Zwei Tage zuvor...
Lynn wanderte mit versteinerter Miene den Gang entlang. Seine Schritte trugen ihn in ein Zimmer, in dem er so wenig Zeit wie möglich verbringen wollte, zu einer Person, die er mehr als alles andere verabscheute – seine Erzeugerin, denn mehr sah er in ihr nicht. Sie war die Person, die sie zu den Monstern gemacht hatte, die er und seine Schwester waren.
In dem dunklen Loch, in dem sie verweilten, war vor einem Tag ein dünner Lichtstrahl eingefallen. Er war der Silberstreifen am Horizont für den Dämon, dass er vielleicht doch etwas Glück in seinem Leben erhoffen durfte. Doch dieser Strahl drohte erstickt zu werden und der Grund war diese Person.
Für einen Moment blieb Lynn vor der Tür stehen. Für ihn. Er öffnete sie und trat ein. Seine Augen trafen auf waldgrüne Auge. Dunkelblaue Haare, eiskalte und gefühllose Züge, helle Haut. Sie trug ein schwarzes knöchellanges Kleid, welches sich an ihren Körper schmiegte und zahlreiche Waffen versteckte. Die Mauer, die Lynn um sich errichtet hatte, hielt ihn davon ab, auch nur den Hauch einer Emotion zu zeigen.
„Nenne mir den Grund für dein Erscheinen und für die unbefriedigenden Nachrichten, die mir zu Ohren gekommen waren", erklang die kalte Stimme.
Die Szene, wie sie über seinen Großeltern gestanden hatte, keinerlei Emotion, kam ihm in den Sinn. Diese Frau würde ihre eigenen Kinder abschlachten, ohne mit der Wimpern zu zucken.
„Ich habe mich auf den Weg zu dem Ziel begeben und musste feststellen, dass mir eine andere Person zuvorgekommen war, das Ziel jedoch nicht eliminiert hat." Er sprach ruhig, als sei es eine einfache Information, nicht sein Todesurteil.
Seine Mutter schien keinen Zweifel an ihm zu haben, weshalb auch? Er war der Beste, hatte nie versagt. Solch einen stümperhaften Fehler zu begehen, lag nicht in seiner Natur. Dass er den Dämon mit Absicht am Leben gelassen hatte, würde ihr nie in den Sinn kommen. Natürlich nicht, denn sie kann nicht wissen, dass er mein Herz ist. Das war ein Umstand, mit dem er selbst auch nicht gerechnet hatte.
„Schalte ihn aus, sobald sich der Trubel gelegt hat", wies sie ihn an, damit schien das Gespräch beendet zu sein.
Nicht so schnell. „Erlaubt mir eine weitere Frage zu stellen", sagte er ruhig.
Die eiskalten Augen starrten ihn an, sie nickte leicht. „Wenn ein anderer Clan angeheuert wurde, besteht die Gefahr, dass sie erneut unser Vorhaben durchkreuzen oder Schlimmeres. Erlaubt es mir, den Attentäter aus dem Verkehr zu ziehen."
Natürlich wollte die Anführerin keine Konkurrenz und Lynn konnte ihr ansehen, dass dieser Zwischenfall sie mehr als verstimmt hatte. Er fuhr fort: „Könnt Ihr mir Anhaltspunkte geben, wer den Auftrag gegeben hat, dann kann ich den Umstand schnell bereinigen." Gewagt, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.
„Nein. Der Auftraggeber genießt Immunität. Eliminiere das Ziel und den Attentäter. Du hast bis zum Ende des Monats Zeit." Damit war das Gespräch vorbei, das wusste Lynn. Er nickte und drehte sich um. Es war nicht so verlaufen, wie er erhofft hatte. Zudem hatte Blains Leben gerade ein Zeitlimit erhalten. Wenn er ihn in diesem Zeitrahmen nicht tötete, würde sie einen anderen schicken und Lynn gleichermaßen töten. Elendige schwarze Witwe. Dann eben auf die altmodische Art und Weise.
Am selben Tag sendete er eine Nachricht an seine Kontakte und die Recherche begann.
༻✧༺
Zurück in der Gegenwart...Blain schaute sein Herz an. „Wer bist du?", fragte er ihn. Er wusste, dass die ganze Aufmachung, das Anwesen und das Drumherum nur Fassade waren. Lynn war angeheuert worden, ihn zu töten. Für einen Moment sah er Unsicherheit in dessen Augen.
![](https://img.wattpad.com/cover/295509438-288-k783575.jpg)
DU LIEST GERADE
Lynn - ein schicksalhafter Auftrag (Novelle 6.5) ✅️
Fantasy„Wenn ich schon nicht deinen Namen erfahren darf, darf ich dann wenigstens von deinen Lippen kosten?", fragte er. Die Augen schienen heller zu erstrahlen, doch mit einem Mal waren sie fort. Eine Hand hatte sich auf seine Augen gelegt. Der Assassine...