Kapitel 10

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Sam

Murrend rieb ich mir über die linke Hand, beziehungsweise den Verband, der diese umschloss und ärgerte mich ein weiteres Mal darüber, vorhin in Aris hineingelaufen zu sein.

Charly wuselte um mich herum, schnüffelte an den Klamotten auf dem Boden und den offenen Kartons und schmiss sich in einen Haufen Socken, die ich nicht zusammengelegt hatte.

Wortlos hob ich den kleinen Hund hoch, stand auf und setzte ihn demonstrativ vor die Zimmertür.

Charly blickte mich kurz überrascht an, wedelte dann mit ihrem Schwanz und verschwand die Treppe hinab nach unten.

Tschüss und auf Wiedersehen.

Frustriert ging ich zurück zu der Ansammlung von halb ausgepackten Kartons und sonstigem Krimskrams aus Miami, den ich eigentlich hatte ausräumen wollen.

Stattdessen nervte mich das Ganze und meine Hand schmerzte.

Außerdem tat es weh.

Zwischen lauter belanglosen Dingen tauchten nämlich hin und wieder Sachen auf, mit denen ich mich seit Monaten nicht beschäftigt hatte.

Ein nachtblaues Kleid, das Sydney und ich wochenlang angeschmachtet hatten, bis Mom es uns gekauft hatte.

Syd's und mein ältestes Kuscheltier, zwei Koalas die man mittels Klettverschlüssen aneinanderhängen konnte - ich hatte es bis jetzt nicht übers Herz gebracht die beiden wegzuschmeißen.

Jedenfalls hatte ich im Moment weder genug Lust noch Motivation oder Nerven, um das Zeug ins neue Zimmer einzuräumen.

Das Zimmer würde sowieso noch brauchen, bis es meins war.

Dieses Haus fühlte sich fremd an.

Ich wusste nicht, woher die Schramme auf dem Boden und die Delle in der Wand kamen.

Keine Ahnung, welche Bodendiele knarzte und wo das beste Versteck war.

Zuhause - und damit meinte ich Miami - hatte ich so etwas gewusst.

Die Druckstelle auf der Treppe stammte von Sydneys erster eigener Pflanze für ihr Zimmer, die uns auf dem Weg nach oben aus den Händen gerutscht war.

Die glänzenden Stellen an meiner Zimmerwand hatte ich mit vier Jahren verursacht, als ich ein selbstgemaltes Bild mit Heißkleber an der Wand aufhängen wollte.

Und die Schuld für den Riss im Spiegel des Badezimmers trug Dad, er hatte die Ecke des Spiegels zwei Tage nach der Lieferung angehauen.

Aber hier in Riverlake war alles neu, steril und nichtssagend.

"Ich muss hier raus", murmelte ich zu mir selbst, erhob mich, riss die Tür auf und eilte die Treppen bis ins Erdgeschoss hinab, wo mich Dad und Charly empfingen - mein Vater bereits in Schuhen und mit Tasche.

Die Praxis, schoss es mir durch den Kopf.

Dad wollte mit uns in seine neue Praxis.

Aber das schaffte ich heute nicht mehr.

Es war zu viel passiert.

Die neue Schule.

Josefine, Jeremy und Josh.

Miss Clooney.

Die Cafeteria.

Aris.

"Wo ist Mom?"

Dads dunkle Augen richteten sich mit traurigem Blick auf meine Gestalt.

Ich wusste, dass ich nicht die Einzige war, die andauernd Sydney in meinen Zügen sah.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Mar 23, 2022 ⏰

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