aus Emotionen, die nur schwer zu kontrollieren, und äußerst gefährlich für meinen Plan werden könnten. Doch was sprach dagegen, mich ihm einen Moment hinzugeben? Ich hätte es unter Kontrolle und vielleicht würde es zu meinen Gunsten verlaufen. Doch noch immer rang ich mit mir, ob ich es wirklich wagen sollte. Als ich jedoch den Blick von Legolas bemerkte, welcher mich zugleich traurig und hoffnungsvoll ansah, verstand ich, dass wir beide etwas davon hätten.

Ich könnte mein unendliches Verlangen, welches ich mir selbst nach all den Jahren nicht erklären konnte und mich langsam von innen auffraß, wenigstens für eine Sekunde stillen. Außerdem könnte ich meinem kleinen Blatt die Zuneigung geben, welche er sich ersehnte, egal von wem. Ich spürte, wie mein Herz schneller zu klopfen begann, als ich mich nach vorne beugte, und sich unsere Gesichter näherten. Der blonde tat es mir nach, sodass uns bald bloß noch wenige Millimeter trennten, und ich den heißen Atem des Prinzen auf meinen Lippen spürte. Unendliche Zufriedenheit und Erregung durchflutete mich wie ein Orkan, als sich unsere Lippen endlich zärtlich trafen.

Dieser Kuss war anders als die Vorherigen, von mir nicht erzwungen. Das Wissen, dass er sich bloß nach irgendeiner Form der Zuneigung und Sicherheit sehnte, und ihm mittlerweile egal zu sein schien von wem sie kommen würde, und sie vermutlich selbst von einem Erzfeind annehmen würde, schon ich in die hinterste Ecke meines Verstandes und Verschluss sie hinter einem festen Riegel aus Zuneigung. Denn auch, wenn ich großen Aufwand betrieben hatte, um mir den Ruf eines kaltblütigen Mörders zu erarbeiten wusste ich dennoch, dass gute Gefühle die schlechten immer vertreiben würden können. Eine Lektion, welche ich ihn meinem langen Leben erlernt hatte.

Das war der Grund, weshalb ich all meine Hingabe, Zuneigung und Faszination zu diesem Elben, diesem schwachen Geschöpf, dass so zerbrechlich schien wie Glas, in diese Berührung legte. Es fühlte sich an, als würde ich ihn das erste mal sehen, was sich unglaublich anfühlte. Meine Haut fühlte sich heiß an, und begann zu kribbeln. Ob vor Freude oder Erregung könnte ich nicht sagen. Und wusste nur, dass ich wollte, dass es für immer so blieb. Egal, was ich dafür tun müsse. Egal, was ich ihm dafür antun müsste.

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Hehe
Danke an HP_LOTR_TH_1 fürs kontrollieren :)
Und an finnibella die mich unbewusst auf die Idee für die Verwandlung von Legolas gebracht hat :3

Le melin, aran ninWo Geschichten leben. Entdecke jetzt