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Noch immer raste Liz Herz. Sie presste ihren Rücken gegen die harte Steinwand und zwang sich, möglichst leise zu atmen, um ihre Position nicht zu verraten.

Sie war die schmale Treppe hoch gerannt, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, um ihrem Peiniger zu entkommen und lauschte jetzt aufmerksam auf jedes noch so kleine Geräusch.

Sie war in einem der unzähligen Erker, die dem Dach des alten Schlosses seine einzigartig unordentliche Form gaben. Draußen heulte der Wind und rüttelte an den Fenstern und der immer verschlossenen Tür.

Niemand folgte ihr.

Vorsicht stieß Liz die Luft aus.

Gregory Finley war die Pest, aber das Schlimmste war, dass er nicht unrecht hatte. Sie war eine Schande für das Haus Ravenclaw. Ihre Noten waren immer nur durchschnittlich und ihre außerschulischen Aktivitäten beschränkten sich auf Nickerchen und Mittagsschlaf.

Trotzdem musste er ihr das nicht bei jeder Gelegenheit unter die Nase reiben, bis sie den Tränen nahe war. Mit dem Ärmel ihres Umhangs wischte Liz sich über die Augen. Dieses mal war es besonders fies gewesen.
"Hab ja gehört die Reinblut Familien konnten ihr Blut nur durch Inzucht rein halten. Aber es ist schon faszinierend, live zu sehen, welche Schäden das über die Generationen angerichtet hat."
Trotzig biss Liz sich auf die Unterlippe, um nicht doch noch zu schluchzen. Nächstes mal würde sie sich den letzten Rat ihrer Mutter zu Herzen nehmen. Eine Black kennt keine Angst! Wenn sie dich nicht respektiert, dann lehre sie das fürchten.

In diesem Moment bemerkte sie die schlurfenden Schritte hinter sich auf der Treppe. Und Liz platze der Kragen.

"Wenn du nicht gleich verschwindest, Gregory, dann schwöre ich, ich werde dir die Augen mit bloßen Händen aus dem Schädel kratzen!"

"Wenn du nicht gleich verschwindest, Gregory, dann schwöre ich, ich werde dir die Augen mit bloßen Händen aus dem Schädel kratzen!"

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Doch die dunklen Augen, die zu ihr aufblickten, gehörten nicht Gregory. Vor ihr stand Mattheo Riddle und zeigte zum ersten mal, seit sie ihn gesehen hatte, eine Reaktion auf sie. Aber sein Erstaunen verflog schnell und hinterließ nur ein schadenfrohes Grinsen.

"Gut, dass ich nicht Gregory heiße", grinste er wölfisch.

Liz gefror das Blut in den Adern. Mattheo Riddle war für seine Unberechenbarkeit bekannt. Selbst die anderen Slytherin schienen einen respektvollen Bogen um ihn zu machen, weil niemand wusste, wann die Wut aus ihm heraus brach, wie ein wildes Tier.

Nein! Ermahnte sie sich hektisch selbst. Lass niemals jemanden sehen, dass du verunsichert bist. Eine Black kennt keine Schwäche. Auch nicht im Angesicht des Teufels.

"Glück für dich", brummte sie mit so viel Verachtung, wie sie schauspielern konnte. Hinter ihrem Rücken gruben sich ihre Fingernägel tief in ihre Handflächen. Bitte, bitte, bitte, betete sie stumm und hielt den Atem an.

"Lässt du mich durch?" Betont langsam zog Mattheo die Augenbraue mit der Narbe hoch. Niemand wusste, woher sie kam, aber sie unterstrich sein einschüchternes Auftreten.

Der kleine Flur am Ende der Treppe war kaum groß genug um Liz Platz zu bieten, also musste sie zurück in die Nische, aus der sie gekommen war. Langsam aber sicher ließ Liz die Luft aus ihren Lungen entweichen. War sie davon gekommen?

Mattheo stieg selbstbewusst an ihr vorbei zu der Tür, die hinauf auf's Dach führte. Für einen Moment wurde Liz schwindelig. Etwas umgab den jungen Mann, dass sie nicht in Worte fassen konnte. Schnell zwang sie sich wieder, Haltung zu bewahren.
"Die ist verschlossen", meinte Liz in dem Versuch, weiterhin selbstbewusst zu klingen. "Alohomora hab ich schon versucht."

Zur Antwort erntete sie nur einen Seitenblick, ehe der junge Slytherin eine Hand auf den runden Türknauf legte. "Was für ein Glück, dass das hier eine Zauberschule ist und man mehr als nur einen Zauber lernt." Und mit einem sanften Klicken sprang die Tür auf.

"Aber wie?!", rief Liz, doch ihre Stimme wurde bereits von dem tosenden Sturm verschluckt.
Obwohl das Schuljahr erst angefangen hatte, war nicht viel vom Spätsommer zu spüren. Stattdessen jagte ein Gewitter das nächste.
Mattheo trat ungerührt aufs Dach hinaus.

Liz war ihm hinterher gelaufen, ohne darüber nachzudenken. War er lebensmüde? Der Wind würde ihn einfach vom Dach fegen wie ein trockenes Blatt!
Kaum hatte Mattheo die Tür losgelassen wurde sie schon vom Sturm erfasst. Liz musste sich mit beiden Armen dagegen stemmen, um sie nicht voll abzubekommen.

"Ma-!" Doch wieder kam sie nicht dazu, ihren Satz zu beenden. Dieses mal war es jedoch nicht der Wind, sondern Mattheo Riddle selbst. Er stand so dicht hinter der Tür, dass kaum ein Blatt Papier zwischen ihn und das alte Holz gepasst hätte. Herausfordernd funkelten seine dunklen Augen Liz an

"Lass sie besser nicht los", deutete er mit einer Zigarette auf die Tür. "Hab gehört Alohomora funktioniert nicht, wenn sie erstmal ins Schloss gefallen ist."

Überrumpelt von seiner Dreistigkeit schnappte Liz wie ein Fisch nach Worten. "Was soll das? Willst du dich umbringen?" Dahin war jede Chance, tough und selbstbewusst zu wirken. Sie klammerte wie ein Affe an der Tür, versuchte nicht darüber nachzudenken, dass ein einziger Windstoß sie den Halt kosten könnte und starrte den Sohn des dunklen Lords an. War sie denn übergeschnappt?!

Aber Mattheo gluckste ein trockenes Lachen. "Und wenn? Würdest du mich aufhalten?" Er lehnte sich soweit nach vorne, dass die ausschlagende Tür ihn eigentlich erwischen müsste, doch er stoppte sie mit seinem Fuß. Nur Liz schwankte unsicher.

Würdest du mich aufhalten?

Sie wusste, dass sie zu langsam war! Eine Antwort! Etwas Schlagfertiges! Aber die nächste Windböe war so stark, dass sie spürte, wie Holz und Türgriff aus ihren Händen rutschten. Sie stieß einen panischen Schrei aus und kniff die Augen zusammen, als ihr klar wurde, dass sie sich nicht länger festhalten konnte.

Genau in diesem Moment schloss sich eine Hand um ihren Oberarm und anstatt ihr selbst löste sich nur das perfekt Ravenclaw-blaue Haarband und wurde vom Sturm auf nimmer Wiedersehen über das Gelände von Hogwarts gejagt.

Erst als sie auch die Zigarette übers Dach rollen und abstürzen sah, verstanden Liz, was passiert war. Mattheo hatte sie gerade noch rechtzeitig erwischt und presste sie fest an sich.
"Schätze, du würdest eher mit in den Abgrund stürzen", scherzte der Slytherin, als wäre die Situation noch immer zum Lachen. "Na komm." Beinahe sanft schob er Liz voran zur Tür, die laut ins Schloss gefallen war.

Liz wehrte sich nicht. Das Klingeln in ihren Ohren war lauter als das Heulen des Sturms und sie brauchte ihre volle Konzentration um die Balance zwischen Hyperventilieren und den Atem anhalten zu finden. Was war nur in sie gefahren? Sie hätte tot sein können!
Sie war so mit sich selbst beschäftigt, dass sie wieder nicht mitbekam, welchen Zauber Mattheo wirkte, um die Tür zu öffnen.

Er schob Liz weiter, bis sie sich ungelenk zusammen die winzige Treppe hinunter gequetscht hatten.  "Alles gut?" Mattheo schien jetzt ernsthaft nachzufragen. Kein schelmisches Grinsen mehr, kein frecher Spruch.
Liz nickte, aber es war beiden klar, dass sie log, als Mattheo ihre Finger aus seinem Hemd lösen musste.

"Was für ein Glück du hast, dass es micht gibt", lachte er jetzt wieder auf seine herablassende Art, ehe er sie einfach stehen ließ.


Liz starrte Mattheo stumm nach.
Glück?
Da war sie sich nicht sicher.

Darkest Desire (Mattheo Riddle)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt