Kapitel 8

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Ich lehnte mich an die Aufzugswand und vergrub mein Gesicht in den Händen. Das was eben passierte, war gar nicht gut. Mein Puls raste noch immer und ich konnte das eben geschehene gar nicht richtig realisieren. Mein Kopf war leer und ich schaffte es einfach nicht, einen klaren Gedanken zu fassen.

„Geht es dir gut, Peter?“, hallte eine personenlose Stimme durch den Lift und ließ mich augenblicklich zusammen zucken.

„Mensch Jarvis, musst du mich so erschrecken!“, fluchte ich und legte dabei meine Hand auf die Brust.

Ich bemerkte, dass sich der Aufzug noch gar nicht bewegt hatte. Da ich keine Knöpfe fand, die ich hätte betätigen können, bat ich kurzerhand die KI darum. Er erklärte mir daraufhin, dass ich die ID-Karte nur an das Lesegerät halten müsse und schon setzte sich der Aufzug in Bewegung. Ohne Unterbrechung schafften wir es nach unten, vorüber ich mehr als dankbar war.

Ich bedankte mich noch schnell bei Jarvis und verließ den Lift sobald sich die Türen geöffnet hatten. Dabei rempelte ich mit einer Person zusammen, die gerade in den Aufzug wollte. Ich entschuldigte mich schnell bei ihr, doch sie machte nur eine winkende Handbewegung und sagte: „Schon gut, ist ja nichts passiert.“

Die Frau lächelte mir zu und schon im nächsten Moment trat sie in den Aufzug. Mein Blick klebte förmlich an dieser Person und ich hatte das komische Gefühl sie schon einmal gesehen zu haben. Besonders ihr rotes Haar war sehr prägnant. Die Frau zwinkerte mir noch zu, bevor sich die Türen des Aufzugs endgültig schlossen. Ich schüttelte leicht den Kopf um mich aus meiner Starre zu lösen und lief weiter Richtung Ausgang. Am Empfang hielt ich meine soeben erhaltene Karte hoch, worauf die Empfangsdame nur kurz nickte und anschließend weiter ihrer Arbeit nachging.

Als ich aus den Türen des Towers trat, waren die Straßen voll von Menschen die sich aneinander vorbei drängten und Autos die mehr standen als fuhren. Jetzt wurde mir bewusst, dass ich mitten in der Rushhour gelandet war. Durch meine verstärkten Sinne nahm ich alles intensiver war und ich spürte, dass meine Sensoren kurz vor der Überlastung standen. Der Trubel und die Sache mit Stark waren im Moment zu viel für mich. Ich musste dringend an einen ruhigen Ort und das was mir als erstes einfiel, war der Central Park. Ich rannte einfach drauf los, denn das letzte was ich in diesem Moment wollte, war hier vor dem Tower zusammen zuklappen.

Im Park angekommen setzte ich mich auf eine leere Bank in der Nähe des Zoos. Ich atmete mehrfach tief ein und aus, versuchte mich zu beruhigen. Seit ich meine Kräfte besaß, waren Parkanlagen einer der wenigen Orte wo ich wirklich abschalten konnte. Es war immer wieder erstaunlich, dass sämtlicher Straßenlärm von den Bäumen fast gänzlich verschluckt wurden. Man vergaß regelrecht, dass man sich in einer Großstadt befand. Ich legte meinen Kopf in den Nacken und schloss meine Augen. Das Gewusel der Menschen konnte ich soweit ausblenden und nahm nur das Zwitschern der Vögel und das Rauschen der Blätter war.

Langsam spürte ich, wie mein Körper sich entspannte und der Puls sich normalisierte. Ich ordnete meine Gedanken und verarbeitete das eben geschehene, als plötzlich das Bild von Mr. Stark auftauchte. Sein Gesicht nah an meinem, mit diesem Funkeln in seinen braunen Augen und diesem Lächeln, dass einem sofort die Knie weich werden ließ. Ich riss meine Augen auf und mein Herz begann wieder wild gegen meinen Brustkorb zu schlagen. Ich legte mein Kopf in meine Hände. ‚Was wohl passiert wäre, wenn Mr. Rogers nicht in diesem Moment rein geplatzt wäre?‘

Ich hatte so lange gebraucht meinen Körper und meine Sinne zu trainieren um die Kontrolle zu behalten, aber Mr. Stark hat es zweimal in kurzer Zeit geschafft, mich so aus der Fassung zu bringen.

Das gleichmäßige Summen meines Telefons unterbrach meine Gedanken, worüber ich in diesem Moment sehr dankbar war. Ich kramte nach meinem Handy und nahm den Anruf entgegen. Ich hatte gar nicht die Möglichkeit etwas zu sagen, da ertönte schon die aufgeregte Stimme meiner Tante: „Wo zum Teufel steckst du?“

Ein Blick auf meine Armbanduhr verriet mir auch den Grund ihrer Verärgerung. Ich hatte zudem völlig vergessen ihr bescheid zu geben.

„Es tut mir leid, Tante May.“ Ich nahm meinen Rucksack und sprang von der Bank auf, um dem Park zu verlassen.

„Ich dachte wir wollten noch zusammen was essen, bevor ich los muss“, sagte sie und ich hatte auf einmal ein richtig schlechtes Gewissen.

„Mir ist was dazwischen gekommen“, begann ich mich zu rechtfertigen.

„Wo bist du eigentlich?“

„Du wirst nicht glauben was heute passiert ist“, setzte ich an und wich einer Mutter mit Kinderwangen aus.

Dann erfasste ein bekanntes kribbeln meinen Körper. Ich hob meinen Blick und schaute den Typen an, der hinter der Frau lief. Als er an mir vorbeiging, wurde ich augenblicklich langsamer und blickte ihm nach. Es war definitiv der Kerl vom Überfall, der als erstes aus der Bank geflüchtet war. Da die ganze Gruppe bei dem Überfall keine Masken getragen hatten, erkannte ich ihn sofort. Mein Blick blieb förmlich an ihm haften und ich realisierte erst, dass ich stehen geblieben war, als May mich aus meiner Trance holte: „Peter? Alles gut bei dir?“

„Tut mir leid May, aber ich muss noch dringend was erledigen. Warte nicht auf mich.“ Ich beendete das Gespräch ohne auf ihre Antwort zu warten.

Mit sicherem Abstand folgte ich ihm, auch wenn ich mir sicher war, dass er mich nicht erkannte. Außerdem wusste ich nur zu gut, wozu sein Kumpel fähig war und ich hatte keinerlei Interesse daran, wieder den Asphalt zu küssen. Würde es zu einem Kampf kommen, würden zudem auch zu viele unschuldige Menschen in diese Sache reingezogen werden und das wollte ich nicht riskieren. Vielleicht hatte ich ja auch Glück und er führt mich zu seinem Hintermann. Ich war sicher, dass mehr hinter dieser Sache steckte, als ein simpler Raubüberfall.

Er verließ den Park in Richtung Westen, auf die Central Park West, bis er dann ein Restaurant auf einer angrenzenden Straße betrat. Ich wartete noch ein paar Minuten bevor ich ebenfalls die Einrichtung betrat. Diese war im rustikalen Stil gehalten, mit einzelnen Tischgruppen in der Mitte des Lokals. An den Wänden entlang befanden sich gemütliche Sitzbänke. Das Lokal war auch schon gut besucht. Zu meinem Glück, war eine Sitzbank in unmittelbarer Nähe zu dem Kerl noch unbesetzt. Er selber hatte sich an die Bar gesetzt und saß mit dem Rücken zu mir. Über einen der Spiegel, die an den Wänden verteilt waren, hatte ich die Möglichkeit ihn indirekt zu beobachten. Damit konnte ich ihn sehen und hören.

„Was darf ich dir bringen?“, fragte mich die Kellnerin und lächelte mir charmant zu.

„Eine Cola“, erwiderte ich und lächelte ebenfalls zurück.

Sie nahm meine Bestellung auf und verschwand anschließend hinter dem Tresen. Ich warf einen Blick in den Spiegel und sah das der Räuber sein Telefon am Ohr hatte. Ich konzentrierte mich auf seine Worte, doch aufgrund des plötzlich lauten Gelächters am Nachbartisch, konnte ich nur ‚Übergabe in zwei Tagen und Hafen A.P. Moller-Container-Terminal im Port Elizabeth‘ heraushören. Das waren zumindest zwei wertvolle Informationen.

Die junge Kellnerin brachte mir mein Getränk, was ich mit einem kurzen ‚Danke‘ entgegen nahm. Ich führte das Glas zum Mund und hielt in meiner Bewegung inne, als ich in den Spiegel blickte. Der Räuber schaute mich an, unsere Blicke trafen sich direkt über den Spiegel. Als er sein kleinen Drink in einem Zug leerte, brach er den Blickkontakt nicht ab. Der Schrecken fuhr wie ein Stromschlag durch meinen ganzen Körper.

Ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen und unterdrückte den Impuls zur nächsten Tür zu rennen. Stattdessen trank ich einen Schluck von der Cola. Auch ich unterbrach den Blickkontakt dabei nicht, auch wenn es mir schwer fiel. Als ich das Glas zurück auf den Tisch stellte, stand er auf im selben Zug auf und setzte sich mir direkt gegenüber. In seinem Gesicht konnte ich keinerlei Emotionen ablesen und das gefiel mir absolut nicht. Ich wusste in diesem Moment nicht wirklich was ich tun sollte, darauf war ich absolut nicht vorbereitet. Ich versuchte ruhig zu bleiben.

Sein intensiver Blick ruhte noch immer auf mir, als er mich gerade heraus fragte: „Warum verfolgtst du mich?“

Rise of Spider-ManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt