Kapitel 7

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Aris
Die Cafeteria war brechend voll - wie immer.

Riverlake war zwar nicht übermäßig groß, allerdings lebten hier weitaus mehr junge Leute als alte und viele Kids kamen aus den Nachbarstädten, weil unsere Highschool teilweise wirklich besser war, als die dortigen.

Ich war relativ spät dran, sodass ich entsprechend schnell mein Essen holen konnte, und nicht mindestens zehn Minuten anstehen musste wie sonst.

Mit meinem Tablett samt Salat, Orangensaft und Nudeln bahnte ich mir einen Weg durch die voll besetzten Tische und strebte auf den hintersten zu, an dem ich immer saß.

Ich setzte mich und wollte gerade anfangen zu essen, als das blonde Mädchen mein Aufsehen erregte.

Sie stand - ein bisschen verloren - in der Mitte des Saals und suchte anscheinend nach einem Sitzplatz.

Ich wollte aufstehen, und ihr einen Platz an meinem beinahe leeren Tisch anbieten, aber ein paar andere Schüler waren schneller, und auf den zweiten Blick wusste ich auch, wer das Mädchen jetzt an seinen Tisch entführte.

Es war Josefine, und am Tisch warteten bereits Josh und Jeremy, beide mit Tabletts, vollgestellt bis zum Gehtnichtmehr.

Also widmete ich mich wieder meiner Pasta und studierte nebenbei meinen Stundenplan.

Großartig.

Ich hatte am ersten Schultag drei Kurse verpasst.

Den Zeichenkurs, Mathe und eine Englisch Doppelstunde.

Als Mum mich heute Morgen völlig aufgelöst angerufen hatte, dachte ich schon, irgendwer wäre gestorben. Das eigentliche Problem war aber nur, dass Ally in der Schule einen Konflikt hatte, meine Mutter von der Direktorin angerufen worden war, diese ihr sagte, sie müsse Ally umgehend abholen und Mum aber eine Ganztagsschicht im Krankenhaus der Nachbarstadt hatte.

Also musste ich los, meine Schwester abholen, mit der Direktorin reden, meine Schwester nach Hause bringen und anschließend wieder zur Schule rennen, um wenigstens die fünfte und sechste Stunde da zu sein.

Ally war sechs, und grade in die erste Klasse gekommen.

Sie war frühreif, ausgesprochen intelligent und übermäßig sensibel.

Abgesehen davon war meine kleine Schwester eine Pferdeflüsterin - und zwar so richtig.

Fragt sie, was ihr Hobby war, oder wer ihre beste Freundin, die Antwort würde immer Jacky lauten.

Jacky war das Pflegepony, das Ally seit ihrem fünften Lebensjahr besaß.

Das schwarze Pony war als Problempony auf die Ranch gekommen, niemand hatte Kontrolle über das Tier, geschweige denn eine tiefere Bindung zu ihm.

Tja, und dann kam meine Schwester, und drei Monate später waren die beiden wie Pech und Schwefel.

Auch ich hatte ein Pflegepferd, sein Name war Lancelot.

Er war ebenfalls als ein Problempferd auf Lolas Ranch gekommen, aber seit ich mich um ihn kümmerte wurde er immer umgänglicher.

Lolas Ranch nahm viele Problempferde auf, die sonst im Schlachthof landen würden.

Ich verstand nicht, wie man Tiere mit Gefühlen so erbarmungslos umbringen konnte, wie wir Menschen es taten.

Genau deshalb aß ich seit mittlerweile fast drei Jahren kein Fleisch mehr - und vermissen tat ich es auch nicht.

Meine Gedanken wanderten zu meiner imaginären To-Do-Liste, die - zu meinem Pech - noch mindestens zehn Punkte aufwies.

Ich musste unter anderem heute Abend mit Ally zur Ranch und die Ställe ausmisten, meine Hausaufgaben erledigen, einkaufen gehen und auf Liam's Mail antworten.

Wir schrieben uns eigentlich täglich, und obwohl ich normalerweise nicht begeistert von Fernbeziehungen jeglicher Art war, funktionierte unsere Freundschaft auch auf mehrere hundert Kilometer Entfernung.

Ich kratzte die letzten Nudeln auf meinem Teller zusammen und stand mit meinem Tablett auf, um dann fünf Meter weiter von einer Person angerannt zu werden.

Etwas fiel scheppernd zu Boden, und als ich erschrocken meinen Blick hob, traf ich auf die sturmblauen Augen des Mädchens von heute Morgen.

Still Waters Run DeepWo Geschichten leben. Entdecke jetzt