Kapitel 2

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Aris

Ein kleiner Hund sprang erfreut bellend auf Cassie, Aimee und Ben zu.

Überrascht drehte ich mich um.

Dort stand ein hochgewachsenes, schlankes Mädchen, barfuß, in einer kurzen Jeanshose und einem ausgeblichenen, übergroßen Shirt. Um ihren Hals trug sie ein dunkles Lederband mit einem schwarzen Turmalin daran. In ihrer Hand hielt sie eine große Kamera.

Was mich aber am meisten faszinierte, war ihre Ausstrahlung. Sie mochte vielleicht äußerlich wie ein ganz normales Mädchen wirken, aber ihre Augen, ihre verkrampften Hände und ihre zusammengezogenen Schultern erzählten eine ganz andere Geschichte.

Sie zeigte keine Regung. Bewegte sich nicht, sagte nichts.

Ihre Gesichtszüge waren gezeichnet von Trauer und Verlust, den sie offensichtlich hinter Mauern versteckte, die so hoch zu sein schienen, dass nicht einmal sie selbst hinüber spähen konnte; und damit auch nicht mit ihren Gefühlen klar kam.

Okay, okay.

Ich zog schon wieder dieses Therapeuten-Ding ab.

Ich wusste es ja.

Vielleicht war sie auch einfach müde.

Oder ich täuschte mich.

Es reicht jetzt. Schluss, aus. Hör auf darüber nachzudenken, du hast genug eigene Probleme am Hals. Ihre kannst du nicht auch noch gebrauchen.

Ich schüttelte meinen nachdenklichen Gesichtsausdruck ab, wurde aber das Gefühl nicht los, dass es ihr wirklich nicht gut ging.

Noch immer machte sie keine Anstalten, herzukommen.

Da sie aber auch nicht so wirkte, als wollte sie angesprochen werden, hielt ich die Klappe und hielt lieber ihrem kleinen Hund die Hand hin.

Er schnupperte, wedelte mit dem Schwanz und sprang dann zu Cassie, die sich leicht zum Spielen animieren ließ.

Die beiden Hunde jagten sich quer über die Wiese, rangelten und kämpften spielerisch.

Irgendwann ertönte ein schneidender Pfiff und mein Kopf zuckte zu dem Mädchen zurück.

Sie erwiderte meinen Blick nicht.

Der kleine Hund hörte auf der Stelle auf, zu spielen, lief zu ihr und setzte sich neben ihre Füße.

Wow, der Kleine war gut erzogen.

Das Mädchen zögerte, ihr Blick zuckte unsicher von mir zu meinen Hunden und zum Ausgang des Parks.

Schließlich verzog sie die Lippen zu einem mitleidswürdigen Lächeln, drehte sich dann um und verschwand.

Still Waters Run DeepWo Geschichten leben. Entdecke jetzt