Vorwürfe

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Alex sah auf, als die Türe zum Stockwerk aufging und Philipp hineingestürmt kam. Dabei zog er seine Jacke aus und warf sie achtlos auf seinen Schreibtisch.
„Wie sieht's aus?", fragte er im Vorbeigehen und Alex stand sofort auf. „Philipp warte!", rief sie und tatsächlich drehte sich der Angesprochene um.
„Alex, Robert geht's einigermaßen gut, wir müssen jetzt..."
„...das mein ich nicht...", deutete Alex leise an und in diesem Moment öffnete sich die Türe zum Aufenthaltsraum.
Mit verschränkten Armen und den Kopf voraus, lief Dani eiligst durch den Flur und in ihr Büro.
„Sie hat doch nicht etwa selbst der Pflegemutter gesagt...?"
Alex nickte langsam.
„Michael konnte sie nicht davon abringen. Die Mutter hat halbwegs gut reagiert, aber zuerst kamen natürlich die Vorwürfe. Bis sie dann Danis grün-blaue Gesichtshälfte und die geplatzten Äderchen im Auge hat gesehen.", erklärte Alex kurz, worauf Philipp tief durchatmete.
„Joschi weiß genau wie wir alle, dass Dani Kinder hat. Sie, du...ich denke jeder von uns Kinderlosen in der Truppe hätte so reagiert..."
„Trotzdem Philipp...", seufzte Alex und Beide blickten zur Türe, als diese erneut aufging und Michael hinauskam.
„Briefing in meinem Büro! Sofort!", sagte er knapp und Alex, sowie Philipp folgten ihn. Als Dani aufstehen und folgen wollte, wies er sie zurück.
„Du hast eine Gehirnerschütterung und bist traumatisiert! Auf keinen Fall! Bleib beim Telefon! Hoffen wir auf weitere Hinweise!", zischte Michael und Dani blieb mit einem protestierenden Stöhnen zurück.
Leicht eingeschüchtert, liefen Alex und Philipp ins Büro und Letzterer stieß die Tür hinter sich zu, nachdem Michael gestisch darum gebeten hatte.

„Micha...du kannst doch Dani jetzt nicht..."
„...tue ich auch nicht. Sie wird hier bleiben und alles nochmals durchgehen!", schnitt Michael Alex das Wort ab und dann blickte er zu Philipp. „Danke, dass du sofort gekommen bist!" Philipp nickte nur und Michael atmete tief durch.
„Wir haben die Fahndung neu formuliert rausgegeben. Wenn unsere Bonnie und Clyde gesehen werden, soll sich ja niemand nähern, sondern uns verständigen. Philipp, du wirst mit mir gemeinsam patrouillieren gehen. Wir nehmen meinen Dienstwagen! Alex, ich will dass du hier alles überwachst und auf Dani aufpasst. Ich weiß du wärst nun am liebsten auch draußen aber..."
„...ich weiß Michael. Und ich weiß es zu schätzen", schnitt nun Alex ihrem Chef das Wort ab und Michael massierte sich das Gesicht.
„Wir haben unser Küken schon schnell und innig lieb gewonnen. Ich weiß, wir wollen alle Joschi so schnell wie möglich zurück. Wir dürfen aber nicht vergessen, dass es sich hier auch um die Entführung eines Teenagers handelt, der nun höllische Angst vor seinem eigenen Vater hat!"
Alex und Philipp nickten verstanden.
„Passt aber bitte auch auf euch auf Jungs, ja? Ich will euch alle wieder hier haben!", bat Alex und Philipp ging zur Tür.
„Ich hol' nur mein Reservemagazin und die Jacke, dann können wir", teilte er Michael mit und ging wie gesagt ins Büro.
Dort öffnete er die Schublade und wollte nach dem Magazin greifen, doch dabei fiel ihm eine kleine, dunkelgrüne Stofftüte in den Blinkwinkel.

++**++

„Phips! Fang!"
Im letzten Moment und erschrocken, konnte Philipp noch die Hände ausstrecken, bevor eine kleine, dunkelgrüne Geschenktüte in seine Hände fiel.
Inzwischen hatte er sich aber an den Spitznamen, den Joschi ihm gegeben hatte, gewohnt. Als neue Büropartner, hatten sie inzwischen die eine oder andere Stichelei inne.
„Schätzchen, wir kennen uns doch erst seit ein paar Monaten", grinste Philipp und Joschi rollte mit den Augen, während sie die Jacke auszog und an der Garderobe aufhängte.
„Wenn du es nicht willst, kannst du es mir ja zurückgeben. Dann gebe ich es jemanden, dem es schätzt!", spielte Joschi beleidigt und wollte Philipp das Geschenk aus der Hand nehmen, doch dieser wich zurück.
„Nix da. Geschenkt ist geschenkt...was ist es eigentlich?"
„Weißt du noch wie ich erzählt habe, dass mein jüngerer Bruder nun seinen eigenen Schmuckladen eröffnete hat und zum Eröffungswochenende Kurse gegeben hat?"


Philipp nickte.

„Sicher, wir haben dir auch alle in Auftrag gegeben, uns etwas zu schmieden...oha! Jetzt bin ich gespannt!", kapierte Philipp sofort und öffnete die Tüte. Hervor kam eine Kette mit silbernem runden Anhänger, auf dem der Lebensbaum eingraviert war.
„Und?", fragte Joschi gespannt, da Philipp ein Pokerface aufgesetzt hatte.
„...wieso bist du Polizistin geworden?", grinste Philipp und pustete dann erstaunt aus. „Aller Achtung. Michael hat ja erzählt dass du zeichnen kannst und sehr gestalterisch bist, aber wow!"


++**++

„Philipp! Wir müssen los!", riss Michaels hallende Stimme Philipp aus seiner Trance. Sofort, öffnete Philipp das Säckchen, nahm die Kette hervor, legte sie sich an und legte sie dann unter den Pullover. Das Reservemagazin verstaute er in seinem Halfter und lief hinaus, wo er im Eingangsbereich Michael mit den Frauen sah.
Dabei konnte er nun auch Danis Gesicht erblicken. Das große Pflaster auf der Stirn konnte bei weitem nicht den ganzen Schaden abdecken. Das Jochbein war blau, grün verfärbt und die geplatzten Äderchen ließen Danis Auge feuerrot erscheinen.
„Robert?", fragte die Braunhaarige. „Unkraut, der vergeht nicht. Genauso wie Joschi", versuchte Philipp sie aufzumuntern, doch die Angesprochene rieb sich die gesunde Schläfenseite und war sichtbar bemüht, die Fassung zu bewahren.
„Kriegt diese Schweine, bitte!", sprach Alex ihren Gedanken nochmals laut aus und Michael blickte zu Dani.
„Und ihr haltet hier die Stellung und versucht alles herauszufinden, was uns helfen könnte. Verstanden?"
Dani blickte ihrem Chef in die Augen und nickte entschlossen. „Verstanden!", antwortete sie deshalb und sah mit Alex den Männern zu, wie sie dass Stockwerk verließen.

Nicht ohne meinen Sohn // K11 - die neuen Fälle // German FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt