1.

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Es lebe die Liebe, die Liebe, sie herrscht.

Geflüsterte Worte, als Nachricht überbracht?

Erwiderte Liebe, stärker als Hass.

Mit Nachdruck gerufen, doch sie fragte: „Was?"

Liebe, sie gleitet so ruhig durch die Nacht.

Liebe, sie schreitet, so sehr und so sacht.

Langer Augenblick, kurzer Moment.

Einst waren wir Liebende, wir wurden getrennt.

Liebende, sie trauern, so laut und so sanft.

Liebe, ausgeschlossen, sie ist so sehr bekannt.

Liebe, so klar, was wird sie bekämpft.

Liebe, sie lebe, Liebe erlischt.

Liebe, erwachet, aufs Neue so frisch.

1.

Ein seltsames Gefühl machte sich in mir breit, während ich langsam den Weg zum Esszimmer lief. Ich war viel zu sehr in meine Gedanken vertieft, weswegen ich nicht einmal bemerkte, wie ich immer wieder mit den Füßen auf den bodenlangen Rock trat. Es waren angstvolle Gedanken, die ich da dachte. Warum wollten mein Onkel Alexander und meine Tante Elizabeth, dass ich schon so früh am Morgen, wenn doch gerade erst die Sonne aufgegangen war, zu ihnen kam? War etwas passiert? Ich hoffte nicht. Meine kleine Cousine Nina hatte ich jedenfalls schlafen lassen sollen und hieß das nicht, dass das, was passiert war, gar nicht so schlimm sein konnte? Ich machte mir einfach zu viele Gedanken. Wahrscheinlich sollte ich einfach nur irgendeine lästige Arbeit erledigen, und nichts weiter.

Das komische Gefühl blieb, als ich kurze Zeit später, im Esszimmer, vor den beiden Platz genommen hatte und sie mich mit diesen eigenartigen Blicken beäugten. Ich war ziemlich verunsichert, normalerweise zeigten sie sich immer perfekt und durch nichts aus der Fassung gebracht. War nun doch etwas passiert?

Seit ich klein war, lebte ich schon bei meinem Onkel und meiner Tante. Meine Mutter hatte es allein nicht fertiggebracht, nachdem mein Vater einfach weggegangen war, noch ein kleines Mädchen großzuziehen und da war ihre Schwester eine große Hilfe gewesen: Mit eigener, schon fast erwachsener Tochter, einem arbeitenden Mann und einem kleinen Baby konnte noch ein dünnes, kleines Kind doch sicher nicht schaden.

Nachdem ich dann zu ihnen gebracht worden war, hatte ich meine Mutter niemals mehr gesehen und auch nichts von ihr gehört. Sie war einfach verschwunden und nicht mehr zurückgekehrt und Tante Elizabeth meinte, sie wäre in ein anderes Königreich gezogen. Wahrscheinlich in eins der benachbarten Länder, sonst hätte sich ein weiter Weg gar nicht gelohnt, hatte Tante Elizabeth behauptet.

Inzwischen war ich um die sechzehn Jahre alt, hatte lange, dunkelbraune Locken, ein paar Sommersprossen auf Wangen, Nase und Stirn und sehr helle Haut, die die Locken noch dunkler wirken ließ. Das lange, enge hellgrüne Kleid, das ich trug und das meine grünen Augen gut zur Geltung gebracht hätte, wenn es nicht schon so alt und verwaschen gewesen wäre, ließ mir jedenfalls nicht sehr viel Platz und ich atmete schwer auf meinem unbequemen Stuhl. Meine Kehle war rau, ich hatte plötzlich sehr großen Durst.

Darauf wartend, dass Onkel Alexander endlich etwas sagte, saß ich also dort. Ich hörte das leise Ticken der Wanduhr im Eingang und ansonsten war da nur diese Stille. Irgendwann hielt ich es nicht länger aus und fragte einfach: „Warum sollte ich zu euch kommen?" Mein Hintern tat mir vom ganzen Sitzen weh und so stand ich auf und fing an, im Zimmer auf und ab zulaufen. „Könntest du das bitte unterlassen, Rebecca?", befahl mir meine Tante, das war keine einfache Frage gewesen. Sofort blieb ich wie angewurzelt stehen. Immerhin hatte sie schon mal etwas gesagt, das war ein Anfang. Abwartend schaute ich jetzt von meinem Standpunkt nah des Fensters von Einem zum Anderen. „Weißt du, Kleines, du bist nun ja doch nicht mehr so klein ...", fing Onkel Alexander an zu sprechen. Worauf wollte er hinaus? Was meinte er damit? Da er nicht weitersprach sagte ich verärgert: „Ja?"

RebeccaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt