Es dauerte dreieinhalb Monate. Dreieinhalb Monate des Schweigens, des Wartens, der Ungewissheit.
Als Lynn die Augen öffnete, konnte Blain zum ersten Mal wieder richtig atmen. Die zitronengelben Augen wanderten zunächst verwirrt hin und her, bis er sich endlich fokussieren konnte. Er schaute in ein besorgtes und erleichtertes Gesicht. Was ist passiert?
Blain drückte die Hand seines Liebsten, küsste seinen Handrücken, ließ ihn aber nicht los. Er würde es nicht ertragen, wenn der Kontakt abbrechen würde. „Endlich bist du wieder bei mir", sagte er mit zitternder Stimme.
„Tsuka, wieso schaust du so betrübt drein?", erklang die sanfte Stimme und die Last der letzten Monate fiel von Blain ab. Er umschlang Lynn und zog ihn an sich. Dieser gab einen überraschten Laut von sich, der aber in ein sanftes Lachen überging.
„Ich freue mich auch, dich zu sehen. Wo sind wir und was ist passiert?", sagte Lynn, rieb sein Gesicht in Blains Halsbeuge.
Der Dämon atmete tief ein. „Du hast mich verlassen, um gegen deine Mutter zu kämpfen. Deine Schwester hat mich geholt und zu eurem Anwesen gebracht. Als wir dort ankamen, lagen du und deine Mutter blutend am Boden." Das war die Kurzfassung.
Lynn hörte jedes Wort. Ein stechender Schmerz schoss durch seinen Kopf und er zischte. Nach und nach kehrten die Erinnerungen zurück, füllten die Leere. Er sah seinen Kampf, den letzten Angriff seiner Mutter und seine Hand, die ihre Kehle durchschnitt. In diesem Moment realisierte er etwas Wichtiges. Mit aufgerissenen Augen griff er sich panisch an seinen Bauch.
Besorgt zog sich Blain zurück, betrachtete seinen Gefährten, dessen Gesicht. „Was ist Floare?" Hat er Schmerzen?
„Blain. Was ist mit unserem Kind?", fragte Lynn aufgebracht.
Für einen Moment verstand Blain nicht, was Lynn ihm sagen wollte. Kind? Als er jedoch die Hand auf Lynns Bauch sah, sprang er ohne Vorwarnung auf. „Kind?!", mehr brachte er nicht hervor. Das konnte nicht sein. Lynns Ausdruck ließ ihn scharf die Luft einziehen. „Warte hier", sagte er und war sofort verschwunden. Nach wenigen Minuten kehrte er mit einem Heiler zurück. Dieser schaute beide verwirrt an.
„Bitte überprüft es", sagte Blain und dieser nickte nur.
Der Heiler legte seine Hand auf Lynns Bauch. Es dauerte einige Momente, die den beiden wie eine Ewigkeit vorkamen. Das Gesicht des Heilers war konzentriert und gab nichts preis. Dann öffnete dieser die Augen und nahm die Hand weg. „Kuro, ich bin mir unsicher, aber ich kann mit Sicherheit sagen, dass momentan keine Schwangerschaft besteht und auch keine im letzten Jahr vorgelegen hat. Was zuvor der Fall gewesen ist, kann ich nicht sagen."
Die Spannung in Lynns Körper fiel ab und er atmete aus. „Ich habe mich geirrt", sagte er leise und schloss die Augen. Er bedeckte seine Augen mit der linken Hand.
Der Heiler ließ die beiden alleine.
Blain setzte sich, schaute seinen Gefährten an, der zitterte.
„I-Ich... es tut mir leid. Ich weiß nicht weshalb, doch ich habe es gespürt. Ich dachte, ich hätte unser Kind empfangen. Verzeih mir", sagte Lynn. Tränen liefen über seine Wangen und seine Unterlippe zitterte. Sanft legten sich Arme um ihn und er wurde in eine warme Umarmung gezogen. Zwei Lippen bedeckten zärtlich die seinen und küssten ihn. Ohne Widerstand zu leisten, ließ er sich von seinem Dämon erobern, erwiderte dessen Liebkosung.
Als sich Blain von ihm löste, sah er nur Liebe in dessen Augen. „Du bist mein Herz, mein Glück. Allein der Gedanke, dass du irgendwann mein Kind unter dem Herzen tragen wirst, erfüllt mich mit grenzenlosem Glück", sagte dieser mit weicher Stimme.
Er hasst mich nicht. Lynns Herz zog sich zusammen. Er ist mehr, als ich jemals verdiene. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Warte ab. Wenn es so weit ist, wirst du jede meiner Launen klaglos ertragen müssen."
Ein Lachen erklang und sein Liebster erwiderte: „Wie du wünschst, Tsuka."
Jahrzehnte später erblickte ihre Tochter Eleuteria das Licht der Welt und ihr Sohn Belial folgte zwei Jahrzehnte später.
ENDE
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Das war "Lynn - ein schicksalhafter Auftrag". Ich danke allen Lesern und Leserinnen, die die beiden bis zum Schluss begleitet und mit ihnen mitgefiebert haben. Und keine Sorge, die beiden werden wiederkommen ;D
Wenn euch die Geschichte gefallen hat, würde ich mich über ein paar Sternchen freuen. Bis dann!
Eure Mausegöttin
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Lynn - ein schicksalhafter Auftrag (Novelle 6.5) ✅️
Fantasi„Wenn ich schon nicht deinen Namen erfahren darf, darf ich dann wenigstens von deinen Lippen kosten?", fragte er. Die Augen schienen heller zu erstrahlen, doch mit einem Mal waren sie fort. Eine Hand hatte sich auf seine Augen gelegt. Der Assassine...