Kapitel 53

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George's PoV

Am späten Abend hörte ich, wie die Haustüre aufgeschlossen wurde und jemand hereinkam. Da Nick noch bei Mia war, konnte es nur Clay gewesen sein.

Ich stand in der Küche und bereitete mir gerade einen Kaffee vor, als mich zwei starke Arme von hinten umschlungen.
,,Ich bin so müde...'' murmelte er in meine Halsbeuge.
,,Dann leg dich doch hin'' entgegnete ich ihm leicht grinsend.
,,Erst, wenn du auch ins Bett gehst'' gähnte er. Ich schüttelte noch immer leicht grinsend meinen Kopf. Er war immer so stur, was das anging.

,,Wo ist denn Nick?'' fragte er, während ich mich ins Wohnzimmer begab.
,,Der ist noch bei Mia soweit ich weiß'' rief ich ihm zu.
,,Was die wohl so lange treiben'' sagte er und wackelte mit seinen Augenbrauen, während er ebenfalls das Wohnzimmer betrat.

Er wollte gerade in den Flur laufen, hielt an der Türe jedoch noch einmal inne und schaute mich an.
,,Bevor ich es vergesse, ich habe Mason heute getroffen'' erzählte er mir.
,,Echt?'' entfuhr es mir etwas überrascht, er nickte.

,,Er hat uns zu sich eingeladen'' erzählte er nun und kratzte sich nachdenklich am Hinterkopf. Vermutlich kannte er meine Meinung dazu bereits. Jede Art von Kontakt zu ihnen erinnerte mich einfach zu sehr an damals - auch, wenn es bereits fünf Jahre her war.

,,Wir müssen nicht'' kam es von ihm mit einem verständnisvollen Blick.
,,Nein schon gut'' antwortete ich jedoch. Auch, wenn es nicht einfach für mich war, waren Molly und Mason nach der Schulzeit zu recht guten Freunden von uns geworden.

,,Bist du dir sicher? Wir müssen echt nicht, wenn du das nicht möchtest'' sagte er und durchbohrte mich schon beinah mit seinem Starren.
,,Ja, ganz sicher'' entgegnete ich. Er nickte und lief nach oben, vermutlich um sich umzuziehen.

Clay kam nach einer Weile nicht wieder herunter, daher vermutete ich, dass er schon eingeschlafen war, während er sich für zwei Minuten ins Bett legen wollte.

Ich blieb noch eine Weile unten, als ich erneut die Haustüre aufschließen hörte. Ich starrte zur Türe und sah Nick, der nun das Wohnzimmer betrat und sich auf die Couch fallen ließ.

,,Harter Abend?'' entgegnete ich ihm.
,,Sehr hart'' antwortete er grinsend. Ebenfalls grinsend schüttelte ich meinen Kopf.
,,Ich geh auch pennen, mach nicht zu lange du fleißiger Kerl'' rief er und lief ebenfalls nach oben.

Er hatte recht, ich sollte wirklich nicht zu lange wach bleiben. Immerhin musste ich morgen wieder arbeiten. Ich liebte meine Arbeit, doch manchmal hatte ich echt keine Lust. So ging es aber vermutlich auch sehr vielen Menschen.

Am nächsten Morgen machte ich mich auf den Weg zur Arbeit. Dort angekommen war ich gerade in der Umkleide fertig mit dem Umziehen geworden. Plötzlich hörte ich wie die Türe geöffnet wurde, dachte mir jedoch nichts dabei.

Als ich den Raum gerade verlassen wollte, lief ich beinah in Thea hinein. Was machte sie überhaupt wieder hier? Sie wusste doch ganz genau, dass sie diesen Raum nicht betreten durfte. Es war nämlich der Umkleideraum für die männlichen Mitarbeiter.

Ich stand vor ihr, sie starrte mich mit ihrem Blick wieder an.
,,Du darfst hier nicht rein, Thea'' entgegnete ich ihr und wollte mich an ihr vorbeiquetschen, da sie etwas im Weg stand. Doch sie packte mich an der Schulter und hielt mich auf.

Ich drehte mich um und schaute sie erneut an.
,,Lass uns doch hier bleiben'' fing sie an zu reden und kam mir näher.
,,Wäre doch viel entspannter, als uns diesen Menschen dort hinzugeben'' fuhr sie fort.

Fassungslos starrte ich sie an.
,,Diesen Menschen? Was sind sie für dich? Nichts? Vielleicht solltest du deinen Beruf noch einmal überdenken, wenn du so welche Aussagen von dir gibst'' entfuhr es mir, woraufhin ich den Raum nun verließ und sie dort stehen ließ.

,,So war das doch gar nicht gemeint!'' hörte ich sie noch rufen, doch das war mir ziemlich egal. Es war die eine Sache, wenn sie mich belästigte, aber schlecht über unsere Patienten, die zum Teil um ihr Leben hier kämpften oder auf unsere Hilfe angewiesen waren, schlecht zu sprechen?

Thea war eine Arbeitskollegin aus dem Krankenhaus. Es war nicht ungewöhnlich, dass sie mich anmachte. Das tat sie schon, seit sie hier vor knapp zwei Monaten angefangen hatte zu arbeiten. Clay wusste davon nichts. Ich wollte ihm nicht unnötige Sorgen oder schlechte Laune bereiten.

Ich begab mich zur Rezeption und traf dort auf Inga. Sie kümmerte sich um den ganzen Verwaltungskram und die Akten der Patienten. Sie war schon etwas älter, ich verstand mich super mit ihr.
,,Na, Urlaub vorbei?'' entgegnete sie mir, als ich mich an die Rezeption lehnte.
,,Ich hatte doch nur gestern frei'' erzählte ich ihr und grinste.

,,Das wird Romy bestimmt freuen. Sie hat gestern schon bei Micheal nach dir gefragt'' erzählte sie. Micheal war ein weiterer Arbeitskollege. Romy war ein 14-jähriges Mädchen und eine meiner Patienten. Sie wurde bei uns eingeliefert, da sie schwere Atmungsprobleme hatte und so kein normales Leben führen konnte.

Ich nahm mir Romy's Akte und machte mich auf den Weg zu ihrem Zimmer, während ich in der Akte nachschaute, ob es etwas Neues gab. Ihr Zustand veränderte sich nämlich auf unerklärliche Weise ständig. Mal ging es ihr sehr gut, mal ging es ihr sehr schlecht.

Ich klopfte an die Türe und betrat ihr Zimmer.
,,George!'' rief sie erfreut meinen Namen, als sie mich hereinkommen sah.
,,Hallo Romy'' entgegnete ich ihr mit einem Lächeln.

,,Wie geht es dir heute?'' fragte ich sie, während sie sich schon einmal etwas aufrichtete, damit ich mit den üblichen Untersuchungen beginnen konnte, wie zum Beispiel ihren Herzschlag abhören und eintragen. Bei ihr war es sehr wichtig, dass dieser regelmäßig kontrolliert wurde.

,,Mir ist total langweilig...'' fing sie an zu erzählen.
,,Yuna hat mich gestern besucht!'' fuhr sie fort.
,,Auch...wie heißt er nochmal? Elyas?'' entgegnete ich ihr grinsend. Sofort wurde sie rot und zog sich zurück, was mein Grinsen nur noch breiter werden ließ.

,,Er war nur ganz kurz da, weil er wieder weg musste...'' erzählte sie nun. Mir fielen inzwischen die frischen Blumen auf ihrem Tisch, der neben ihrem Bett stand, auf.
,,Sind die von ihm?'' fragte ich sie und deutete auf die Blumen. Sie nickte mit einem Lächeln.

,,Nicht, dass du mich hier bald noch mit Elyas ersetzt'' entgegnete ich ihr.
,,Niemand kann dich ersetzen, George!'' entgegnete sie, woraufhin ich lachte. Man sollte eigentlich kein zu persönliches Verhältnis zu seinen Patienten aufbauen, doch bei Romy war das von Anfang an schon so.

Sie bezeichnete mich selbst bei anderen Pflegern, Ärzten oder sogar bei ihrer Familie als ihren persönlichen Pfleger, der unersetzbar war. Es war wirklich süß. Ich hatte auch oft das Gefühl, dass sie vergaß, wo sie sich eigentlich befand, wenn ich bei ihr war. Es war schön zu sehen, wenn ich Patienten auf andere Gedanken bringen konnte und diese somit einmal glücklich und nicht deprimiert waren. Gerade in ihrem jungen Alter sollte sie nicht dauern so negativ denken.


Man kann sagen, dass George seinen Beruf wirklich liebt haha.






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