Je näher ich unserem Wohnviertel kam, umso mehr ließ die Anspannung nach. Mittlerweile war es so spät, dass nur eine eine Handvoll Menschen meinen Weg kreuzten. Als ich an unser Haus kam, waren nur wenige Wohnungsfenster erhellt. Auch bei Margery Lain aus der dritten Etage brannte noch Licht. Sie war eine nette, alte Dame und wohnte schon sehr lange hier. Nachdem Onkel Ben gestorben war, zog May mit mir in dieses Haus. Mrs. Lain hatte öfters auf mich aufgepasst, als ich krank war oder May wieder eine Dienstreise hatte und über Nacht nicht zuhause sein konnte. Ich war gern bei ihr und die alte Dame hatte ebenso einen Narren an mir gefressen. Irgendwie wurde sie zu einer Art Ersatzoma, weshalb ich sie auch als einzige Granny Maggie nennen durfte. Ned hatte sie einmal so genannt und Maggie ist daraufhin fuchsteufelswild geworden. Mein bester Freund hatte mich dann aus Angst vor ihr zwei Wochen nicht mehr besucht.
Ich öffnete die Haustür und betrat den trostlosen Flur. Bei den Briefkästen hielt ich noch kurz an, um unseren zu leeren. Während ich die Treppenstufen nach oben nahm, vergrub ich schnell meine verletzte Hand in meiner Jackentasche. Denn Maggie entging nichts und wie ich sie kannte, wartete sie bestimmt schon an ihrer Tür. Sie wusste wirklich alles, was sich in diesem Haus abspielte und manchmal hatte ich sogar das Gefühl, sie kennt auch sämtliche Geheimnisse der gesamten Straße. Ein Wunder, dass Maggie noch nicht hinter mein Geheimnis gekommen war. Sie hätte mich sonst schon längst darauf angesprochen.
Als ich die dritte Etage betrat, bestätigte sich meine Vermutung. Granny lugte schon aus einem kleinen Spalt ihrer Wohnungstür. Sobald sie mich erblickt hatte, öffnete sie diese vollständig und trat in ihrem Nachthemd auf den Hausflur.
„Peter, warum kommst du jetzt erst nach Hause? Hast du morgen nicht Schule?", fragte sie im ernsten Ton und verschränkte ihre Arme vor der Brust.
„Ich war noch bei Ned und wir haben irgendwie die Zeit vergessen", log ich und blieb kurz stehen.
Granny musterte mich misstrauisch, doch im nächsten Moment legte sich ein sanftes Lächeln auf ihr Gesicht. Sie stemmte ihre Hände an ihre Hüften und erwiderte großmütterlich: „Dann sieh zu, dass du schnell nach oben kommst und dich ins Bett begibst, junger Mann!“
„Das mach ich. Guten Nacht, Granny", verabschiedete ich mich von der alten Dame und nahm die nächsten Stufen zur unserer Etage.
Als ich unsere Wohnungstür öffnete, lag der Wohnbereich im Dunkeln. Nur das spärliche Licht der Straßenbeleuchtung versuchte, diese Finsternis zu verdrängen. May war auf einer Veranstaltung und würde erst spät nach Hause kommen. Zu meinem Glück, sonst hätte ich mir jetzt noch was anhören dürfen. Ich schloss die Tür hinter mir, machte das Licht an und legte meinen Schlüssel auf die Kommode direkt neben der Wohnungstür. Den Rucksack legte ich auf die Couchgarnitur, die in der Mitte des Raumes stand. Danach ging ich in den Küchenbereich. Auf der Kücheninsel lag ein gelber Zettel. Direkt daneben ein Müsliriegel. Ich nahm den Zettel und ein Lächeln legte sich auf meine Lippen.
,Eine kleine Stärkung für Zwischendurch, Abendessen ist im Kühlschrank. Kuss May' stand darauf geschrieben.
Tante May hatte schon immer die Angewohnheit gehabt, mir auf diesem Wege etwas mitzuteilen. Ich entpackte sofort den Riegel und aß ihn auf. Auch wenn ich wirklich großen Hunger hatte, musste das Abendessen erst einmal warten. Als erstes brauchte ich eine erfrischende Dusche.
Aus meinem Zimmer holte ich schnell noch Wechselsachen und verschwand anschließend im Bad. Ich zog Jacke und Shirt aus und schmiss die Sachen gleich in den Wäschekorb. Die Hose flog Sekunden später auch hinterher. Als mein Blick über den Spiegel huschte, sah ich das Ausmaß meiner Verletzungen. Mein ganzer Oberkörper war übersät von blauen Flecken verschiedenster Größen und Farbe. Der größte Bluterguss zierte meinen Rippenbereich. Die Farbe hatte, verglichen mit heute Morgen, schon an Intensität verloren. Probehalber tastete ich die Stelle nochmal ab, auch der Schmerz hatte deutlich nachgelassen. In ein paar Tagen würde nichts mehr auf eine Prellung hindeuten.
Bisher hatte Tante May noch nichts von meinen ganzen Verletzungen mitbekommen, was ich zum einem der beschleunigten Heilung verdankte. Und zum anderen den betroffenen Stellen, die ich gut verstecken konnte.
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Rise of Spider-Man
FanfictionDer 17-jährige Peter Parker hat sich für den begehrten Praktikumsplatz bei Stark Industries beworben und es unter die besten geschafft. Mit seinem Idol zu Arbeiten wäre das größte für ihn. Zuerst muss er sich aber mit vier weiteren Kandidaten messen...