Teil 2

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Ashi hatte sich aufs Bett gelegt und sah mich nun ungeniert an. Man! Bei dem konnte ich nicht mal meinen kleinen Finger bewegen, ohne das er es sah. Jetzt müsste es kurz vor 7 Uhr abends sein. Dann hatte ich noch eine ganze Stunde Zeit. Zeit mit IHM.
Ohne einen richtigen Grund dafür zu haben zog ich mich um. Die ganze Zeit spürte ich seinen Blick auf mir.
"Geht's schon schlafen." Das hörte sich eher wie eine Feststellung an, als wie eine Frage. Also antwortete ich nur:"Gute Nacht."

Der nächste Morgen verlief wie der gestrige nur ohne duschen. Schnell war ich angezogen und putzte mir die Zähne. Meine Haare band ich zu einem Fummelknoten nach hinten und festige ihn mit einem Haargummi. Vorsichtig öffnete ich das Fenster und setzte mich auf das schmale Fensterbrett. Da wir im vorletzten Stock wohnten, hatten wir der Höhe bezogen Gitter vor dem Fenster. Manche hatten aus versicherungstechnischen Gründen zwei. Tief atmete ich ein und aus. Herrlich! Und dann diese Ruhe. Klar ein paar waren schon auf. Aber wenige genossen wirklich die Ruhe und die wenige Zeit, die sie vor dem Essen übrig hatten. Präzise löste ich etwas längere Strähnen aus meinem Wuscheldutt und wickelte sie mir einzeln um den Zeigefinger. Ich liebte meine Haare. Da sie etwas über die Schultern gingen und ich gelernt hatte sie mir selbst zu schneiden, hatte ich wenig Friseurkosten. Teilweise schnitt ich sie auch meinen Freunden. Mein Haar war ziemlich voll und ich hatte zwischendurch auch mal Fasen wo sie einen dunkleren Ton annahmen.
Ashers Bett raschelte und der Besitzer stand auf. Schon dachte ich er würde gleich zum Klo gehen und sich erleichtern, doch falsch gedacht. Seine Hände versetzen mir einen Stromschlag durch meinen Körper und verursachten eine Gänsehaut, als er sie mir auf die Schultern legte. Das blieb ihm nicht unbemerkt und strich mit der einen Hand darüber.
"Wer war der Typ gestern?", fragte er leise. Automatisch ging mein Herzschlag schneller. Jetz bloß keinen Fehler machen. Wobei...welchen Fehler denn?
"Das geht dich nichts an."
Sein Oberkörper zitterte und er lachte. Warum lachte er?
"Süß.", seufzte er.
Fuck! Jetzt war sein Mund direkt neben meinem Ohr. Bitte, lass das hier schnell vorbei sein, dachte ich. Doch mein Körper war andere Meinung.
"Also. Wer war der Typ?"
Schließlich antwortete ich doch, als er seine tätowierten Hände über meine Oberarme führte und bei meinen Handgelenken verweilte:"Jaspar von nebenan."
Schon kam die nächste Frage.
"Magst du ihn?"
Was sollte das?
"Ja. Wir sind Freunde."
"Wirklich?"
Jetzt hatte ich die Faxen Dicke.
"Boa ja! Eigentlich geht dich das nichts an. ABER ich sags dir trotzdem! Jasper ist schwul. Wolltest du das wissen!?"
Ich bewegte mich und er ließ mich los. Stinkig ging ich an ihm vorbei und zum Frühstück.
WAS DACHTE DER SICH EIGENTLICH?!

Valerie sah trotz ihres besorgniserregendenden Zustandes, das was nicht stimmte. Wie von selbst erzählte ich ihr von Asher und was für ein Arsch er war. Bevor ich überhaupt geendet hatte ging er gerade durch die Speisesaaltür und extra nah an mir vorbei. Seine Finger strichen kurz über meinen Hals. Das hatte schon ausgereicht, um mich vollkommen durchdrehen zu lassen. Geduld und Selbstbeherrschung waren morgens echt nicht meine Stärke und ich rasstete lauthals aus:"Asher Walker, wag es nie wieder mich anzufassen!!!" Wie eine wildgewordene Furie stieg ich auf die Bank und sprang ihm fast vor die Füße. Gepielt ahnungslos blickte er mich an.
"Du weißt genau wovon ich rede! Lass es einfach bleiben!" Valerie machte sich nicht mal die Mühe mich fest zu halten. Wie ein Racheengel drehte ich mich um und rauschte aus dem Raum.
Auch während ich meinen heutigen Job erledigte, dachte ich viel zu viel über den Scheißkerl nach. Und auch beim Mittagessen dachte ich nach, bis ich äußerst unsanft aus meinen Gedanken gerissen wurde. Elli schlug mir nochmal vollgranate gegen meine Schulter. Schmerzerfüllt rieb ich mir über die Stelle.
"Man was sollte das?", fragte ich sie leise.
Sie nickte Richtung Männertisch. Unauffällig drehte ich meinen Kopf und beobachtete meinen Zellengenossen, wie er mit jemandem etwas austauschte. Aber was, konnte ich nicht ausmachen.
Ich bekahm sowieso schon nichts runter und stand schließlich auf. Im Treppenhaus angekommen entschloss ich mich auf die Krankenstation zu gehen. Die alten Knasties halfen mir manchmal weiter, auch wenn sie oft mürrisch waren und mit fast niemandem sprachen.
Dort angekommen roch es sehr nach Desinfektionsmittel und gerade beschwerte sich ein bestimmt über 60-jähriger über das Essen. Leise grinste ich in mich hinein. Ich schlich an den Betten vorbei zum letzten Schlafplatz, der aber weniger an ein Bett erinnerte. Es war ein Stuhl und darauf pennte ein Polizist.
"Mittagessen ist längst vorbei Schlafmütze.", sagte ich laut und schnipste zwei Mal vor seinem Gesicht. Er erwachte und sah mich erst irritiert, dann schmunzelnd an.
"Guten Tag Tami.", antwortete er.
"Hey, Borsten. Kann man schon zu Bill?", fragte ich nur für ihn hörbar.
Er schüttelte den Kopf.
"Watson hat schon seit 'ner Woche nach dir gefragt. Aber du bist keine Familienangehörige.", versuchte er mir zu erklären. Keine Familienangehörige, pah!
"Aber eine gute Freundin. Nur 5 Minuten, bitte." Mit treuen Hundeaugen sah ich ihn an.
Er blickte sich kurz im Raum um, doch keiner schien auf uns zu achten. "Nur 5 Minuten."
Kaum hatte er das gesagt, ging ich zur Intensivstation. Eigentlich war das ein kleiner Raum und keine richtige Station. Bill lag zusammen mit einem Buch auf dem Bauch in einem Krankenbett, lächelte aber sofort als er mich sah. "Liz, schön dich zu sehen.", begrüßte er mich. Auch er war ein Marvelverrückter wie Valerie und ich fragte mich, ob es da irgendeinen famiellen Zusammenhang gab.
"Hey alter Mann."
"Was führt dich zu mir?"
"Du kennst doch hier jeden Hans und Franz, weißt was er verbrochen und hier her verschleppt hat."
"Nicht jeden, aber ja. Um wen geht's?"
"Asher Walker."
Er sog scharf die Luft ein.
"Was hast du denn mit Walker zu schaffen?"
"Sag mir doch einfach was du über ihn weißt."
Kurz überlegte er.
"Ich kenne seine Familie, alles Kriminelle. Er ist wegen eines sehr schief gelaufenen Banküberfalls hier. Vor zwei Jahren wurde er das erste Mal verdächtigt. Vor fünf Monaten das erste Mal eingebuchtet."
"Wegen eines Banküberfalls..."
"Genau. Er hat die ganze Sache echt versemmelt. Er ist der einzige der hier sitzt und die anderen, ca 3 weitere, hocken im "Belmult-Knast"."
"Der ist doch richtung Los Angeles, oder?"
Er nickte.
"Ok, danke Bill. Weißt du wie lange er noch sitzt?"
"So ca 2 Jahre. Er hat ja nie wirklich viel gestohlen."
Ein Nicken meinerseits.
Kurz war es still. In meinem Kopf ratterte es und ich fragte mich was genau schief gelaufen war. Als hätte Bill meine Gedanken gelesen antwortete er:"Ich weiß nicht was schief gelaufen ist."
Na toll.
Wir laberten noch über dies und das, bis er sich dann über meine Freunde erkundigte.
"Wie geht es Valeria? Was machen Elli und Leo?"
"Sie heißt Valerie und allen dreien geht es gut. Zwischen Elli und Leonie läuft was."
"Denkst du es hält länger?"
"Kann schon sein."
Damit war dann das Gespräch beendet.

Meine heutige Arbeit fand am Hof statt. Ich war fast fertig, hing aber noch auf einer Bank ab. Es hätte echt gemütlich sein können.
Leider wurde die Ruhe wieder von einem gewissen 1,90 Meter großen Depp gestört.
"Du warst auf der Krankenstation. Bist du etwa krank?"
Ich konnte sein Grinsen hören, also wollte ich aufstehen. Doch eine große kalte Hand schloss sich um mein Handgelenk und zog mich wieder auf die Bank. Arsch.
"Bist du krank?"
Ich antwortete mit einer Gegenfrage:"Bist du mir gefolgt?"
"Nicht wirklich. Zu wem wolltest du?"
"Das geht dich nichts an."
"Du warst bei Watson.", mutmaßte er.
"Und? Es geht dich immer noch nichts an.", stellte ich fest.
"Über wen hast du dich erkundigt?"
Wieder versuchte ich aufstehen, doch er hatte mich noch immer nicht losgelassen.
"Asher, das geht dich nichts an!", versuchte ich ihm klar zu machen.
Kurz lachte er auf: "Natürlich geht es mich was an. Ich meine wenn es um mich geht, hab ich ein Recht zu erfahren was du von ihm wolltest."
"Nein, hast du nicht."
"Natürlich."
"Gott, Asher, lass es!", schnauzte ich.
Endlich wand ich mich aus seinem Griff und rannte geradezu vom Hof.
Drinnen angekommen lief ich weiter. Ich hatte so ein beschissenes Gefühl im Magen, dass ich weiter rannte und irgendwie in den Duschen ankam.
Angekommen ließ ich mich auf den Boden nieder und versuchte mich zu beruhigen.
Plötzlich riss jemand die Tür auf und schlug sie mit voller Wucht wieder zu.
Mist, wer war das jetz?

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