Kapitel 10 - Der Einbruch

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(Lesedauer etwa 10 Minuten)

Hayley hielt meine Hand. Zum ersten Mal seit Wochen hatte ich nicht mehr das Gefühl völlig allein zu sein. Unbeachtet. Unbedeutend.

Ihr langes silberblondes Haar flatterte im Wind und verbreitete eine süß orientalische Note. Es erinnerte mich an unsere erste Begegnung, denn das erste was mir an ihr aufgefallen war, waren ihr vollkommenes Haar und ihr Geruch. Ich hatte sie vom ersten Augenblick der Freiungszeremonie ins Herz geschlossen. Sie hatte eigentlich Godric heiraten sollen. Auch wenn er es ihr nicht gezeigt hatte, er ist vom ersten Moment an Feuer und Flamme für sie gewesen. Genau wie ich. Sie hatte mir ihr Geheimnis anvertraut, ich wusste sofort, dass sie der weiße Drache ist. Und ich im Gegenzug hatte sie ausgeschlossen und ihr nichts erzählt.

Wir starrten auf die breite Straße vor uns, die mitten in die Stadt der Vampire führte.

»Hat Ethan die Dracheneier?«, fragte Draca.

Er, Adalar, Dominic und Everly schlossen zu uns auf und warfen ebenfalls einen mürrischen Blick in die Stadt.

»Ich weiß es nicht, er spricht nicht mehr mit mir«, gestand ich, »aber nachdem er gestern in meinem Zimmer war, als der Alarm losging...«

»Er war was?« Everly starrte mich aus großen Augen an.

»Er hat das Vampirgebiet verlassen?«, wunderte auch Dominik sich.

»Wir hätten ihn sehen müssen«, mischte Adalar sich ein.

Draca sah mich abwartend an.

»Er hat das Zimmer verlassen, als ihr hereingekommen seid, und ihr habt ihn alle nicht gesehen«, erzählte ich ihnen kleinlaut.

»Ein Zauber«, wusste Everly sofort.

»Hast du die Dracheneier gesehen?«, fragte Adalar.

Ich schüttelte den Kopf: »Ich dachte er wäre gekommen, weil er sich Sorgen um mich gemacht hat.«

»Oder weil er ein schlechtes Gewissen hatte«, gab Everly zu bedenken.

Hayley drückte sanft meine Hand und erklärte: »Everly hat uns von deinem Wiedererweckungs-Plan erzählt und dass ihr herausgefunden habt, wo die Dracheneier bewacht wurden.«

»Tja, ihr hattet wohl Recht damit, dass er mich nur ausnutzen wollte«, murmelte ich und sah zwischen meinem Bruder und Dominik hin und her.

Meine Einsicht erfüllte sie jedoch nicht mit Stolz.

»Ich weiß nicht mal, ob es diesen Drachenzauber wirklich gibt« fügte ich mit zitternder Stimme hinzu.

Das war das erste Mal, dass ich diesen Zweifel, der von Anfang an in mir geschlummert hatte, zugelassen und laut ausgesprochen hatte.

War ich einfach nur ein leichtes Opfer.

Everly legte den Arm um mich und lächelte mich aufmunternd an: »Wir finden es raus!«

Ich schluckte den dicken Klos in meinem Hals herunter und nickte entschlossen. Egal, wie die Sache hier ausging – ich hatte meine Freunde bei mir. Das gab mir die Kraft, den Gedanken zuzulassen, dass Ethan mich betrogen hatte.

Auf dem Gehweg unter der Kuppel von Schattenhein, die zwar das Tageslicht, aber keine UV Strahlen in die Stadt ließ, sammelte sich ein Grüppchen Dämonen.

Ich reichte die Salbe herum und gab meinen zweiten Pflock an Everly.

Ich setzte den linken Fuß in das Zwielicht der Stadt und bemerkte sofort die Anspannung in Hayleys Hand.

Lichtbringer Akademie: Drachenzauber (Buch 2 der Romantasy Jugendbuch-Reihe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt