Langweilig wie jedes Mal. Man sollte meinen in einer Anstalt voller Bekloppter, sollte es spannender sein, aber ich muss euch enttäuschen. Hier ist es öder wie in manch einem Altersheim. Dort gibt es ja wenigstens manchmal noch Prügelleien. Ja, okay, vielleicht war mein Opa einfach ein guter Geschichtenerzähler. Bei ihm im Altersheim gab es auf jeden Fall immer was zu erleben. Laut ihm. Falls ich hier irgendwann mal wieder rauskomme, werde ich ihn mal besuchen oder gleich zu ihm ziehen. Ich sollte ihn mal anrufen und fragen ob die eine heiße Pflegerin noch da ist.
"'Tschuldigung aber ich habe noch mit meinen Eltern telefoniert.", meinte Barbie und setzte sich auf ihren Platz.
"Gab es etwas neues das du uns hier erzählen möchtest?"
Sie sollte eher fragen ob wir das überhaupt hören wollen.
"Ja, sie kommen mich wieder am Wochenende besuchen.", sagte sie und grinste wie ein kleines Kind, die war bestimmt auch so ein Kind, das noch mit 8 in der Mitte vom Bett der Eltern geschlafen hat." Und bei dir Sue?"
"Ich telefonier mit ihnen, doch mein Vater muss am Wochenende arbeiten, da er Bereitschaft hat.", meinte Sue und lächelte leicht bei dem Gedanken an ihre Eltern.
"Und bei dir Z? Wenn du uns überhaupt noch zuhörst."
"Jaja, bin wie immer ganz Ohr... Wie war die Frage nochmal?" Vielleicht schaffe ich es sie dadurch von meinen Eltern abzulenken.
"Ob sich deine Eltern bei dir gemeldet haben."
"Ich würde eh nicht dran gehen."
"Wieso denn nicht?"
"Der Staranwalt und sein Soziopathensohn haben nicht so viele gemeinsame Gesprächsthemen."
"Was fühlst du dabei?"
"Da ist dieser Zwiespalt. Ich suche den Fehler bei mir- wirklich ich versuche es!- doch... es... es gelingt mir nicht. Und auf der anderen Seite reißt es mir mein armes, kleines,... verkrüppeltes Herz in zwei große... verkrüppelte Teile. Es ist wie.. wie... eh...Nord - und Südkorea oder Iran und Irak ! Schwarzer und Amerikaner! Es geht nicht mit und es geht nicht ohne! Mein Vater und ich sind wie der Hartz 4 Empfänger und der Mitarbeiter vom Arbeitsamt, der will dass der Hartzer arbeiten geht." Bei meiner melodramtaischen Rede kann sich selbst die Blümchentante ein Lachen nicht verkneifen, doch schnell hatte sie ihre Miene äußerlich wieder unter Kontrolle. Nur der Rest bekam sich einfach nicht mehr ein. Ich hatte schon fast Angst, dass Mexx keine Luft mehr bekam, da er vor lachen rot anlief. Das emohafte Etwas neben mir fiel sogar vom Stuhl.
Nach meinem kleinen Abstecher in mein Zimmer, wo ich meine alten, kaputten Kopfhörer gegen neue ausgetauscht habe, kam ich in die Mensa. Endlich wieder Musik. Diese beschissene Sitzung komplett ohne war wirklich der Horror.
Mein sonstiger Platz war von Gabe besetzt, der sich angeregt mit Mexx unterhielt und auch Sue und Ratte waren in ein Gespräch vertieft.Sie schienen mich gar nicht zu bemerken.Ich hole mir meine grüne Grütze ab und setze mich an einen leeren Tisch. Mit meinen Gedanken war ich immer noch bei dem Mitarbeiter des Arbeitsamtes. Meinem Vater. Reiches Elternhaus. Steile Anwaltskarriere. Großer Freundeskreis, aber trotzdem nie ein gegenseitiges Interesse vorhanden. Vor seinen Freunden der perfekte Familienvater. Vor der Familie der perfekte Tyrann. Ich weiß nicht wie meine Mutter mit diesem Monster, was mich nun schon zum zweiten Mal in diese Hölle geschickt hat, zusammenleben kann, aber ich konnte sie sowieso noch nie verstehen. Dabei habe ich es bei ihr wenigstens versucht. Nicht so wie bei meinem Vater, der mir einfach nur egal war und es immer sein wird. Doch sie hat nie versucht mich zu verstehen . Ich habe sie nie interessiert und werde es wahrscheinlich nie. Diese Erkenntnis schmerzte in meinem Herzen. Es war derselbe Schmerz, wie wenn sie weinte und ich ihr helfen wollte und es nicht konnte. Tja, ich habe Depressive halt noch nie verstanden. '...Mama we're all gonna die. Stop asking me questions. I hate to see you cry. Mama we're all gonna die...' (... Mama wir alle werden sterben. Hör auf mir Fragen zustellen. Ich hasse es dich weinen zu sehen. Mama wir werden alle sterben...)
Selbst meinen innerer Krieg mit meiner Krankheit hat sie nie gejuckt, ich, als kleiner aufmerksamkeitsuchender Junge hatte alles mögliche angestellt um überhaupt eine Reaktion ihrerseits zu bekommen. '... Well mother look what the war did to my legs an to tongue. You should have raise a baby girl. I should have been a better son...' (... Oh Mutter sieh was der Krieg meinen Beinen und meiner Zunge angetan hat. Du hättest ein kleines Mädchen aufziehen sollen. Ich hätte ein besserer Sohn sein sollen...)
Allem zum Trotz hat sie nie versucht etwas gegen meinen Vater zu unternehmen. Weder als er mich zum zweiten Mal eingewiesen hat noch bei anderen Dingen. Immer war ich auf mich allein gestellt, wie mein ganzes Leben lang. Wie naiv von mir, dass ich früher dachte ich würde sie auch nur einen Hauch interessieren. Es ist schon fast peinlich, wie zwanghaft ich versucht habe ihre Aufmerksamkeit zu bekommen. Ihre Verhalten mir gegenüber war nicht wirklich heilend meiner Krankheit gegenüber. Sie hat es nur noch schlimmer gemacht. '... If you could coddle the infection they can amputate at once. You should have been. I could have been a better son...' (...Wenn du die Infektion versorgen könntest. Sie könnten alles auf einmal amputieren.Du hättest sollen seien. Ich hätte ein besserer Sohn sein können...) Und das eine mal als sie meinte mein Gedicht- ja ich habe früher Gedichte geschrieben. Jeder hochbegabte hat ein "Spezialgebiet". Meines war die Lyrik - sei wirklich schön und ich ihr diese geheuchelte, gequirlte scheiße geglaubt habe. Ernüchternd wenn man älter ist und darüber nachdenkt und einfach merkt dass alles Lügen waren. Dein ganzes Leben. Ich war nicht einfach anders und schlauer, wie andere Kinder. Nein, ich bin krank! '...Mama we're all full of lies. Mama we're meant for the flies and right now they're building a coffin your size. Mama we're all full of lies...' (... Mama wir alle sind voll von Lügen. Mama wir sind nur für die Fliegen bestimmt. Und genau jetzt bauen sie einen Sarg in deiner Größe. Mama wir alle sind voller Lügen...)
Gott sei es gedankt, dass ich mit diesem Lyrik-Mist aufgehört habe. Ich sollte meiner Mutter dankbar sein für ihr Desinteresse. Sonst wäre ich nicht nur Soziopath, sondern ein gedichteschreibender Soziopath, was mein Image hier so was von ruinieren würde. Ich werde sowieso nie eine Chance haben ihr zu danken, denn ihre Worte vor meiner Abreise hier hin waren: "Benimm dich und komm nicht wieder!" '... She said: you aint no son of mine for what you've done they're gonna find a place for you and just your mind , your manners. When you go. And when you go don't return to me, my love...' (... Sie sagte: Du bist nicht mein Sohn. Dafür was du getan hast werde sie ihn finden, einen Platz nur für dich und deine Gedanken. Benimm dich wenn du gehst und wenn du gehst, dann kehre nicht zu mir zurück, mein Liebster...)
Allein. Mal wieder.
Der Stuhl neben mir wurde zurück gezogen und ein knochiger Surferboy ließ sich mit einem Lächeln neben mir nieder.
"Was ziehst du so ein Gesicht?"
Ungläubig schaue ich Mexx an und schenke ihm ein ehrliches Lächeln.
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I'm a disaster (#wattys2015)
Romance„Nennt mich Nameless. Ich bin 19 Jahre alt. Sarkastischer Soziopath.“ Ich wette mit euch, als Psychopath wäre es viel unterhaltsamer. Ich mein ja nur! Man könnte mit einer Kettensäge auf Leute losgehen und hätte immer eine Ausrede. Ich wartete auf...