Verlust

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Michael, Philipp und der Einsatzleiter des SEK sahen auf, als es laut knallte. Sie waren alle eigentlich am Eingangstor des Schrebergartens versammelt gewesen, um das Absuchen der Schuppen zu planen, während Alex dabei war, die SEK-Beamten in den Fall einzuweihen. Die Schusswesten waren bereits angezogen und keine Zeit sollte verschwendet werden.

„Das war ein Schuss!", stieß Philipp erschrocken aus und ignorierte alle Warnrufe von Michael und dem SEK-Leiter.

Seinen Jungspund kennend, entsicherte Michael eiligst seine Waffe und rannte Philipp hinterher, Alex Rufe ignorierenddd, der seine Pistole bereits im beidhändigen Anschlag hatte und dem Geräusch des Schusses folgte. Es führte ihn und seinen Chef direkt zu einem der ältesten Schuppen inmitten des Gartens. Die Pflanzen darum waren verwelkt, vertrocknet oder verfault. Der beißende Geruch von nassem, toten Grass drang ihnen in die Nase und Michael nickte zu Philipp, der sich hinter Michael stellte. „Streicher, Flückiger, Polizei! Kommen Sie mit erhobenen Händen aus dem Gebäude. Der Garten ist umstellt, Sie haben keine Chance!", rief Michael so laut es seine Stimmbänder erlaubten, doch es kam keine Antwort.

Philipp sah mehr als besorgt und voller Furcht auf Michael, der zurückwich und seinem jungen Kollegen zunickte. Dieser verstand sofort, nahm ein paar Schritte Anlauf und öffnete die Türe mit einem gezielten Tritt. Die Scharniere rissen aus dem morschen Holz und Holzsplitter fielen in den spärlich beleuchteten Raum, der ein Bild des Schreckens bot.

Streicher, lag ihnen zugerichtet auf dem Boden. Zwischen ihren weit aufgerissenen Augen klaffte ein Loch und aus ihrem offenen Hinterkopf floss weiterhin dunkelrotes Blut über den natursteinernen Boden. An einen der Wände saß Florian. Die angewinkelten Beine an den Körper gezogen, die Augen zusammengekniffen und die Hände über die Ohren gepresst. Der Teenager weinte bitterliche Tränen und war in einem Stadium aus Schock, Starre und Angst gefangen.

Inmitten des Raums stand Flückiger. Das Gesicht blutüberströmt, die Augen leer. Aus der Waffe, die er in den Händen hielt, qualmte es noch immer ein wenig und der ganze Körper zitterte.

„Flückiger, Waffe runter!", rief Michael und er, sowie Philipp hatten die Waffen auf ihn gerichtet.

„Ich musste es tun", flüsterte Flückiger und schüttelte mit dem Kopf. „Sie ist wahnsinnig. Sie hat mich geschlagen, gefoltert...zu Dingen gezwungen die ich nie wollte...ich konnte einfach nicht mehr...sie wollte Florian anfassen..."

Michael ging langsam auf ihn zu, als Flückiger den Waffenarm sank und die Hand den Polizisten entgegenstreckte. Langsam, nahm Michael ihm die Waffe ab und nahm seine Handschellen hervor.

Zu diesem Zeitpunkt, sank Philipp seine Waffe, steckte sie ein und sah sich genau um. Er wusste nämlich, dass noch jemand fehlte.

Aus dem tiefschwarzen Schatten, ragten zwei Beine hervor, die sich nicht regten. Die schwarzen Boots erkannte Philipp sofort.

„Nein...", flüsterte er und konnte im Augenwinkel noch sehen, wie Michael, Flückiger an einen SEK-Beamten übergab und sich dann um Florian kümmerte.

Automatisch, setzte sich Philipp in Bewegung und ging auf den Körper zu, der zu den Beinen gehörte.

Johanna lag auf dem Rücken. Ihre Lippen waren blau und ihre Haut hatte jegliche Farbe verloren und wirkte aschfahl. Um den Hals hatten sich deutliche Würgemale gebildet, die rot leuchtend herausstanden und die Gewalt zeigten. Das Gesicht, die Hände – sie waren mit Schürf- und Prellwunden übersäht. Die Kleidung war verdreckt und mit roten Spritzern bedeckt.

„Nein...nein...nein...nein...", murmelte Philipp wie in einem Mantra und kniete sich sofort neben seine Kollegin. Sofort legte er seine Finger an den Hals und er erschrak kurz über die Kälte von Johannas Haut.

Jedoch hoffte Philipp innig, dass von Johannas Haut her etwas gegen seine Fingerkuppen zu pochen begann.

Doch es kam nichts.

„So leicht kommst du mir nicht davon", zischte Philipp und zählte kurz innerlich die Abstände vom Brustbein ab, um sofort mit der Herzmassage zu beginnen. „Komm schon, Joschi! Den kannst du nun echt nicht bringen!", keuchte Philipp und ging zur Mund-zu-Mund-Beatmung über. Immer wieder wiederholte er beide Vorgänge und überprüfte immer wieder ob etwas zu ertasten war.

„Wir brauchen sofort den Notarzt! Schnell!", hörte Philipp, Michael hinter sich schreien, jedoch ließ er sich von seinem Vorhaben ablenken.

Auch Alex erschrockener Schrei und ihre Bitten an Michael, sie durchzulassen, stoppten ihn nicht. Jedoch spürte er die Tränen, die sich immer mehr in seinen Augen sammelten.

„Komm schon", wimmerte er und ignorierte die Schmerzen in seinen Armen. „Ich habe Robert versprochen, dich heil zurückzubringen! Außerdem will ich mein Büro nicht schon wieder umbauen! Ich habe mich erst grad an dich gewöhnt! Komm schon Joschi! BITTE!" 

Nicht ohne meinen Sohn // K11 - die neuen Fälle // German FanfictionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt