Das Hotel

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Im Zimmer war es gemütlich warm. Die kleine Schirmlampe auf dem Nachttisch warf ein angenehmes Licht in den Raum. Es war später Abend. Adam lag, mit einem weißen Bademantel bekleidet, auf dem Bett, hatte die Fernbedienung in der Hand und starrte auf den Fernseher, der gegenüber im Zimmer stand. Der Rentner war für eine Woche in den Urlaub gefahren. Für ihn war das Beste gerade gut genug, deswegen war das fünf-Sterne Hotel genau das richtige. Mit einem Mal klopfte es laut an der Zimmertür. "Wer ist das denn so spät noch?", dachte Adam genervt, stand auf und ging zur Tür. „Wer ist da?", fragte er und guckte durch den Spion. Sein Zimmer war am hinteren Ende des Ganges, sodass er quer durch den ganzen Flur gucken konnte. Dicht vor seiner Tür brannte eine kleine Deckenlampe, doch der Rest des Flurs war unbeleuchtet. Das Licht war mit einem Bewegungsmelder ausgestattet, sodass es nur anging, wenn jemand den Flur betrat. Angestrengt blickte Adam durch den Spion, doch er konnte draußen niemanden sehen. Mit einem Mal begann die Lampe im Flur, beunruhigend zu flackern. Auf einmal hatte Adam das Gefühl, dass ab und zu, wenn die Lampe wieder anging, ein Schatten im Halbdunkeln stand. Doch das Licht flackerte so schnell, dass er sich nicht sicher war. "Das ist doch bestimmt nur ein dummer Kinder-Streich...", murmelte Adam genervt, drehte der Tür den Rücken zu und wollte sich gerade wieder hinlegen, als es schon wieder an die Tür klopfte, diesmal aber lauter als das erste Mal. "Nicht schon wieder! Diesmal erwische ich dich!", dachte Adam, fuhr herum und riss die Tür auf. Doch er blickte nur in einen leeren, dunklen Flur. Inzwischen leuchtete nicht mal mehr die Lampe vor seiner eigenen Tür. Nirgendwo konnte er eine Person entdecken. "Das kann doch nicht sein...", murmelte Adam verwirrt. Auf einmal spürte er in seinem Nacken einen warmen Luftzug, der ihm die Haare zu Berge stehen ließ. Erschrocken wirbelte er herum, doch dort war nichts. "Gut, dass ich mir Urlaub genommen habe... Das war auch dringend nötig! Ich sehe ja schon Gespenster...", dachte Adam und schüttelte den Kopf. Dann schloss er die Tür zu seinem Zimmer und legte sich wieder aufs Bett.

Einige Minuten lag Adam wieder entspannt vor dem Fernseher. Doch mit einem Mal hörte er hinter sich ein Kratzen, als ob jemand mit langen Fingernägeln gegen die Wände schabte. Erschrocken drehte er sich um, doch schon wieder konnte er nichts sehen. Verwirrt legte Adam sein Ohr gegen die Wand, um zu lauschen. Scheinbar kam das seltsame Kratzen aus dem Nebenzimmer. "Was machen die da nur?", dachte Adam und wurde langsam sauer, "Kann man hier denn nicht einmal seine Ruhe haben?" Er holte mit seiner Hand aus und schlug ein paar Mal heftig gegen die Wand. "Jetzt ist aber mal Ruhe da drüben!", rief er, so laut er konnte. Einen Moment lang war Stille, doch dann hörte er wieder das Kratzen aus dem Nebenraum. "Jetzt reicht's!", schnaubte Adam grimmig, griff zum Hoteltelefon neben seinem Bett und wählte die Nummer der Rezeption: "Ja, hallo! Ich möchte mich über den Gast auf Zimmer 403 beschweren! Mit seinem Lärm hält er ja die ganze Etage wach! Kümmern Sie sich darum, dass das aufhört!" "Selbstverständlich! Lassen Sie mich nur kurz nachsehen!", kam es aus dem Hörer. Dann war es einen Moment still. "Tut mir Leid, Sie müssen sich irren!", ertönte die Stimme schließlich wieder, "Das Zimmer 403 ist diese Nacht nicht belegt!" "Ich glaube eher, bei Ihnen im System liegt ein Irrtum vor! Aus diesem Zimmer kommen ganz sicher Geräusche!", erwiderte Adam grantig. "Das kann nicht sein! Tut mir Leid...", sagte die Stimme wieder. Dann wurde auf der anderen Seite der Leitung aufgelegt. "Das gibt eine Beschwerde...", murmelte Adam wütend und legte den Hörer beiseite, "Und dieser Schuppen hier soll fünf Sterne wert sein... Sie hätten wenigstens nachsehen können!" Seine Gedanken wurden von einem erneuten Kratzen unterbrochen. "Na gut, dann werde ich mich eben selbst darum kümmern!", grummelte er, stand von seinem Bett auf und ging zur Tür. Als er sie öffnete, ging im Flur sofort das Licht an. Adam ging zielstrebig zu der Zimmertür nebenan und klopfte entschlossen dagegen. Im nächsten Augenblick wurde das Schloss von innen entriegelt und die Tür ging einen Spalt auf, doch niemand stand da. Das Licht im Zimmer war ausgeschaltet. Adam schob die Tür vorsichtig auf und drückte auf den Lichtschalter. Das Licht ging an, doch es flackerte genauso wie schon die Lampe vorhin im Flur. Langsam ging Adam ins Zimmer. "Hallo? Ist hier jemand?", fragte er unsicher in den Raum. Es kam keine Antwort. Mit einem Mal vernahm er einen stechenden, Ekel erregenden Gestank. Als er auf den Fußboden vor sich schaute, wurde er blass. Er stand direkt vor einer Blutlache, die im halben Zimmer verschmiert worden war. "Was... was ist das denn?!", keuchte Adam, wich einen Schritt zurück und hielt sich die Nase zu. Plötzlich hörte er wieder das Kratzen. Es war hinter ihm. Erschrocken drehte er sich um, doch es war immer noch niemand zu sehen. Doch plötzlich sah er etwas an der Wand: Eine Kratzspur, wie von einem Tier, zog sich die Wand entlang. Aus der Ecke, wo das Kratzen herkam, war das Ende der Kratzspur, doch die Spur wurde mit einem ekeligen Geräusch weitergezogen, als wenn eine unsichtbare Person gerade an der Wand entlanglaufen und die Wand einritzen würde. Starr vor Schreck stand Adam im Zimmer und beobachtete die Kratzspur. Sie zog sich mit dem beunruhigenden Geräusch weiter zur Tür vom Badezimmer und verschwand durch den Türrahmen. Dann war es einen Moment still. Doch dann, mit einem Geräusch, das wie das Knacken von Knochen klang, legten sich zwei faulige, dürre Hände mit langen Fingernägeln um den Türrahmen. Das löste in Adam das Signal zum Laufen aus. Er drehte sich panisch um, rannte schreiend aus dem Zimmer und knallte die Tür hinter sich ins Schloss. Dann lief er zurück zu seinem eigenen Zimmer und begann, hektisch seine Sachen zu packen. Was er gesehen hatte, reichte ihm. Hier würde er keine Sekunde länger bleiben!

Noch in dieser Nacht checkte er aus und verließ das Hotel in Richtung seiner Heimat, um das schreckliche Erlebnis schnell wieder zu vergessen.

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