Kapitel 6

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Lynn stand vor dem Spiegel, vervollständigte das Bild noch mit ein paar letzten Handgriffen. Sanft trug er sich leicht rötliche Farbe auf die Lippen, sodass diese wie zwei volle Kirschen aussahen. Seine Haare hatte er von der Schläfe nach hinten geflochten, sodass sie wie ein Wasserfall über seinen Rücken fielen, eine schwarze glänzenden Brosche an seinem Hinterkopf in Form einer Orchidee.

Er trug ein grünes Oberteil, welches farbig zu Blains Augen passte, das sich an seinen Oberkörper schmiegte. Es war auf der rechten Seite von der Hüfte bis zum Schlüsselbein mit einer Orchidee bestickt – das Zeichen seiner Familie. Die Oberarme waren frei, doch von den Rändern gingen an jedem Arm fünf Bänder aus, die sich spiralförmig um seine Arme bis zum Handgelenk zogen, wo sie an einem schwarzen Armband fixiert waren. Seine Hose war etwas dunkler und war locker, an den Knöcheln enganliegend. Zwei Dolche waren um seine Oberschenkel geschnallt, die er durch zwei versteckte Schlitze in der Hose ziehen konnte. Zudem waren zwei kleine Messer in seinen Haaren versteckt.

Als Blain den Raum betrat, blieb er in der Tür stehen, überwältigt von der Schönheit seines Dämons. Er ist atemberaubend. Die Augen glühten wie zwei helle Sonnen und das sanfte Lächeln dieser roten Lippen ließen seinen inneren Dämon knurren. Bald. Bald kannst du ihn für dich beanspruchen. Eigentlich hatte er seinen Dämon immer recht gut unter Kontrolle gehabt, doch bei Lynn war es anders. Dieser kleine Teufel hatte seinen inneren Dämon in der Hand und spielte mit ihm, dabei war Blain machtlos.

Lynn betrachtete seinen Krieger. Er hatte sich für ein dunkelblaues Gewand mit schwarzen Akzenten entschieden. Ein robustes Oberteil mit drei Knöpfen in der Augenfarbe von Lynn, die sich auch an den Ärmeln wiederfanden. Die Hose war eher dunkel und lag eng am Körper an, sodass dessen muskulöser Körperbau betont wurde. Seine Haare hatte er zwar gekämmt, doch ansonsten hatte er nicht viel gemacht. Er sieht auch so scharf aus. Denn es war die Ausstrahlung von Blain, die jeden Dämon und jede Dämonin feucht werden ließ – diese Dominanz und Kraft.

Der innere Dämon des Sylphdämons schnurrte und brachte dessen Besitzer zum Lächeln. Ja, das ist meiner und ich werde ihn in jeglicher Hinsicht genießen. Mit lautlosen Schritten lief er zu Blain und legte seine Hand an dessen Nacken. Er zog ihn zu einem sanften Kuss zu sich, dann flüsterte er: „Du musst mich noch markieren." Es sollte kein Zweifel daran bestehen, dass er der Liebhaber des Oberbefehlshabers war.

Sanft drehte Blain seinen Dämon und schob dessen weiche Haare etwas zur Seite. Mit der Zunge leckte er über dessen Hals seitlich nach vorne und platzierte eine angemessene Markierung – nicht zu übertrieben, da sie noch nicht verbunden waren, aber deutlich genug. Eine Hand schloss sich um seine und er wurde mitgezogen.

Ein Portal öffnete sich, doch bevor sie hindurchgingen, sagte Lynn noch etwas, was Blain die Stirn runzeln ließ. „Egal, was ich sage oder wie ich mich verhalte, das ist eine Rolle. Niemand kennt mein wahres Ich, nur du." Es war eine Warnung, aber gleichzeitig schürte es Blains Besitzgier. Bald.

Gemeinsam traten sie hindurch und traten vor dem Anwesen, in dem der Ball stattfand, heraus. Lynn hakte sich bei Blain unter und sie liefen gemeinsam zum Eingang. Durch die Türen hörten sie bereits die leise Hintergrundmusik und den Lärm von regen Unterhaltungen. Vor ihnen öffnete sich ein großer Raum, dessen Wände mit goldenen Mustern und Stuck verziert waren. Überall waren Statuen und wertvolle Vasen, die den Reichtum des Besitzers repräsentierten. Die Halle war in ein helles goldenes Licht getaucht und überall sah man noble oder gehobene Dämonen, die sich in Schale geworfen hatten. Angestellte liefen in dunklen Uniformen herum und bedienten die Gäste mit Getränken und Häppchen.

Als sie eintraten, spürte Lynn bereits zahlreiche Blicke. Jeder wusste, dass ein hochrangiger Dämon eingetreten war, zudem einer der begehrtesten Junggesellen. Er machte sich keine Illusion, dass der Neid ihn ersticken würde, wenn das möglich wäre. Sie liefen zum Rand, um erst einmal aus dem Fokus zu gelangen, was nicht so recht funktionierte. Lautes Getuschel hinter hervorgehaltenen Händen und verstohlene Blicke füllten den Raum.

Lynn - ein schicksalhafter Auftrag (Novelle 6.5) ✅️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt