Kapitel 2 - Auf eigene Faust

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Die rasenden Kopfschmerzen, mit denen ich aufgewacht war, konnte ich heilen, doch die Mattheit meines Körpers hielt noch an, als Everly und ich den Klassenraum betraten. Sie erlitt den gleichen Zustand, zumindest betonte sie es dreimal.

Gähnend ließ ich mich auf meinen Platz neben Adalar, dem smaragdgrünen Hüter, fallen und versuchte zu entziffern, was der Lehrer an die Tafel gekritzelt hatte: Sukkubus.

Wie treffend!

»Wo warst du gestern Abend?«, flüsterte mein Sitznachbar.

Verwundert wandte ich mich ihm zu: »Wieso?«

»Hayley und ich wollten mit dir was essen gehen«, erklärte er, »aber wir konnten dich nicht finden.«

»Du meinst Riandra und du«, erwiderte ich spöttisch.

Mein Verdruss blieb ihm nicht verborgen, während ich mir einen Blick auf ihren weißblonden Hinterkopf in der ersten Reihe erlaubte. Sofort wandte Hayley sich um, suchte nach mir zwischen den anderen Schülern.

»Sie will mit dir kommunizieren«, flüsterte Adalar und seine lindengrünen Augen deuteten auf seine Schwester.

Ich dachte nicht im Traum daran, die Blockierung meiner Aura aufzuheben. Schon gar nicht im Unterricht von Herrn Sommersang, unserem boshaftesten Lehrer, der nur darauf wartete ein Exempel an einem Unruhestifter zu statuieren.

»Gwen und Adalar«, ermahnte er uns plötzlich.

Genervt warf ich meinem Sitznachbar einen eisigen Blick zu, bevor ich mich dem Lehrer zuwandte.

»Da ihr euch mit dem Thema so gut auszukennen scheint, dass ihr bereits miteinander diskutiert, lasst die anderen doch an eurer Weisheit teilhaben – woran erkennt man einen Sukkubus?« Auffordernd blitzte Herr Sommersang uns an.

Adalar schnaubte unmerklich und kämpfte unverkennbar gegen seine aufkeimende Wut. Bevor das ganze noch schlimmere Ausmaße annahm, beschloss ich, mein neu gewonnenes Wissen preiszugeben.

»Sie sehen den Menschen sehr ähnlich. Allerdings haben sie einen blanken Schweif, in dem sehr viel Kraft steckt, Hörner und kleine Flügel – ähnlich die einer Fledermaus.«

Die Verblüffung konnte Herr Sommersang nicht verbergen und schließlich nickte er: »Das ist korrekt, schreib es an die Tafel.«

Widerwillig erhob ich mich vom Stuhl und schlurfte nach vorn, wobei mir Everlys stolzer Blick nicht entging. Mit einem halb abgebrochenen Stück Kreide kritzelte ich die erwähnten körperlichen Attribute an die Tafel, wollte daraufhin gleich wieder gehen, doch der Lehrer hielt mich dazu an die folgenden Punkte mitzuschreiben. Er befragte die Klasse und ich musste zusätzlich noch lila und purpurne Hautfarbe, sowie Dämonennägel erfassen. Besonders lange Fingernägel waren mir an dem gestrigen Exemplar nicht aufgefallen, aber so genau hatte ich auch nicht hingesehen. Ich war viel zu sehr mit mir selbst beschäftigt. Da sich niemand mehr meldete, konnte ich endlich an meinen Platz zurück.

Herr Sommersang ließ uns die Lehrbücher aufschlagen und als hätte ich es vorhergesehen, erkor er Adalar zum Vorlesen aus. Mit einer weniger enthusiastischen Stimme als sonst folgte er der Anweisung. »Der Sukkubus ist ein weiblicher Dämon. Das männliche Pendant ist der Inkubus. Diese geschlechtslose Dämonenart setzt Sexualität zur Manipulation seiner Opfer ein. Er verwandelt sich nach Belieben in die männliche oder weibliche Rolle. Seine Opfer sucht er vorzugsweise in ihren Betten heim und verkehrt mit dem Schlafenden, ohne dass jener davon aufwacht und am nächsten Tag nur die verblasste Erinnerung ähnlich eines Traums bleibt. Manche Sukkuben bringen nur Albträume. Sie ernähren sich von der Lebensenergie der Menschen. Aufgrund seines wechselnden Geschlechts ist der Sukkubus dafür bekannt seinen männlichen Opfern in Gestalt einer Frau zu erscheinen, um so seinen Samen zu rauben. In Form eines Mannes verwendet der Dämon diesen, um eine weibliche Betroffene zu schwängern. So wird der Erhalt ihrer Gattung sichergestellt. Daraus entsteht ein Wechselbalg, welches unter den Menschen Angst und Schrecken verbreiten soll. Des Weiteren gilt der Inkubus als der Stellvertreter des Teufels, der die Verantwortung dafür trägt die Seelen der sündiger nach ihrem Tod einzufangen und in die Hölle zu schaffen.«

Lichtbringer Akademie: Drachenzauber (Buch 2 der Romantasy Jugendbuch-Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt