Perfect timing , bro

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Kai

„The nights were mainly made for saying things that you can't say tomorrow day."
- Arctic Monkeys

Essen gehen mit Julian Brandt? Vor ein paar Wochen noch undenkbar, weil ich ihn wirklich gehasst habe. Heute ist es einfach nur eine dumme Idee, weil ich vor weniger als einer Stunde noch meine Zunge in seinem Mund hatte. Was offiziell nie passiert ist. Hör auf daran zu denken, Kai.
Wieso habe ich nur zugestimmt mit ihm essen zu gehen? Nicht nur das, ich habe sogar darauf bestanden.
Gott, wenn ich nur daran denke, schlägt mein Herz mir bis zum Hals. Dieser Mann macht mich wahnsinnig. Als wir so da standen in dieser Abstellkammer. Sein muskulöser Körper eng an meinem. Dieser unfassbare Geruch, der mich vollkommen umgab. Er roch nicht stark nach Parfüm oder Aftershave, sondern einfach nach ihm. Er hat einen so guten Eigengeruch, dass ich mich zusammenreißen musste, um nicht super auffällig an ihm zu riechen. Unsere beschleunigten Herzschläge und seine Blicke. Ich konnte nicht anders, als mehr von ihm zu wollen. Bei der Erinnerung daran, spüre ich wie ich schon wieder hart werde. Seine Küsse, seine Hände an meinem Körper und sein harter Schwanz an meinem. Ich kann nicht aufhören daran zu denken.
Was ist nur mit mir los?
Noch vor ein paar Wochen habe ich diesen Man verabscheut. Jetzt würde ich alles dafür geben seine Lippen wieder auf meinen zu spüren. Gibt es an der Uni eigentlich Regeln, die das verbieten?
Selbst wenn, sie sind mir grade egal.
Meine Gedanken drehen sich nur noch um Jule und wie er es mir wohl besorgen könnte. Ich muss an etwas anderes denken, aber an was?
Fuck, wann habe ich bitte angefangen solche Gefühle für ihn zu entwickeln? Für einen Mann. Das ist alles so neu und so... heiß. So viel heißer als bei all meinen vorherigen Erfahrungen mit Frauen. Ich weiß, dass das nie wieder passieren sollte, aber ich kann nicht anders als an Julians Lippen zu denken.
Ich muss das schnell unterbinden. Das kann nicht passieren. Das darf nicht passieren.
Er ist auch noch mein Dozent und mein Trainer und älter als ich. Und es gibt so viele Gründe, die dagegensprechen. So viele...

„Hallo? Erde an Kai. Bist du noch da?", fragt Timo mich belustigt.
Ich schüttle den Kopf, um die Gedanken an den hübschen blonden loszuwerden. Ich stehe wie paralysierten meinem Zimmer und schaue meinen Mitbewohner verwirrt an. Er deutet mit dem Daumen ins Wohnzimmer.
„Wolltest du nicht nur dein Handy holen und dann noch ne Runde spielen?"
Ah, das habe ich hier gesucht. Ich nicke kurz und folge ihm zurück zur Couch, auf der wir seit einiger Zeit irgendein neues Spiel zocken. Bevor wir gleich zum Fußballtraining müssen.
„ Sorry, Bro", murmle ich und hoffe Timo belässt es dabei. Aber wie so häufig muss dieser Typ natürlich nochmal nachhaken. Er mustert mich nachdenklich und kneift die Augen zusammen.
„Wer ist es?"
„Wer ist was?", frage ich scheinheilig nach.
„Die Frau, die dir durch den Kopf geistert."
Ich spüre, wie mir sofort die Hitze in die Wangen steigt und hasse meinen Körper für seine heftige Reaktion. Wäre es eine Frau, hätte ich sicher weniger Probleme.
„Komm schon, Kai. Dieses verträumte Glitzern in deinen Augen. Deine roten Wangen und dieses auf die Lippe beißen. Wer ist es?", fordert Timo mich zur Erklärung auf.
Ich versuche es zu überspielen und lache vielleicht etwas zu überzogen.
„Da ist niemand. Nach der Sache mit Tessa möchte ich erstmal die Finger von Frauen lassen." Ist nicht mal gelogen. Dass ich auf einen Mann stehe, muss Timo ja nicht wissen.
Dieser nickt verständnisvoll. So wie ich ihn kenne glaubt er mir trotzdem kein Wort.
„Wie wäre es dann mit einem Männerabend nach dem Training?", fragt er euphorisch.
Ich schließe die Augen für einen Moment und presse die Lippen aufeinander.
„Ich bin heute schon verabredet, sorry", erwidere ich knapp.
Die Augenbrauen des älteren schnellen nach oben.
„Mit wem?" Ich schlucke schwer und versuche keine große Sache daraus zu machen.
„Mit Jule", murmle ich. Timo springt von der Couch auf und sieht mich entgeistert an.
„Was? Du hast ein Date mit Brandt?", quietscht er. Sofort werde ich wieder rot, was das ganze sicher nicht leichter macht.
Ich schüttele den Kopf und werfe ein Kissen nach ihm.
„Nein Digga, natürlich ist es kein Date. Wir gehen nur etwas essen. Er will sich für den Kaffee revanchieren, den ich ihm bezahlt habe", erkläre ich. Timo verdreht die Augen.
„Na klar. Du gehst mit dem heißesten Dozenten, der Uni, mit dem du seit Wochen jede freie Sekunde verbringst, essen und das rein platonisch, ja? Wen willst du hier verarschen, Havy?", lacht er. Ich strecke ihm die Zunge raus.
„Nicht jeder findet ihn so unglaublich großartig wie du", gebe ich lachend zurück. Timo sieht mich vielsagend an. Er hat meine kleine Lüge sofort bemerkt. Wie kann er mich nur immer so durchschauen?
„Was ziehst du an? Wie viel Zeit haben wir?", fragt mein Mitbewohner und zieht mich an meiner Hand auf die Füße.
„Wir wollen direkt nach dem Training los, glaube ich."
„Fahrt ihr zusammen?", fragt er begeistert.
Ich zucke mit den Schultern.
„Keine Ahnung, denke schon."
Timo nickt andächtig und zieht mich mit sich in mein Zimmer, zu meinem Kleiderschrank.
„Was willst du anziehen? Eher in Richtung: Scheiß-auf-die-Regeln-und-besorgs-mir-Julian oder eher Das-hier-ist-rein-professionell-Herr Brandt?", fragt er und öffnet meinen Kleiderschrank. Ich mache große Augen und starre ihn schockiert an. Das kann doch nicht sein Ernst sein. Hat er das grade wirklich gesagt?
„Was? Hast du so viel Angst vor den Regeln?", fragt er belustigt. 
„Es gibt Regeln in diese Richtung?"
Timo prustet los uns schüttelt sich vor Lachen. „Natürlich gibt es Regeln. Wir sind hier an der Universität Dortmund. Dozenten und Studenten dürfen nichts miteinander anfangen. Schon gar nicht, wenn sie in einem Verhältnis zueinanderstehen, wo der eine Macht über den anderen hat", erklärt der kleinere mir.
„Aber ich schätze das zeigt, dass du darüber nachgedacht hast", fügt er kichernd hinzu.
Drüber nachgedacht? Ich habe es mir vor heute schon unzählige Male vorgestellt. Mir ausgemalt, wie es wohl wäre seine Lippen zu küssen mich an ihn zu schmiegen und an diverse andere Dinge, die dieser Mann mit mir anstellen könnte. Nachdem wir in diesem Raum rumgemacht haben, weiß ich, dass all meine Vorstellungskraft nicht gereicht hat für diese Gefühle, die Julian in mir ausgelöst hat.
„Vielleicht ein oder zweimal", erwidere ich.
Er nickt und sieht mich ermutigend lächelnd an.
„Du hättest mir ruhig sagen können, dass du bi bist, Kai. Ich habe kein Problem damit. Niemand hier hat ein Problem damit. Die Menschen an der Uni sind meist weitaus offener als in der "normalen" Gesellschaft", erklärt er mir.
„Ich weiß nicht, was ich bin", nuschle ich.
Weiß ich wirklich nicht. Ich stehe doch nicht auf Männer. Habe ich nie... Aber bei Julian ist es irgendwie was anderes.
„Oh, okay. Dann nimm dir Zeit das herauszufinden. Wenn du reden willst, ich bin für dich da und Paula sicher auch, die ist übrigens selbst bi. Also kann sie dir bestimmt einen Rat geben", erklärt er verständnisvoll.
„Danke, wirklich."
Timo reicht mir diverse Sachen und stellt irgendwelche Outfits zusammen. Am Ende stecke ich in einem blauen Hemd, dass laut Paula, die irgendwann dazugekommen ist, meine Augen zur Geltung bringt und meiner engen schwarzen Jeans. Ich bin den beiden wirklich dankbar, aber lasse es mir nicht so richtig anmerken. Ich will nicht, dass irgendjemand weiß, wie wichtig mir dieses Treffen ist und wie gern ich Julian mag. Wenig später müssen wir uns sowieso schon auf den Weg zum Training machen.

Forbidden Desire - BravertzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt