Julian
„Thoughts are the shadows of our feelings - always darker, emptier, simpler."
- NietzscheEs hätte nicht klischeehafter sein können. Es ist stockdunkel, es regnet in Strömen und ich stehe in einer engen Seitengasse, an der Mauer eines Hauses gelehnt. Die Waffe vorne in der Jeans und das Messer in der Tasche meiner Lederjacke. Ich schnüre das Bandana um meinen Mund und meine Nase fester und ziehe die Kapuze meines schwarzen Hoodies tiefer in mein Gesicht. Das Schlimmste, was mir jetzt noch passieren könnte, wäre von einem Studenten erkannt zu werden. Okay oder von der fucking Polizei erwischt zu werden. Aber daran will ich jetzt lieber gar nicht denken.
Ein Mädel in einem grauen Thrasher Pullover kommt auf mich zu, die Kapuze genau wie ich tief ins Gesicht gezogen. Ich erkenne sie trotzdem in dem Lichtkegel der Hausbeleuchtung. Es ist Tessa Graf, eine meiner ehemaligen Studenten. Diese verwöhnte kleine Zicke. Ich bin froh sie nicht mehr unterrichten zu müssen.
„Hast du das Geld, man?", fragt sie bemüht möglichst cool zu klingen. Fast hätte ich verächtlich geschnaubt. Sie ist genau, so eine reiche Tussi, wie man es von ihr erwarten würde. Sie fährt einen von diesen Minis, trägt nur Markenkleidung, wohnt in einem Appartement außerhalb der Uni und denkt mit Geld kann man sich alles kaufen. Tja die Noten eben nicht, dass habe ich sie spüren lassen, als sie letztes Semester in meinem Kurs durchgefallen ist. Aber all diese Gedanken muss ich jetzt beiseite schieben. Das hier ist nicht Frau Graf meine Studentin, sondern eine fremde Tussi, die so dumm ist sich auf illegale Wettgeschäfte einzulassen.
Ich presse meinen Kiefer fest aufeinander und nicke ihr mechanisch zu, um ihr endlich auf die dämliche Frage zu antworten. Natürlich habe ich das Geld, warum sollte ich sonst hier sein?
„Erst der Einsatz für die nächste Wette", erwidere ich, wobei ich mich bemühe anders zu klingen als sonst. Graf hat mich immer so sehr verabscheut, dass sie mir mein Leben ohne zu zögern ruinieren würde, wenn sie wüsste wer da tatsächlich vor ihr steht.
Sie holt ein dickes Bündel Scheine hervor und reicht es mir. Ich zähle es durch, es sind fünfzig 100€ Scheine, genau wie es sein sollte. Ich überreiche ihr den deutlich dickeren Umschlag. Ob sie wohl all ihr Geld mit diesem Scheiß hier macht? Sie zählt das Geld durch und nickt dann. „Sag Jannis, wenn er noch Leute für die Spieler der Uni-Mannschaft braucht stehe ich zur Verfügung. Ich kann dafür sorgen, dass sie offensiv ganz schön schwach aussehen", prahlt sie. Die Wut fängt in meinen Adern an zu brodeln. Sie soll bloß meine Mannschaft in Ruhe lassen. Auch wenn ich die Jungs erst seit ein paar Tagen trainiere, sind sie mir doch ans Herz gewachsen. Außerdem sind echte Talente dabei, die genauso gut im Profibereich spielen könnten. Tessa soll sich ja fern halten. Dieses kleine Miststück. Ich muss mich zusammenreißen also nicke ich einfach und schiebe das Geld neben die 9mm Pistole in meine Jeans.
„Ach so auf Dortmund, falls das nicht klar war", meint sie nochmal auf das Geld deutend. Ich fühle mich so verdammt fehl am Platz.
Der schwarze Kapuzenpullover klebt nass an meinem Kopf. Die Lederjacke schafft es nicht wirklich die Kälte fern zu halten. Ich friere leicht und kann das Klappern meiner Zähne nur schwer unterdrücken.
„Wir sehen uns", meint sie noch bevor sie endlich abhaut. Ich atme tief durch und spüre wie die Anspannung langsam von mir abfällt. Ich warte noch ein paar Minuten, ehe ich das Bandana abnehme und in die Richtung von Jannis Wohnung laufe. Es ist zwar schon kurz nach 2, aber er besteht darauf, dass ich direkt danach zu ihm komme.
Ich klingle ein paar Mal und schaue mich mehrmals um. Die Straße ist wie leergefegt, aber kein Wunder bei der Uhrzeit und dem Regen. Ich werde einfach langsam paranoid.
Die Türverriegelung surrt und ich laufe das Treppenhaus hoch bis in den dritten Stock. Er lehnt bereits im Türrahmen und mustert mich grinsend. „Na wenn das nicht mein Lieblingsbruder ist!", ruft er lachend. Ich schubse ihn genervt zurück.
„Halt die Fresse, Jannis", knurre ich und schließe die Wohnungstür hinter uns. Es ist ein edel eingerichtetes Apartment und ich erkenne sofort Olivias Einfluss in der Dekoration und den Möbeln.
„Hast du die Kohle?" Ich schnaube und hole das Geld und die Waffe hervor. „5000€ in Hundertern" , meine ich und überreichte es ihm.
Er nickt zufrieden und steckt das Geld in seine Jeans. Die Pistole legt er auf eine Kommode im Flur. Ich seufze resigniert. Ich kann das nicht mehr machen. Der scheiß Job als Trainer ist schon schlimm genug, auch wenn ich bis jetzt noch nichts verwerfliches tun musste. Aber mein Bruder wird Sven nicht umsonst aus dem Weg geräumt haben. Ich werde meinen Part noch spielen müssen, da bin ich mir sicher.
Das muss aufhören. Jannis wird noch mein ganzes Leben ruinieren. Die Gefahr erwischt zu werden und nach dem Fußball alles zu verlieren, wofür in den letzten Monaten gearbeitet habe... Allein der Gedanke daran lässt mich die Fäuste ballen. Ich muss es noch einmal versuchen.
„Jannis, ich kann das nicht mehr machen. Ich habe meine Karriere nicht zum Spaß aufgegeben. Ich will mit diesem ganzen Scheiß nichts mehr zu tun haben. Ich fange grade an mich in der Uni wohl zu fühlen. Das kann ich nicht schon wieder verlieren. Verstehst du das?", frage ich behutsam.
Seine Augen werden kalt und hasserfüllt. Wieso bin ich auch so dumm und denke, dieser irre Spinner würde mich verstehen?
„Fick dich, Julian. Ich hatte auch ein Leben in Bremen, bevor du es zerstört hast. Du wirst dafür bezahlen, egal wie und wenn es diese kleinen Jobs sind, die dir so Angst machen, keine Sorge das war der letzte dieser Art" , schimpft er wütend.
„Nächste Woche fährst du zu einem Schiedsrichter für mich, die Details kriegst du noch." Ich schüttle langsam den Kopf und sehe zu ihm runter. „Nein. Das werde ich nicht tun" , erwidere ich mit fester Stimme. Jannis lacht sein widerlich gehässiges Lachen. Bevor ich verstehen kann, was passiert reißt er plötzlich meinen Kopf an den Haaren zurück und drückt mir seine Waffe unters Kinn.
„Ich könnte dich auch einfach umbringen, dann wäre deine Schuld genauso beglichen", zischt er.
Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, auch dann noch, als er mich schon längst wieder losgelassen und von sich weggeschubst hat.
Wie ist das hier aus ihm geworden? Bin ich schuld daran? Ich glaube nicht, dass er mich wirklich umbringen würde, aber irgendwie will ich es auch nicht herausfinden.
Ich habe jetzt auch nicht damit gerechnet, dass er klein beigeben wird, aber mit diesem extremen Hass, den er mir gegenüber hat auch nicht. Dieses verdammte Arschloch.
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Forbidden Desire - Bravertz
FanficKai fängt endlich sein Studium in Dortmund an. So lange hat er sich drauf gefreut und jetzt ist es irgendwie doch ganz anders als gedacht. Dieser bescheuerte Professor geht ihm dermaßen auf die Nerven, dass er sich gar nicht mehr auf die eine Sache...