Sam
Ein schrilles Klingeln riss mich aus meinem ausnahmsweise mal traumlosen Schlaf.Ich knurrte. Ich war vielleicht oft früh wach, aber das machte mich sicher nicht zu einem Morgenmenschen.
Immer noch murrend hieb ich auf mein Handy ein, um es notgedrungen zum Schweigen zu bringen.
Verdammter Wecker. Sollte er doch zur Hölle fahren.
Überrascht von meinen heute vergleichsweise lebhaften und bunten Gedanken - selbst wenn der arme Wecker darunter zu leiden hatte - befreite ich mich von meiner Bettdecke und richtete mich gähnend auf.
Noch jemand so ein Morgenmuffel wie ich?
Charlie wuselte bereits hellwach in meinem Zimmer herum, und begrüßte mich anschließend schwanzwedelnd.
Zwanzig Minuten später, nachdem ich geduscht und Zähne geputzt hatte - schminken brauchte ich erstens nicht, und zweitens war es für den Alltag bei so einer Hitze auch echt unpraktisch - stand ich in meinem Zimmer und stopfte die letzten Kursbücher in meinen überfüllten Rucksack.
Der schwarze Stoff spannte schon, und ich hatte ein wenig die Befürchtung, er würde reißen.
Dann wechselte ich meine Schlafklamotten gegen eine kurze Jeans und ein luftiges, weißes T-Shirt, schwang mir den Rucksack über die Schulter - großer Fehler, mein Rücken schmerzte jetzt schon, und ich musste das Ding noch den ganzen Tag herumschleppen - und lief die Treppe hinab.
Mom und Dad saßen schon an der Kücheninsel und schlürften ihren Kaffee. Man sah ihnen deutlich an, dass sie, im Gegensatz zu mir, schlecht geschlafen hatten.
Den Sonntag hatte ich größtenteils damit verbracht, mein Zimmer einzuräumen und die Möbel aufzubauen.
Sonderlich luxuriös war es nicht; ein Bett, ein Kleiderschrank, ein großes Bücherregal, ein Schreibtisch, mein Keyboard, ein paar Pflanzen und ein Teppich. Alles in hellen Holzfarben, mein Schrank, der noch aus Miami stammte war über und über beklebt mit Stickern, genau wie die Blumentöpfe, in denen jetzt eine Calathea und eine Monkey Mask wuchsen.
Die Bücher hatte ich noch nicht eingeräumt, und auch die Klamotten und mein sonstiger Kram - inklusive der übrig gebliebenen Dinge von Sydney - standen noch immer unberührt in den Kartons in meinem Zimmer. Zugegeben, ich hatte auch nicht vor, Sydneys Sachen in nächster Zeit überhaupt anzurühren.
Allerdings hatte ich mich gestern in einem Anflug von Nostalgie dazu überwunden, den Traumfänger mit den bunten Perlen, den meine Schwester mir zu unserem 7. Geburtstag geschenkt hatte, vor die bodentiefen Fenster an der Ostseite zu hängen. Befestigt hatte ich ihn an der Vorhangstange der cremefarbenen, ausladenden Vorhänge, die mein Zimmer morgens und vormittags vor dem Einfall von aufdringlichen Sonnenstrahlen schützten.
"Guten Morgen", sagte ich, und schickte ein vorsichtiges Lächeln hinterher. Unser Eltern-Kind-Verhältnis lag in Scherben, weshalb ich mich in guten Momenten mit kleinen Gesten näher zu ihnen wagte, und in schlechten Momenten kein Wort mit ihnen wechselte, wie am Tag unserer Ankunft, hier in Riverlake, Florida.
Mom lächelte sanft zurück. Sie ging jedes Mal auf meine Annäherungsversuche ein, wie Dad auch.
"Sag mal, weißt du schon wie lang du heute Schule hast?" Dad legte seinen Blick auf mich, hob aber den Kopf nicht an, sondern trank lieber weiter Kaffee.
Oh Fuck.
Sag doch sowas nicht.Meine Laune sank sofort vom Dach in den zweiten Stock. Mom merkte es, und warf Dad einen teils vorwurfsvollen, teils warnenden Blick zu.
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Still Waters Run Deep
Teen FictionLiam schwieg eine Weile und biss sich nachdenklich auf die Unterlippe. "Warum der Namenswechsel?", wollte er schließlich wissen. "Mit dem Namen Samantha habe ich viel Scheiße durchgemacht. Ich denke ich wollte ein Kapitel abschließen und ein neues...