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Was der Graf von mir verlangte, war eigentlich nicht sehr schwer, das dachte ich zumindest zuerst. Er wollte, dass ich alles tat, um der Familie Bennett keinen schlechten Ruf zu machten, und dass ich Julian niemals betrügen sollte. Ich musste bei der zweiten Forderung schlucken. Mir kam der Gedanke, ob das Gleiche auch für Julian galt, ob er mich dann auch nicht betrügen durfte, denn das er das tun würde glaubte ich viel eher. Immerhin konnte Julian jeden haben, ich wohl eher nicht. Und sowieso, die meisten Männer betrogen ihre Frauen. Eigentlich machte das jeder, zumindest hatte mir meine Tante das einmal erzählt. Sie hatte gemeint: „Und egal wie zuverlässig ein Mann auch erscheinen mag, er betrügt sie sowieso." Frauen betrogen Männer dagegen gar nicht so oft, meinte Tante Elizabeth. Sie hatte erzählt, dass wir Frauen eindeutig bessere Manieren in Sachen wie Ehen hatten. Ich hatte noch nie gewusst, ob man den Worten meiner Tante Glauben schenken sollte. Da fielen mir auch schon wieder ihre Worte ein, die mir in der letzten Zeit immer öfter im Kopf herum geschwebt waren: „ ...Und das liegt daran, dass es keine Liebe gibt." Nach meiner Tante gab es gar keine Liebe, vielleicht konnte sie so etwas wirklich nicht verspüren, aber vielleicht konnten das alle Anderen. Ich fragte mich, ob der Graf seine Frau liebte. Oder ob Mathilde ihren Mann liebte. Und liebte er sie? Ich seufzte leise.

Da ich aber nicht als Dienerin im Ausland enden wollte, hatte ich dem Grafen zugestimmt und mich gleichzeitig über diese eigentlich recht simplen Forderungen gewundert. Danach hatte er mich gehen lassen. Ich hatte alleine den Weg zur Haustür finden müssen, wo Sofia auf mich gewartet hatte. Sie hatte mir schnell etwas zu Essen gebracht, danach wurde ich zu einer Kutsche geführt, welche mich nach Hause fuhr.

RebeccaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt