Kapitel 4

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"Im Ernst?"
Meine Stimme bebte und ich konnte mich kaum noch zurückhalten, ihn nicht laut anzuschreien - vor all den Leuten.

"Eli, beruhige dich...", versuchte Zayn es und legte eine Hand auf meine Schulter, die ich wegschlug.

Ich lachte freudlos auf. "Beruhigen? Ist dir klar, was du dir da in den Kopf gesetzt hast? Ist dir klar, wie gefährlich das ist?"
Jetzt war ich lauter geworden und konnte die Blicke auf uns förmlich spüren. Dieser verdammte Idiot! Was dachte er sich bloß dabei?

Zayn rollte mit den Augen. "Können wir nicht zu Hause darüber reden?"

"Nein.", sagte ich und strich mir wütend das rote Haar aus dem Gesicht. "Nein, wir sprechen jetzt darüber."

Er stöhnte genervt auf und in diesem Moment hätte ich dem großen Rothaarigen am liebsten eine verpasst. Er verdiente es sogar. Und wie.

"Wann hattest du vor, mir davon zu erzählen?"

Zayn zuckte nur mit den Schultern und mied meinen Blick. Er schaute überall hin, nur nicht zu mir, nur nicht in meine Augen. Seine Augen blieben sogar kurze Zeit auf meiner besten Freundin hängen, die diese Auseinandersetzung aus sicherer Entfernung beobachtete. So, wie die halbe Schule. Und dazu zählte auch Zayns Clique.

Caleb sah mich mit fragendem Blick an und ich formte ein später mit den Lippen. Der Blonde nickte vorsichtig.

"Zayn, ich habe dich etwas gefragt.", erwiderte ich nun etwas ruhiger und schob eine Hand in den Hoodie, den ich aus dem Kleiderschrank meines Bruders stibizt hatte.
Seine Pullis waren so viel gemütlicher als die Sachen in der Mädchenabteilung - das kann man anfangs gar nicht glauben.

"Können wir zu Hause darüber reden, Elina?"
Sein Kiefer spannte sich an und er sah mich endlich in die Augen.
Elina. So nannte er mich nur, wenn er es wirklich, wirklich ernst meinte.

Ich sah zu ihm auf. "In Ordnung. Aber vergiss nicht, dass du mir noch eine Erklärung schuldest, Zayn."

"Ist gut", erwiderte er und drehte sich um.

Ich schloss für einen ganzen kurzen Augenblick die Augen und atmete hörbar aus. Die Trauben an Menschen, die sich um uns versammelt hatten, lösten sich enttäuscht und gingen wieder ihren eigenen Problemen nach.

"Hey, das wird schon. Rede einfach mit ihm." Lydia lächelte mich an und ich konnte nicht anders, als dieses Lächeln zu erwidern. Mann, wie konnte man nur tagtäglich so verdammt gute Laune haben? Ich lief immer rum wie ein Miesepeter und kotzte mich über mein Leben aus - wenn ich früh aufstehen musste jedenfalls.

"Wenn du wüsstest, wie stur dieser Idiot ist, wärst du dir glaube ich nicht mehr so sicher.", seufzte ich frustriert und sah mich um.

Die meisten waren schon in ihren Klassen und Lydia und ich waren somit beinahe die einzigen, die noch auf dem Flur herumstanden.

"Oh glaub mir, ich weiß es. Diese Sache habt ihr nämlich gemeinsam."

Empört sah ich sie an. "Im Ernst? Du willst mir - deiner wundervollen und einzigen besten Freudin - sagen, dass sie stur wie ihr idiotischer großer Bruder ist, der scheinbar kein Gehirn mehr in der Birne hat?"

Lydia lachte. "So in etwa"

"Du Verräterin. Ich habe jetzt Bio, bis nachher!"

Wir verabschiedeten uns mit einer Umarmung voneinander und ich seufzte frustriert auf. Lydia war natürlich auch nicht in diesem Kurs und ich musste mich irgendwie ohne sie durchschlagen. Doch gerade jetzt brauchte ich dringend jemanden, mit dem ich reden konnte.

"Kannst du nicht mal aufpassen?", holte eine tiefe Stimme mich in die Realität zurück.

Vorsichtig blickte ich hoch. Ups. Ich war gerade gegen Aidan Negro gelaufen und er sah nicht sehr begeistert über unser überraschendes Aufeinandertreffen zu sein. Nun, ich auch nicht.

"Du hast auch Augen im Kopf, oder?", konterte ich.

Aidan rollte mit den Augen und wollte an mir vorbeigehen, als ich ihn aufhielt. "Warte."

"Kannst du ein bisschen schneller machen, Parker?", zischte er genervt, als ich ihn nur prüfend ansah.

"Du hast jetzt auch Biologie. Wo gehst du hin?"

Falls ich ihn überrascht haben sollte, ließ er es sich jedenfalls nicht anmerken. "Geh mir aus dem Weg, Parker."

Seine dunklen Augen musterten mich ohne jegliche Regung in seinem Gesicht.
Schöne Fassade, Mister.
Aidan nahm sich jedoch nicht die Zeit, mir auf meine Frage zu antworten, und ging an mir vorbei - natürlich nicht, ohne mich mit der Schulter anzurempeln.

"Arsch", murmelte ich und sah ihm mit verengten Augen hinterher.
Sollte er doch schwänzen. Mein Problem war es sicher nicht, wenn er nicht zum Unterricht erschien. Es waren seine Noten und seine Fehlstunden.

Pff. Wieso hatte ich ihm überhaupt angesprochen? Einer der größten Fehler meinerseits. Musste ich mir wohl gedankenlich vermerken.
Sprich niemals wieder Aidan Negro an.

*

"Wo ist Aidan?"
Ich rollte mit den Augen, doch das brachte auch nichts.

Miss Evans hatte den Blick auf mich gerichtet und sah mich abwartend an. In diesem Kurs gab es zwanzig andere Schüler und sie fragte ausgerechnet mich, wo Aidan war? Im Ernst. Innerlich stöhnte ich genervt auf.
Ich zwang mich zu einem Lächeln.

"Er hat sich nicht so gut gefühlt und ist gegangen."
Was? Hatte ich im Ernst gerade für diesen verdammten Idioten gelogen?
O mein Gott, Elina. Was ist los mit dir?!

Miss Evans nickte verständnisvoll. "Dann wünsch ihm eine gute Besserung." Die Fältchen um ihre Augen wurden ein wenig tiefer, als sie lächelte.

Einen Scheiß werde ich, dachte ich.

"Natürlich.", lächelte ich.
O Mann. Das fühlte sich gerade falsch an. Sehr falsch.

Ich holte einen Block und einen Kugelschreiber aus meinem Rucksack und erschrak, als ich meine Lehrerin direkt vor mir stehen sah.

"Ach und Elina?" Sie hielt mir mehrere Arbeitsblätter hin. "Würdest du die Aidan bitte geben, wenn er wieder da ist?"

Ich biss die Zähne fest zusammen und versuchte, ihr nicht an den Kopf zu werfen, warum zur Hölle sie mich mit Aidan Negro belästigte.
Reiß dich zusammen.
Die arme Frau hatte keine Ahnung, wie ich zu ihm stand und dass wir uns nicht ausstehen konnten.
Wieder nickte ich nur lächelnd und beobachtete, wie Miss Evans nach vorne ging und den Kurs lächelnd ansah.

"Guten Morgen, meine Lieben. Da ich noch mehrere Noten von euch brauche, habe ich mir überlegt, dass ihr ein Referat über ein von mir vorgegebenes Thema in einer Gruppe macht."
Alle stöhnten genervt auf. Inklusive ich.

"Die Gruppen werde ich ebenfalls vorgeben, da wir beim letzen Mal in der Gruppenarbeit keine guten Erfahrungen gemacht haben." Streng sah sie zu den drei Jungs in der letzen Reihe, die sich gegenseitig anstießen.

Ich konnte Miss Evans wirklich gut leiden. Bis jetzt. Und jetzt hatte sie alles zerstört. Und das bloß mit dem Wort "Gruppenarbeit".

"Nächste Woche teile ich euch die Themen und die Gruppen zu. Und jetzt lasst und endlich mit dem Unterricht beginnen."

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Ich hoffe, euch hat das Kapitel gefallen. Ich würde mich sehr über Kommentare freuen 😉💕
Was sagt ihr zu Zayns Verhalten? Was haltet ihr von Aidan?

Zerschmettert Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt