Kapitel 1.

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Es war der 15. Mai.
Die Luft die um mein Gesicht peitschte war recht kühl. Ich rannte durch die Straßen, noch niemand war unterwegs, das würde sich in ein paar Stunden ändern.
Ich genoss es morgens joggen zu gehen, es befreite meinen Kopf. Alle Geschäfte waren noch geschlossen, die Stadt wirkte wie ausgestorben. Außer ein paar Leuten ab und zu war ich die einzige die so früh schon unterwegs war. Es war zwar schon heller draußen aber ich hatte ein ungutes Gefühl.

Das hast du immer.

Redete ich mir ein und es stimmte, es würde wahrscheinlich nie weg gehen. Es war aber irgendwie anders dieses Mal, ich fühlte mich beobachtet.

Du bist paranoid.

Egal wie sehr ich mir einreden wollte das es nur mein Geist war der mir dieses Gefühl gab, es ließ mich nicht los. Es hatte keinen Sinn weiter zu rennen, ich konnte es nicht mehr genießen.
Ich hasse ihn

Ich drehte mich um und wollte entspannt nach Hause laufen, da sah ich einen Mann. Er hatte einen grauen Jogginganzug an und war ziemlich groß und breit gebaut.

Nein, bitte nicht er. Er kann es nicht sein.

Ich rannte weiter und drehte mich nicht mehr um. Meine Beine rannten immer schneller. Ich wusste das gleich ein kleiner Weg durch die Hochhäuser kam. Ich bog ab und drehte mich leicht um, um zu schauen ob er mich immer noch verfolgte.
Als ich in jemanden rein rannte.
Ein älterer Mann, Ende 50 würde ich sagen stand nun vor mir.
>Es tut mir so leid. Geht es Ihnen gut.< sagte ich, mein Atem wurde immer schneller.
>Alles in Ordnung Miss.< antwortete er mir mit einem Lächeln und ging dann weiter. Ich blickte mich hektisch um, ich sah keinen mehr. Der Mann der eben noch hinter mir gerannt war, war weg. Hatten ich ihn mir nur eingebildet?
Ich ging einen kleinen Umweg nach Hause, weil mich die Gedanken an den Mann nicht los ließen.
Er konnte mich nicht gefunden haben.
Er durfte mich nicht gefunden haben.

Der Tag hatte schlecht begonnen, aber er konnte besser werden. Ich beschloß meine Wohnung zu putzen. Sie hatte es schon lange nötig. Ich machte mir mein lieblings Lied an und fing an den Boden zu wischen. Als mein lieblings Teil kam sang ich laut mit und bewegte mich im Takt.

"Boys only want love if it's torture
Don't say I didn't say, I didn't warn ya
Boys only want love if it's torture
Don't say I didn't say, I didn't warn ya"

Der Boden war gewischt, die Teppiche gesaugt und meine Gedanken an den Typen verschwunden. Ich betrachtet meine Wohnung und war stolz, sie war blitzblank. Ich wollte gerade alles aufräumen als mich das Klingeln der Wohnungstür davon abhielt. Ich stellte den Staubsauger ab und richtete im Spiegel kurz meine Haare. Das Geräusch der Klingel ertönte noch einmal gefolgt von einem lauten Klopfen.
Da war jemand hartnäckig.
Ich erwartete niemanden. Wahrscheinlich nur meine Nachbarin.
Da hatte ich mich geirrt.
Als ich die Tür öffnete, blickte ich nicht in das Gesicht meiner Nachbarin sondern in das Gesicht von ihm.
>Lissa< sagte er und staarte mich an. Ich staarte zurück unfähig ein Wort zu sagen. Wir standen eine gefühlte Ewigkeit so da und staarten uns an. Er hatte sich auf den ersten Blick nicht verändert.
Er konnte nicht hier sein
Mein Gehirn spielte mir einen Streich, ich war verrückt.

>Geh! Verschwinde!< schrie ich ihn an und wollte die Tür zu schmeißen, aber er ließ es nicht zu und drückte dagegen.
>Lissa Bitte!< seine Stimme war flehend und zu gleich ernst. Er gab nicht auf. Ich gab auf die Tür weiter zu zudrücken und ging einen Schritt nach hinten. Er war zu stark, ich hatte keine Chance.
>Was willst du Aaron?< als ich seinen Namen aussprach bekam ich Gänsehaut. Er kam in meine Wohnung und schloss die Tür bevor er mir antwortete.
>Nur reden.<
>Schade dass das eine der Sachen ist die ich nicht mit dir tuen werde.<
>Und was wäre eine Sache die du mit mir tuen würdest?< fragte er mit einem Grinsen.
>Dich zur Tür begleiten und sicherstellen das du nie wieder kommst.<
Das Grinsen verschwand aus seinem Gesicht.
Er kam einen Schritt auf mich zu und im gleichen Atemzug ging ich einen zurück.
>Lis bitte....Ich will nur reden.<
Sicher.
>Okay, von mir aus.<
Ich starrte in seine Augen.
>Aber nicht jetzt. Ich muss noch was erledigen. Wir treffen uns um sechs im Park, okay?<
Er nickte mir nur zu und ging zur Tür.
>Bis um sechs. Ich liebe dich.<
Ich weiß. Das machte es mir nicht leichter das zu tun was ich vorhatte.
Sofort nachdem ich die Tür geschlossen hatte, ging ich in mein Schlafzimmer und holte einen Koffer. Ich würde nicht hier bleiben. Er würde nicht nur reden wollen.
Ich schmiss alle Sachen in den Koffer die ich finden konnte, das mit der Wohnung und meinem Job müsste ich irgendwie später klären. Ich hatte keine Zeit. Mit einem Ruck schloss ich meinen Koffer. Ich blickte mich noch einmal in meinem Zimmer um, es war nicht das erste Mal das ich mein Zuhause verlassen hatte, aber früher hatte ich Zeit die fehlte mir nun.
Mein Ring den ich von meiner Tante bekommen hatte, das letzte Mal als ich sie gesehen hatte, lag noch auf meinem Nachtisch, ich nahm ihn schnell und steckte ihn auf mein Finger.
Und schon wieder würde ich mein Zuhause verlassen. Ich war es leid, wieder von neuem anzufangen und wieder alles hinter mir zu lassen.
Ich nahm meinen Koffer und ging zur Tür heraus

Ich saß in meinem Auto und fuhr die Autobahn entlang. Die Sonne ging schon unter. Ich musste die ganze Nacht durch fahren damit ich einen Vorsprung habe.
Bestimmt weiß er schon das ich weg bin.
Der Griff um mein Lenkrad würde fester. Ich war müde, aber ich konnte nicht anhalten. Ich griff auf den Beifahrersitz, schnappte mir eine Wasserflaschen und trank einen Schluck aus ihr. Aufgeben ist keine Option, das war es noch nie. In diesem Punkt waren Aaron und ich uns sehr ähnlich, wir waren beide unfassbar stur. Wir waren beide hartnäckig und wussten was wir wollten, das passte nicht immer gut zueinander.
Ich schüttelte meinen Kopf.

Hör auf! Wieso denke ich an ihn?

Ich fuhr die ganze Nacht durch, bis die Sonne wieder auf ging. Ich fand ein kleines Motel am Rand der Autobahn. Ich buchte ein kleines Zimmer und eine ältere Dame überreichte mir an der Rezeption den Schlüssel.
Ich fiel sofort in mein Bett, es war nicht das bequemste aber ich schlief trotzdem sofort ein.

Mein Handy Wecker holte mich aus meinem Schlaf. Ich wollte nicht aufstehen, aber es war nötig. Auch wenn es jetzt mitten in der Nacht war. Ich drehte mich auf die Seite und schaltete den Wecker aus.
>Guten Morgen Lis.<
Ich schreckte hoch und saß im Bett.
>Aaron?!<
Mein Schock war schnell Wut. Wieso war ich nicht weiter gefahren? Wieso habe ich solange geschlafen? Ich brauchte mir nichts vormachen, er hätte mich gefunden, egal wie lange ich gefahren wäre.
>Können wir jetzt reden?< fragte er mich und setzte sich ebenfalls hin.
>Nein ich will nicht mit dir reden! Ich will das alles nicht hören!<
>Du hast mir nie die Chance geben mich zu erklären.< Er hörte nicht auf.
>Du hast mich angelogen! Du hast mir nicht erzählt das du ein verdammter Werwolf bist!< die Worte sprudelten aus mir heraus und bekam einen bitteren Unterton.
>Du hattest mir nie eine Chance gegeben es dir zu erzählen, ich...<
Ich unterbrach ihn, ich konnte mir das nicht länger anhören. Ich wollte mit alldem nichts zu tun haben.
>Ich habe dir viele Chancen geben, jetzt will ich es nicht mehr hören. Ich kann dir nicht mehr vertrauen! Ich habe ein eigenes Leben ohne dich!< Ich stand vom Bett auf und ging auf die Tür zu. Aaron war aber schneller, bevor ich überhaupt blinzeln konnte stand er vor mir.
>Lass mich vorbei.<
>Nein.< Nein?
>Aaron! Lass mich vorbei!< Ich wollte in wegschieben aber ich konnte ihn kein Stück bewegen.
>Wir gehören zu einander! Du weißt das! Vor was hast du so eine Angst?< Er hielt mich an den Schultern fest und versuchte mir in die Augen zu sehen, aber ich probierte nur mich aus seinem Griff zu lösen. Er nahm mein Kinn und ließ mich direkt in seine Augen schauen.
>Was wenn du dich irrst? Und ich gar nichts für dich empfinde, außer Hass und Angst.<
Er schluckte.
Ein Wind Stoß kam durch das geöffnet Fenster und schob die Vorhänge ein Stück zur Seite, genau so viel das ein wenig Licht vom Vollmond rein scheinen konnte.
>Aaron lass mich los, bitte.<
Sein Griff wurde fester. Seine Haltung änderte sich und sein Gesichtsausdruck wurde wütend.
>Ich liebe dich. Ich kann dich nicht gehen lassen.<
Bevor ich etwas tun konnte hatte er sein Mund an meinem Hals.
>Aaron was tu-...<
>psssst<
Ich atmete langsam ein und aus.
Er küsste mein Hals. Aufeinmal stach etwas scharfes in mein Hals. Ich schrie. Es war das schrecklichste was ich je Gefühlt habe. Der Schmerz breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Bis ich in wenigen Sekunden nichts mehr anders fühlte. Ich schloss meine Augen und meine Beine gaben nach. Ich fühlte nichts mehr und langsam übermahnte mich eine kalte, leere Dunkelheit. Voller Schmerz.

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