Camio Schulze
2001-+2017
Die Liebe ist stärker als der TodIch kniete vor meinem eigenen Grabstein, der inmitten von Nebelschwaden auf dem Friedhof stand. Kalt, einsam und vergessen.. Das war sie. Die Zukunft, wie ich sie erschaffen hatte.
Doch es war nur ein Traum.
Ein Traum, der immer mehr verblasste, bis er sich schließlich in Luft auflöste. Denn ich war nicht auf dem Boden des Abgrundes aufgeschlagen. Jemand mit weißen, majestätischen Engelsflügeln hatte mich in letzter Sekunde aufgefangen.
Ich war am Leben.
Ein rythmisches Piepen drang zu meinen Ohren durch, wie ein Herzschlag.
Alles schien sich zu drehen. Ich wurde mit Gewalt aus den Fängen des Todes gerissen, zurück katapultiert in die reale Welt. Das letzte Kapitel war noch nicht geschrieben.Ich erwachte.
Meine Augen mussten sich zuerst an das grelle Sonnenlicht gewöhnen, bevor ich irgendetwas erkannte. Ziemlich benommen und mit pochenden Schläfen musterte ich meine Umgebung. Ich befand mich in einem kleinen Zimmer, mit weiß gestrichenen Wänden, einem Bett und einem vergitterten Fenster, durch das ich in der Ferne hohe, eintönige Häuser und viel befahrende Straßen ausmachen konnte.
Auf der Fensterbank stand eine Vase mit bunten Blumen darin, auf Anhieb konnte ich eine Rose, Kamillenblüten und Vergissmeinnicht erkennen, die den Raum etwas farbenfroher erscheinen ließen.
Doch das schönste im Raum waren nicht die Blumen, sondern der weißhaarige Junge, der auf einem Hocker neben meinem Bett saß, den Kopf auf die Matratze gebettet, und schlief.Es war das erste mal, dass ich Cassiel im Schlaf nicht lächeln sah.
Mit einem Schlag kehrten alle Erinnerungen zurück. Wie ich die Tabletten schluckte. Wie ich es bereute. Wie ich starb...
Die Bilder erschlugen mich förmlich, führten mir vor Augen, zu welch schrecklichen Taten ich fähig war. Für einen Moment verlor ich die Fassung, war zu geschockt von dem, was ich getan hatte, um klare Gedanken zu fassen. Das Gefühl der abgrundtiefen Leere umklammerte mich so stark, dass ich glaubte, nie wieder auch nur einen Funken Freude verspüren zu können.Fast wäre ich gestorben; fast hätte mein Herz zu schlagen aufgehört. Doch irgendjemand oder irgendetwas wollte nicht, dass es so kam.
Ich betrachtete Cassiel und mir wurde klar, wie unglaublich stark er war. Ich hatte ihn immer runtergezogen; ihn verletzt...Ich war ihm nur eine Last gewesen. Er hätte mich längst verlassen und jemand anderes suchen können, der ihn glücklicher machen würde, als ich es jemals könnte. Und doch saß er noch immer hier an meinem Bett und hielt meine Hand, hatte mich durch die schwersten Zeiten begleitet und mir selbst an den dunkelsten Tagen ein Lächeln ins Gesicht gezaubert.
Dieser Junge hatte Nerven aus Drahtseilen und ein Herz aus Gold. Und da erkannte ich...Sollte es wirklich einen Gott geben, hatte er mir einen Schutzengel gesandt.
Noch immer ziemlich geschwächt hatte ich Mühe seinen Händedruck zu erwidern und meine Finger in seinen zu verschränkten...und musste kurz darauf erst mal lautstark Niesen, um meinen Lebensretter auf die eleganteste Art und Weise, die es gab, aus dem Schlaf zu reißen.
Cassiel schreckte hoch und schien kurz verwirrt. Seine Augen waren geschwollen und von tiefen Augenringen untermalt, die auf der selbst für seine Verhältnisse kränklich blassen Haut noch mehr zur Geltung kamen. In ihnen lag eine ausdruckslose Leere; nicht mehr dieses Funkeln; nicht mehr diese Lebensfreude...nur noch diese trostlose Leere, die ich schon so oft in meinem eigenen Spiegelbild hatte sehen müssen. Ich hatte ihn noch nie so fertig gesehen, nicht einmal an dem Tag, als er mir von seiner Vergangenheit erzählt hatte.
Es schmerzte zu wissen, dass allein ich ihm das angetan hatte.
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Du bist nicht allein
Novela JuvenilEr würde mich festhalten. Er würde sich mit aller Kraft an mich klammern und zurückzerren. Wenn es sein musste, würde er mich nie wieder los lassen. So ein Mensch war er. Er würde nicht zulassen, dass ich sprang... Camio leidet nun seit mehreren Jah...