„Mad, ich würde dich jetzt wirklich gerne küssen. Wir würdest du darauf reagieren?"
Diese Wort hallten mir durch den Kopf, während ich Jaces Kopf umfasste und meine Lippen auf seine legte. Ich schloss die Augen. Jace zog mich zum Sofa im Wohnzimmer und schlussendlich auf seinen Schoss. So verweilten wir für eine Zeit. Mein Herz klopfte wie wild und Jace ging es gleich. Wir fuhren uns gegenseitig durch die Haare und genossen diesen Moment.
Es kribbelte unglaublich in meinem Bauch. Ich musste lächeln. Ich war glücklich und zwar so richtig. Der Kuss wurde intensiver. Wir verschlangen uns beinahe. Jace fuhr mit seiner Hand meine Seite entlang und ich bekam Gänsehaut.
Plötzlich wurde ich weggerissen. Nein, nicht weggedrückt. WEGGERISSEN. Jemand zog mich an meinen Haare nach hinten. Ich keuchte. „Auslassen. Au." Doch dieser jemand ließ mich nicht los. Jaces Augen weiteten sich. „Lass sie los, Drake."
„Warum sollte ich diese Schlampe loslassen? Die hüpft doch mit jedem in meinem Umkreis ins Bett. Nur nicht mit mir." Mir traten Tränen in die Augen. Wieso tat er das? Ich dachte, er liebte mich. „Drake, bitte", wimmerte ich. „Sei leise", zischte er mich bösartig an und zog noch mehr an meinen Haaren.
„Drake, beruhige dich", versuchte Jace wieder auf ihn einzureden.
„Wie gesagt, du hast mir nichts vorzuschreiben."
„Unser Vater hätte das nicht gewollt."
„Das stimmt. Er hätte es nicht gewollt, dass einem seiner Söhne das Herz gebrochen wurde und dass wegen seinem anderen Sohn." Er herrschte Stille. Niemand sagte etwas. Drake hatte Recht. Leider. Aber er konnte mich doch nicht so behandeln.
„Ich bin noch Jungfrau", quietschte ich.
„Ach, sie ist noch Jungfrau", wiedergab Drake meine Aussage belustigt, „Natürlich und ich bin Lady Gaga."
„Drake. Was habe ICH falsch gemacht? Du warst derjenige, der mich verletzt hat. Du warst derjenige, der sich wie ein Arsch verhalten hat. Und ich? Ich habe dir verziehen, aber jetzt ist es aus. Jace mag mich im Gegensatz zu dir wirklich." Angespannte Situation. Drake und Jace zogen beide scharf die Luft ein.
Der Zug an meinen Haare ließ nach und Drake trat vor mich. Ich kniete am Boden. Doch das wurde mir unangenehm und ich stand auf. Meine Augen waren immer noch feucht. Auch meine Backen.
Ich sah Drake an. „Du denkst, ich mag dich nicht?", wisperte Drake, „Ich liebe dich."
„Warum hast du das dann alles gemacht?"
Drakes Miene schwankte wieder zu kalt. „Werdet doch glücklich", zischte er und ging.
Als er draußen war, brach ich auf meinen Knien und dann komplett zusammen. Ich weinte. Ich schniefte. Ich war hysterisch. Jeder Atemzug schmerzte. Mein ganzer Körper nahm eine Leere an. Ich hatte keine Möglichkeit irgendetwas zu beeinflussen. Ich war fertig. Ich konnte nicht mehr.
Jace kam zu mir, legte meinen Kopf in seinen Schoss und strich beruhigend über meinen Kopf und meinen Rücken. Ich wusste nicht, was mich mehr traf. Dass ich mich Drake komplett getäuscht hatte oder dass ich wieder einen Menschen in meinem Leben verloren hatte und dieses Mal komplett wie es schien.
Ich blinzelte. Licht. Ich schloss wieder meine Augen und dreht mich um. Meine Decke zog ich bis über mein Kinn. Doch ich konnte nicht mehr schlafen. Ich öffnete die Augen und schlug die Decke zur Seite. Meine Finger fuhren über mein Gesicht. Auf meinen Backen waren eingetrocknete Tränen. Ich hatte Drake verloren, schoss es mir in den Kopf. Doch ich verwarf den Gedanken schnell wieder, ich wollte nicht wieder heulen. Meine nackten Füße berührten den Boden. Erst Holz, dann Teppich. Ich schritt weiter. Ich fühlte mich federleicht. Ich tapste an dem Klavier vorbei. Ich war in Jaces Zimmer. Die Fingerspitzen strichen über die Oberfläche des schwarzen Flügels. Ich setzte mich auf den Hocker und klappte die Tasten auf. Zaghaft begann ich zu spielen bis ich mich wieder vollkommen in dem Stück verlor. Meine Augen waren wie immer geschlossen. Als das Stück zu Ende war, schlich ich langsam hinunter in die Küche. Beim Esszimmertisch saßen Drake und Jace. Sie schwiegen und sahen aneinander vorbei.
„Gute Morgen", machte ich auf mich aufmerksam. Ich wusste nicht warum, aber ich war ruhig. Alles nahm ich auf die leichte Schulter. Ich tänzelte zum Tisch und lächelte.
„Morgen", kam es von Jace. Er sah mich kurz an, seine Mundwinkel zuckten. Dann nippte er an seiner Tasse. Drake ignorierte mich.
Die Sonne schien durch die großen Fenster herein. Alles war hell und leicht gelblich. „Alles okay mit dir?", erkundigte sich Jace nach meinem Wohlergehen. Er war sichtlich perplex, da ich gut gelaunt war. Ich grinste. „Ist heute nicht ein wundervoller Tag? Es ist so schön draußen. Ich möchte in den Tiergarten." Ich kicherte wie eine 9-Jährige.
Auch Drake sah nun auf und zog seine Augenbrauen zusammen. Falten bildeten sich über seiner Nase. „Du siehst grimmig aus", quietschte ich weiter und lachte lauthals. Die beiden waren geschockt über mein Verhalten.
„Geht es dir gut?" Jace machte sich wirklich Sorgen. Er war so süß. Ich sprang auf einem Fuß zu ihm, drückte einen Schmatzer auf seine Wange. Ich kicherte wieder. „Hast du gesehen, Drake? Wir haben uns lieb. Hihi. Und dich habe ich nicht mehr lieb."
„Mad, ich denke du solltest wieder ins Bett." Jace war aufgestanden und wollte mich aus dem Raum ziehen. „Aber es doch so ein schöner Tag", versuchte ich mich herauszureden. Er gab aber nicht nach und so musste ich wieder schlafen gehen. Als er nach draußen verschwand, deckte ich mich wieder ab und folgte ihm.
„Drake? Siehst du, was du mit ihr gemacht hast?" Jace klang besorgt.
„Ich habe nichts gemacht", blieb Drake standhaft.
„Ihr dürft euch nicht streiten. Ich müsst euch liebhaben", gluckste ich. Meine Beine liefen wie von selbst zu ihnen und ich umarmte beide gleichzeitig. Den beiden war das unangenehm und sie lösten sich.
„Was tust du wieder hier? Ich dachte, du schläfst." Ich sah ertappt auf den Boden. Tränen sammelten sich in meinen Augen. „Tut mir leid", schniefte ich. Ich setzte mich nieder und vergrub mein Gesicht hinter meinen Händen.
„Mad, so war das nicht gemeint. Ich habe nur gedacht.."
Drake beobachtete das Geschehen angestrengt. Was war mit mir los? Warum hatte ich solche Stimmungsschwankungen und benahm mich wie ein kleines Kind?
Ich stand abrupt auf und rannte in Jaces Zimmer. Meine Hand griff nach meiner Tasche und die anderen half den Füßen beim Schuhe anziehen. Jace kam nachgerannt. „Was machst du?"
„Ich sollte jetzt besser nach Hause gehen", verkündete ich monoton.
„Soll ich dich.." Ich unterbrach ihn schroff: „Nein, ich gehe selbst. Ich muss nachdenken."
Ich stapfte an Drake vorbei. Er kratzte sich unsicher hinter seinem rechten Ohr. „Mad, es tut mir.."
Ich schmiss die Türe hinter mir zu.
Zuhause rief ich: „Hey, Mum. Ich geh ins Bett, ich habe Kopfschmerzen." Sie antwortete mir besorgt: „Okay. Willst du eine Schmerztablette oder etwas zu trinken?" „Nein danke, ich brauche nur meine Ruhe." Und diese brauchte ich wirklich.
Warum benahm ich mich so? Wollte sich Drake etwa wirklich entschuldigen? Weshalb war er heute wieder so anders als gestern oder auch vorgestern? Ich wurde nicht schlau aus ihm. Was war das eigentlich gestern mit Jace? Wir hatten uns geküsst. Ich mochte mich. Er hatte gesagt, Mason würde mich auch mögen. Warum? Was war so toll an mir? Eigentlich nichts. Ich war nicht besonderes hübsch. Ich war nicht die Witzigste. Mein Körper war nicht perfekt. Warum also ich? Ich bin nur zerbrechlich, mehr nicht.
Meine Augen wurden schwerer. Entfliehen. Entfliehen von diesen Gedanken und Minderwertigkeitskomplexen.
Die nächsten Tage und Wochen verliefen gleich. Jede Nacht kämpfte ich um Schlaf, der immer unruhig war. Am Tag versuchte ich im Unterricht aufzupassen und Drake aus dem Weg zu gehen. Luzie war überfürsorglich und behandelte mich wie ihre eigene Tochter. Meine Mutter verhielt sich genauso. Jace hatte ein paar Mal angerufen, ich aber nie abgehoben. Mason zwinkerte mir manchmal am Gang zu. Im Großen und Ganzen lief nichts so wie es sollte.
„Mad, da ist jemand für dich an der Türe." Ich lief die Treppen hinunter und riss die Türe auf.
„Hey." Der Grünäugige fuhr sich nervös durch die Haare. „Hi, Jace."
Er lehnte sich langsam zu mir, um sicher zu gehen, dass es mir recht war. Ich überbrückte den Abstand und drückte meine sehnsüchtig an seine Lippen.
„Wollt ihr etwas.. oh tut mir leid. Bin schon weg", meinte meine Mutter. Ich musste in den Kuss lächeln. Jace auch. Kurz war wieder alles in Ordnung.
Wir lösten und von einander. Jace kam herein, zog sich seine Schuhe aus, hängte die Jacke auf und kam mit mir in das Esszimmer. Ich wollte ihn meiner Mutter vorstellen.
„Wie geht es dir?", erkundigte sich Jace und legte seine Hand auf meine Taille. Gänsehaut.
„Besser, dir?" „Warum hast du dich nicht gemeldet?" „Ich brauchte Zeit." „Brauchtest du Zeit oder brauchst du?" „Ich brauchte." Ich küsste ihn kurz auf die Wange.
„Mum? Das ist Jace. Mein.. ahm." „Ihr Freund", ergänzte er grinsend und knuffte mich in die Backe. Ich schaute mit glitzernden Augen zu ihm.
„Ach, ist das süß. Wollt ihr Kuchen und Kaffee?" Wir willigten ein.
Meiner Mutter hatte ich nicht viel erzählt. Nur dass Drake und ich nicht mehr zusammen wären und ich eventuell einen neuen Freund hätte. Sie wusste, dass ich nicht gerne darüber redete, also ließ sich mich in Frieden.
„Und was machst du so? Gehst du noch zur Schule?", fragte Mama meinen FREUND aus. Wie schön sich das anhörte. Kurz dachte ich an Drake. Aber nur ganz kurz.
„Nein, ich mache im Moment eine Ausbildung zum Mechatroniker." Mir fiel auf, dass ich fast gar nichts von ihm wusste.
„Wie nett. Wie alt bist du noch einmal?" „18, fast 19."
So ging es die ganze Zeit dahin und um drei Uhr meinte Jace auf einmal, dass wir noch etwas zu erledigen hätten. „Was denn?", wollte ich neugierig wissen.
„Das wirst du schon sehen", hatte er vergnügt gemeint und meiner Mutter verschwörerisch zu gegrinst. Sie war eingeweiht? Mama gab ihn ein rechteckiges Tuch. Jace verband mir die Augen. „Wohin geht es?" Er ignorierte mich. „Auf Wiedersehen, Kim." Sie duzten sich. Was hatte ich verpasst?
„Tschau, Mama." „Bis bald, Schätzchen." Bis bald? Wie lange würde ich weg sein? „Was? Brauche ich den keine Sachen? Hallo?", quengelte ich. „Ich habe alles organisiert und somit habe ich an alles, wirklich alles gedacht", flüsterte Jace in mein Ohr. Ich bekam eine Gänsehaut und lächelte.
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Betrayal Of Trust
Teen Fiction~~ „Wisst ihr", beginnt mein alkoholisierter Freund gerade zu reden, „Jace und ich sind nicht die Einzigen, die jemandem an diesem einen Tag verloren haben." Ich reiße meine Augen auf. Er würde doch nicht? „Was meinst du, Drake?", forscht Jace beunr...