Kapitel 8

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Sam
Aris.

Schon wieder.

Dieser Typ lief mir auch immer in den unpraktischsten Momenten über den Weg.

Wortwörtlich.

Leise fluchend begann ich, die auf dem Boden verteilten Scherben auf das Tablett zu legen und versuchte dabei, meinem Hindernis nicht ins Gesicht zu schauen.

Aber Aris stellte sein Tablett auf dem nächsten Tisch ab, schenkte den Schaulustigen einen scharfen Blick und ging dann auf die Knie um mir zu helfen.

Ich schwieg eisern, allein weil ich mir nicht sicher war, wie er mir gegenüber empfand seit ich ihn heute Morgen so hatte abblocken lassen.

"Hey, mach mal langsam du tust Dir noch weh", durchbrach Aris den Bann meiner rasenden Gedanken und machte mir bewusst, wie hektisch ich die Scherben mittlerweile einsammelte und geradezu auf einen Haufen schmiss.

Ich öffnete meinem Mund, um ihm zu versichern, dass ich mich schon nicht verletzen würde, stattdessen stieß ich einen Fluch aus, denn eine Scherbe hatte meine Haut tatsächlich geschnitten.

Ein scharfer Schmerz zog sich durch meine Hand und ich schloss kurz die Augen, um meine Konzentration zu sammeln und auf etwas anderes als das unangenehme Pochen in meiner Handfläche zu richten.

Klar, es war allen bekannt, das erste Schultage die reinste Hölle waren, und ich hatte damit auch schon einige eigene Erfahrungen gemacht, aber so katastrophal war bisher tatsächlich noch keiner verlaufen.

"Siehst du", sagte Aris kopfschüttelnd und sah mich mich mit einem Ich-habe-dich-gewarnt-Blick an.

Sanft umfasste er meine Handgelenke und zog leicht daran, sodass wir gemeinsam aufstanden.

Josefine kam mit zusammengezogenen Brauen zu uns: "Alles okay?"

Bis eben hatte sie noch an dem Tisch gesessen und sich mit Josh und Jeremy unterhalten, doch anscheinend hatte sie gesehen, was passiert war.

Offensichtlich war sie nicht die Einzige, denn mittlerweile lugten viele Schüler der umstehenden Tische zu uns herüber.

Getuschel hinter vorgehaltener Hand drang an mein Ohr, gemischt mit Besteck, das auf den billigen Tellern kratzte und Schuhsohlen, die auf dem Boden klackerten.

Mein Kopf dröhnte.

Aris schenkte Josefine nur einen kurzen Blick.

"Sie hat sich geschnitten. Ich bringe sie ins Hausmeisterbüro, da gibts Verbandszeug."

"Ich wollte mich eigentlich noch kurz mit Nick treffen, aber ich kann auch mitkommen, wenn du willst, Sam", bot das Mädchen besorgt an, ihr Blick huschte zwischen der roten Verletzung an meiner Hand, meinem und Aris' Gesicht hin und her.

Ich glaubte Aris leise "Sam" murmeln zu hören, tat es aber als Einbildung ab und antwortete meiner neuen...Freundin?

"Geh ruhig. Ich bin schon groß", meinte ich, setzte ein mühsam zustande gebrachtes Lächeln auf und zwinkerte ihr zu.

Zugegeben, ich überraschte mich damit selbst, aber Josefine sah belustigt aus, also merkte ich mir, dass kleine Mimik zwischenmenschlichen Beziehungen wohl guttat.

Wie gesagt, meine letzte Freundschaft war Monate her.

"Gut, dann bis später", verabschiedete Josefine sich und nickte Aris dankend zu.

Dieser wendete sich wieder mir zu und betrachtete meine verletzte Hand - zum Glück war es die Rechte, dann konnte ich noch schreiben und fotografieren - eingehend.

Still Waters Run DeepWo Geschichten leben. Entdecke jetzt