Capter 1 - Eine 'aufregende Party'

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Ich starrte auf die Wanduhr. Doch der Minutenzeiger bewegte sich viel zu langsam und Sekunden vergingen wie Minuten. Ich saß im Unterricht und Miss Ackland, meine Geografie-Lehrerin labberte irgendetwas von Hauptstädten, Metropolen und Peripherien. Langweilig.

Ich blickte aus dem Fenster, dabei wurde mein Kopf von meinem Handballen gestützt.

Meine Augenlider wurden auch immer schwerer. Die Müdigkeit übernahm mich fast, doch ich zwang mich dazu nicht einzuschlafen. Heute Nacht hatte ich, wie in so vielen Nächten zuvor, kein Auge zubekommen. Die Erinnerung quält mich bis in die Morgenstunden und sogar im Tagtraum. Es war kein ‚schlimmes‘ oder grausames Erlebnis. Natürlich war es schlimm, doch ich meine damit, dass kein Blut vorkam oder sonstiges.

 Es ist jetzt schon 6 Jahre aus, aber ich weiß noch alles so genau,  als wäre  es gestern gewesen. Jedes Mal im Schlaf oder ich nur körperlich anwesend bin, also in meinen Tagträumen versunken bin, zucke ich zusammen, wenn ein Schuss ertönt und darauf zittere ich extrem.

Niemand, außer meiner Mutter, weiß es. Wenn ich darauf angesprochen werde, sage ich immer nur: ‚Mir ist kalt.‘ ‚Ich habe geniest.‘ Oder sonstiges. Keiner hat weiter nach gefragt. Nicht einmal meine beste Freundin weiß es. Nicht weil ich ihr nicht vertraue, nein, ich liebe sie über alles, sondern da man an der Vergangenheit ohnehin nichts verändern kann.

Hinter dem Fenster ist ein kleiner Wald. Ein paar Dutzend Nadelbäume wachsen aus dem braunen erdigen Boden. Ich beobachte ein schokoladenbraunes Eichhörnchen dabei, wie es hinaufklettert. Als es an der Baumkrone ankam, knabberte es an einem Ast. Ich musste schmunzeln. Eichhörnen und überhaupt Nagetiere sind einfach zuckersüß.

„Madison. Die Hauptstadt von den Philippinen?“ Mein Blick war noch immer auf den Baum gerichtet, da ich es nicht gehört habe.

„Madison?“ Ich reagierte immer noch nicht. Miss Ackland nahm einen Stapel ihrer Bücher vom Lehrertisch und beförderte ihn in meine Richtung. Sie ließ den Stapel  dicker Bücher auf meinem Tisch fallen. Es machte einen lauten Knall. Meinen Blick riss ich ruckartig vom Eichhörnchen und ich schaute verängstigt in das Gesicht meiner Lehrerin.

Gänsehaut breitete sich über den ganzen Körper aus. Schon begann ich zu zittern. Das gibt es doch nicht? Es kann sich doch gar nicht angehört haben wie der Schuss, den Vater umbracht hatte. So laut kann das doch gar nicht gewesen sein, oder?

Seit meinem 14. Lebensjahr stelle ich Nachforschungen bezüglich dem Tod meines Vaters an. Tomate, ich nenne ihn noch immer so, jetzt aber absichtlich, hat mir alles erzählt, was er weiß. Zu dieser Zeit war er oft bei uns und hat uns getröstet, doch dies nahm immer mehr ab. Jetzt sehen wir, meine Mutter und ich,  uns vielleicht einmal im Jahr, wenn überhaupt. Denn er ist vor zwei Jahren mit seiner Frau und seinen Kindern ausgewandert.

Da er selber dabei war, sollte es der Wahrheit entsprechen. Ich habe ihn so lange genervt, bis er es mir endlich gesagt hat. Nach seinen Erzählungen zu Folge war es die zweite Kugel, die meinen geliebten Dad umbrachte.

Ich spüre, wie sich meine Augen mit salziger Flüssigkeit, Tränen, füllten, doch kann sie rechtzeitig vor dem Überlaufen verhindern.

„Geh an die Tafel! Du machst jetzt eine Wiederholung der ganzen Stunde und zwar schriftlich“, bestrafte mich meine strenge Lehrerin für meine geringe Konzentration.

„Ja, Miss Ackland“, gab ich mich geschlagen.

 Mit gesenktem Haupt stand ich auf und machte mich auf den Weg nach vorne.

„Wenn das noch einmal vorkommt, dann schicke ich dich zum Direktor, ist das klar?“, meinte sie noch. Ich nickte nur gedemütigt, da meine Kehle wie zugeschnürt war und ich bekam kein Wort heraus. Sie fragte mich Hauptstädte von Ländern ab, die ich vorher noch nie gehört habe. Ich schrieb meine Vermutungen mit krakeliger Schrift, durch meine zittrigen Händen, auf das schwarze Brett.

Betrayal Of TrustWo Geschichten leben. Entdecke jetzt