Zärtlichkeiten

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Leia haderte noch etwas mit sich, dann setzte sie sich doch in Bewegung. Ihr Herz hämmerte wie wild in ihrer Brust. Das kribbeln meldete sich zurück. Für eine Sekunde überlegte sie kehrt zu machen und zurückzugehen. Doch Leia zwang sich weiter vorwärts. Als sie Ash erreicht hatte, war ihr Mund eine Wüste, ihre Knie zitterten wie Espenlaub.

„Ash, ist alles in Ordnung", fiepte sie wie eine Kirchenmaus.

Er hob seinen Blick und sah sie aus wabernden Augen an. Langsam ließ er sein Smartphone sinken und trat einen Schritt auf Leia zu.

„Jetzt ja, jetzt ist alles gut", hauchte er rau. Ein flüchtiges Lächeln flog über seine Lippen.

Seine freie Hand legte sich sanft an Leia's Wange und dort wo er sie berührte, stoben kleine Stromstöße auseinander und verteilten sich über ihren Körper. Sanft zog Ash sie näher an sich.
Er vergrub sein Gesicht an die Beuge ihres Halses und hauchte einen federleichten Kuss auf ihr Schlüsselbein. Knurrend sog Ash Leia's Geruch auf.

„Jetzt ist alles gut", wiederholte Ash rau und sein Mund wanderte Leia's Hals hinauf zu ihrem Ohrläppchen.

Sie hatte große Mühe damit, dass ihre Beine standhielten. Seine Zärtlichen Liebkosungen forderten ihr einiges ab. Das kribbeln hatte nun den Besitz ihres gesamten Körpers eingenommen.

„Ash...", hauchte sie Atemlos.
„Nicht..", hing sie flehend an und versuchte angestrengt sich unter Kontrolle zu halten.

„Verzeih mir, aber ich brauche das jetzt", raunte er wie ein Reibeisen in ihr Ohr hinein.

Leia zitterte derweil am gesamten Leib. Sie wusste genau das alle Augenpaare auf die beiden gerichtet waren. Leia schloß ihre Augen, ihre Lider flatterten wie die Flügel eines Vogels. Ash war überall. Sie spürte ihn mit jeder Faser ihres Körpers.

„Was... was ist dir widerfahren", ihre Stimme war nicht mehr als ein flüstern.

Leia's Atem drang stoßweise aus ihrem Mund. Sie verlor beinahe das Gleichgewicht. So lasch waren ihre Beine. Irgendwas schlimmes musste geschehen sein. Niemals würde sich Ash so verletzlich in der Öffentlichkeit zeigen.

„Etwas abgrundtief Böses... Etwas das mir so richtig den Arsch versohlt hat...", flüsterte er und hob Leia's Kinn an, sodass sie ihm in seine Augen sehen musste.

Was war hier los? Ash verhielt sich seltsam. Leia bekam es allmählich mit der Angst zu tun.

„Möchtest du nicht lieber Nachhause gehen Ash?", wisperte sie ihm zu und schmiegte ihre Wange an seine Hand.

„Nein schon gut, ich benötige nur etwas Zeit kleines. Und tue mir einen Gefallen, halte dich momentan von den Parks fern. Da lungern Finstere Gestalten rum. Geh zu Julie, wir reden später", flüsterte Ash ihr zu und sah die vielen Blicke, die auf ihm und Leia ruhten.

Ein leichtes Grinsen bildete sich auf seinem Gesicht.

„Dir ist schon klar, dass sie uns alle anstarren?", hauchte er rau und strich Leia die Haare hinter ihr Ohr.

„Ich weiß", piepste sie und errötete.

Ash fand das Leia wunderschön war. Zumal wenn ihre Wangen diese purpurne Farbe angenommen hatten. Er war erstaunt, dass sie überhaupt zu ihm gekommen war. Ein letztes Mal ließ er seinen Daumen über ihre Lippen gleiten. Viel lieber hätte Ash sie geküsst, so wie noch nie zuvor jemand geküsst worden war.
Doch nicht heute, nicht unter diesen Umständen und unter den Augen der gesamten Schule.
Obwohl es ihm eigentlich egal sein konnte.
Er war nur zu einem Zweck hier, dass sich die Dinge jedoch so drastisch ändern würden, hätte er nicht gedacht. Normalerweise war es ein leichtes für ihn, einen ihm zugeteilten Auftrag auszuführen.

Leia erzitterte unter der Art seiner Berührung. Niemals hatte sie gesagt, doch bereits jetzt bröckelte ihre Standfestigkeit. Leia wurde sich bewusst, dass sie tatsächlich sehr viel mehr für Ash empfand, als sie es sich eingestehen wollte. Leia war Hals über Kopf in Ash verknallt. Wie in Gottes Namen sollte sie nun zu Julie gehen? Ihr Körper gehorchte ihr nicht länger. Sie wollte mehr davon, mehr von Ash. Ihr schlug das Herz bis zum Halse hinauf. Dumpf nur, drangen die Geräusche zu ihr durch.

„Kleines, geh. Na los", raunte Ash erneut und Leia schluckte schwer.

Ihre Kehle fühlte sich an wie die Wüste Gobi. Als hätte sie schon ewig kein Wasser mehr bekommen. Selbst ihre Lippen klebten an ihren Zähnen. Als wäre sie betrunken, setzte sie vorsichtig einen Fuß vor den anderen.
Je mehr sich Leia von Ash entfernte, umso sicherer wurden ihre Schritte. Die Ameisen brummten ruhiger und verlangsamten sich.
Dennoch blieben die feinen Härchen aufrecht stehen. Als würde der Strom, von Ash's Berührungen immer noch über ihren Körper jagen. Dieses Gefühl blieb auch noch als Leia mit Julie schweigend den Klassenraum betrat. Julie hatte nicht ein Wort zu ihr gesagt, seit sie von Ash zurück gekehrt war.
Als die beiden sich auf ihre Stühle setzten, hielt es Julie nicht länger aus.

„Und? Was hat er gesagt? Hat er dich geküsst? Bedrängt?", flüsterte sie aufgeregt Leia zu und rutschte ungeduldig auf ihrem Stuhl umher.

„Er sagte, etwas abgrundtief Böses hat ihm ordentlich in den hintern getreten. Er... er hat meinen Hals geküsst", hauchte Leia ihr die letzen Worte zu und wurde erneut von einer Welle Gänsehaut überflutet.

Erst jetzt bemerkte sie, dass sie sich nicht verwandelt hatte. Was äußerst seltsam war. Denn sie stand wortwörtlich unter Strom. Das kribbeln war allgegenwärtig. Hatte Leia es nun endlich unter Kontrolle? Hing es vielleicht doch mit ihrem Geburtstag zusammen? So viele Fragen, auf die Leia keine Antwort hatte.

„Wie eigenartig. Was könnte das gewesen sein? Er hat was getan? Oh mein Gott, er ist sowas von besessen von dir", fing Julie erst ernst an, endete dann aber mit einem Kichern. Ihre Wangen färbten sich feuerrot.

„Schhht, nicht so laut. Es ist so schon peinlich genug. Siehst du nicht wie mich alle anstarren?", wisperte Leia und sank in ihren Stuhl.

Sie wünschte sich Nachhause, in ihren schützenden Kokon. Abgeschottet von den neugierigen Blicken ihrer Mitschüler. Doch noch war ihr dies nicht vergönnt. Ash grinste derweil wieder selbstgefällig vor sich hin. War es nur eine seiner Maschen gewesen? Um endlich an sie heranzukommen? Ein wenig Wut stieg in Leia auf. Sie war nun vollends verwirrt.

„Entschuldige. Natürlich sehe ich das, aber scheiß doch darauf. Die sind nur eifersüchtig. Wie geht's deinem ich", fiepte Julie ihr zu und wurde zum Schluss hin immer leiser.

Leia wusste genau, was Julie damit meinte. Das kribbeln war äußerst stark. Es zerrte an ihr. Vibrierte wie die Saite einer Gitarre, welche angeschlagen wurde. Doch Leia blieb in ihrer anderen Gestalt. Ihrer menschlichen Gestalt. Sie war unerschütterlich, warum? Das wusste sie selbst nicht.

„Ich habe nicht den Hauch einer Ahnung warum, aber es geht mir sehr gut. Das kribbeln ist sehr stark, aber ich habe es anscheinend unter Kontrolle", wandte Leia sich leise an Julie, lächelte und warf ihre schwarzen Haare über ihre rechte Schulter zurück.

„Sehr gut. Vielleicht hast du es nun endlich geschafft, es zu kontrollieren", flüsterte diese zurück und lächelte aufrichtig.

Als endlich der erlösende Ton der Glocke erklang, sprangen alle freudig auf. Leia war erleichtert. Endlich Wochenende. Wobei ihr auch etwas mulmig war, denn morgen würde sie zum ersten Mal in ihrem Leben in einen Club gehen.
Sie fand noch immer, dass dies keine besonders gute Idee war. Dennoch hatte Leia es Julie und den anderen versprochen.

„Also dann, wann genau soll ich morgen bei dir sein?", riss Julie sie aus ihren Gedanken.

„Du kannst kommen wann du möchtest. Je früher, desto besser. Vielleicht finden wir noch etwas mehr heraus, bevor die anderen kommen. Außerdem muss ich dir noch etwas erzählen", fügte sie ihrer Aussage hinzu und grinste verschwörerisch.

„Na toll und mit dieser Aussage soll ich nun Nachhause gehen und heute Abend schlafen können? Du weißt doch wie neugierig ich bin! Bist echt ne ganz tolle Freundin", setzte Julie einen dicken Schmollmund auf.

„Vielleicht, aber nur vielleicht, werde ich es dir später im Chat berichten", zwinkerte Leia lachend, während sie sich auf den Weg machte.

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