Das Amulett mit dem Kreuz

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Hektisch klopfte es an die morsche Holztür. Die junge Frau, die gerade im Wohnzimmer saß und einen Tee trank, stand auf, ging zur Tür und öffnete sie einen Spalt, um nach draußen sehen zu können. Vor der Tür stand im Halbdunkeln ein Mann. "Entschuldigen Sie die späte Störung...", murmelte der Mann, "Sind Sie die berühmte Exorzistin Katharina Moosbach?" "Ja, das bin ich! Kann ich Ihnen irgendwie weiterhelfen?", fragte die Frau. "Ich glaube, ich bin verflucht!", antwortete der Mann. Seine Stimme klang verzweifelt. "Also gut... Kommen Sie rein!", sagte Katharina und schob die Tür ein Stückchen weiter auf. "Vielen Dank!", lächelte der Mann und trat ein. Jetzt konnte Katharina ihn genauer erkennen. Er hatte lange, braune Haare, einen Dreitagebart und trug ein weißes Hemd zu einer weiten Jeans. "Mein Name ist Eddie Rieder!", stellte er sich vor. "Kommen Sie mit ins Wohnzimmer!", sagte Katharina, drehte sich um und ging durch den Flur zurück ins Wohnzimmer. Eddie folgte ihr. Die beiden nahmen auf dem Wohnzimmersofa Platz. "Möchten Sie einen Tee?", fragte ihn Katharina. "Nein, danke!", erwiderte Eddie und machte eine dankende Geste. "Dann erzählen Sie mal, warum Sie denken, dass Sie verflucht seien!", wollte Katharina wissen. "Genauer gesagt denke ich nicht, dass ich verflucht bin, sondern dass es das hier ist!", sagte Eddie und griff in seine Hosentasche. Fest umklammert holte er einen Gegenstand heraus und legte ihn behutsam in Katharinas Hand. Diese begann, den Gegenstand von allen Seiten genau zu inspizieren. Es war ein goldenes Amulett. Auf der Kette, die daran befestigt war, konnte man bereits grobe Abnutzungen erkennen. In die Rückseite waren kryptische Symbole eingraviert, die jedoch unmöglich zu entziffern waren. Auf der Vorderseite prangte, gut zu erkennen, ein eingraviertes Kreuz. "Das... das ist unmöglich...", murmelte Katharina ungläubig. "Sie kennen dieses Amulett?", fragte Eddie verwirrt. "Es gibt eine alte Sage über dieses Amulett...", erwiderte Katharina ein wenig abwesend. Dann drehte sie sich zu Eddie um und sah ihn eindringlich an: "Erzählen Sie mir bitte alles, was Ihnen passiert ist! Von Anfang an!"

"Also gut...", sagte Eddie und holte Luft: "Das Ganze begann vor ein paar Wochen. Ein sehr guter Freund von mir ist gestorben. Er wurde tot in seinem Auto gefunden. Die Ärzte sagten, es war ein Herzinfarkt. Ich bin seine Sachen durchgegangen, denn ich wollte unbedingt etwas von ihm haben, was mich an ihn erinnert." "Und da haben Sie dieses Amulett an sich genommen?", unterbrach ihn Katharina. "Ganz genau! Er hatte es immer dabei gehabt!", bestätigte Eddie, "Und schon wenige Tage danach begannen die Erscheinungen!" "Erscheinungen?", fragte Katharina nach. "Ja, es sind... wie soll ich sagen... Schatten! Ich sehe sie immer im Halbdunkeln! Sie stehen da und beobachten mich...", erzählte Eddie. Katharina hörte ihm angespannt zu. "Aber das war erst der Anfang!", fuhr er fort, "Nach einiger Zeit konnte ich plötzlich ihre Stimmen hören! Sie flüstern, aber ich kann nicht erkennen, was sie sagen. Es ist, als hätten sie ihre eigene Sprache!" Eddie stockte. "Kann ich nicht vielleicht doch einen Tee haben?", fragte er. "Natürlich!", antwortete Katharina, stand auf, ging zu einem Schrank, der in der Nähe stand, und holte eine weitere Tasse heraus. Dann setzte sie sich wieder zu Eddie und schenkte ihm aus der Kanne, die vor den beiden stand, eine Tasse Tee ein. "Vielen Dank!", sagte Eddie und nahm die Tasse in beide Hände. "Wie ging es denn dann weiter?", wollte Katharina wissen. "Irgendwann fiel mir natürlich auf, dass diese Erscheinungen genau dann angefangen hatten, als mein Freund starb und ich sein Amulett hatte. Also versuchte ich erst einmal, es loszuwerden. Ich warf es bei einem Spaziergang weg. Ich dachte, damit wäre das Problem gelöst! Doch als ich in derselben Nacht schlafen gehen wollte, hörte ich plötzlich einen lauten Knall aus dem Wohnzimmer. Es hörte sich an, als würden ganze Möbel umgeworfen werden! Erst dachte ich, es wäre ein Einbrecher, also bewaffnete ich mich mit einer Schere und schlich mich vorsichtig ins Wohnzimmer. Doch als ich das Licht anknipste, war niemand da, und es waren auch keine Möbel umgeworfen. Aber das Amulett... es lag auf dem Wohnzimmertisch!" Eddies Stimme wurde ein wenig zittrig. Er trank einen großen Schluck aus der Tasse. "Es ist, als würde das Amulett genau wissen, wem es gehört, und immer wieder zurückkommen, egal wie oft man versucht, es loszuwerden. Doch von nun an hatte ich das Gefühl, dass die Schatten wütend auf mich waren. Ich konnte es genau in den flüsternden Stimmen erkennen! Also versuchte ich, das Amulett zu zerstören, wenn ich es nicht wegwerfen konnte. Ich habe sogar versucht, es mit einer Metallsäge zu vernichten. Doch egal, was ich auch versuchte, das Amulett bekam nicht mal einen Kratzer ab! Ich kann das Amulett also weder entsorgen, noch zerstören!" Eddie nahm einen weiteren Schluck von dem Tee. "Letzte Nacht habe ich dann gesehen, dass sich die Schatten auf einmal durch mein Zimmer bewegten! Sie standen plötzlich um mein Bett herum. Sie haben nicht mehr geflüstert. Aber sie haben geatmet! Ich konnte es die ganze Nacht hören!" Katharina konnte genau erkennen, dass sich Eddies Augen mit Tränen füllten. "Deswegen habe ich mich jetzt dazu entschlossen, mich an eine Exorzistin zu wenden! Ich bitte Sie, Sie müssen mir helfen!", sagte Eddie mit zittriger Stimme. "Ich werde mein Bestes geben!", antwortete Katharina. "Was für eine Sage meinten Sie vorhin eigentlich, als Sie das Amulett gesehen haben?", wollte Eddie wissen.

"Es gibt über dieses Amulett bereits Aufzeichnungen von längst ausgestorbenen Kulturen!", erklärte Katharina, "Allerdings existierte dieses Amulett über Jahrhunderte hinweg nie wirklich. Es war immer nur in Bildern und anderen Aufzeichnungen zu finden. Doch es besaß trotzdem schon eine unfassbare, zerstörerische Macht! Es ernährt sich von den Seelen und der Lebensenergie derjenigen, die es ins Verderben stürzte. Und mit jedem Opfer wird es stärker! So verstörend es auch klingt, Ihr Freund ist nicht an einem Herzinfarkt gestorben. Die Aufzeichnungen belegten schon damals, dass es eines Tages stark genug sein wird, um sich als echte Materie zu manifestieren, anstatt nur in Bildern oder Gravuren zu existieren! Aber ich hätte niemals gedacht, dass es zu meinen Lebzeiten schon dazu kommen würde!" Katharina machte eine kurze Pause und schaute Eddie genau in die Augen. "Das, was in diesem Amulett schlummert, ist kein Dämon oder ein böser Geist, nein... Es ist etwas, das noch viel böser ist! Etwas, das wir uns wahrscheinlich gar nicht vorstellen können!" "A-aber... was machen wir denn jetzt? Wie können wir es zerstören?", fragte Eddie verunsichert. "Vertrauen Sie mir, ich finde einen Weg!", erwiderte Katharina und stand auf. Sie hielt das Amulett immer noch in ihren Händen. "Kommen Sie mit!", sagte sie und machte eine Handbewegung. Eddie stand ebenfalls auf und folgte Katharina durch das Zimmer, bis sie vor einer verschlossenen Tür stehen blieb. "Hier unten führe ich meine Exorzismen durch! Doch für das Amulett brauchen wir etwas Wirkungsvolleres!", erklärte sie, während sie aus ihrer Hosentasche einen alten Metallschlüssel hervorholte und ihn ins Schloss steckte. Mit einem lauten Quietschen öffnete sie die Tür. Dahinter kam eine dunkle Kellertreppe zum Vorschein. Katharina drückte auf den Lichtschalter. Mit einem leisen Summen erhellten einige Neonröhren den Keller.

Katharina ging voran die Treppe hinunter, Eddie folgte ihr. Der Keller war kleiner, als Eddie es erwartet hätte. Die Wände standen voller Regale, in die verschiedenste Dinge eingeräumt waren, wobei er von den meisten Sachen nicht mal sagen konnte, was es war. Katharina führte ihn in den hinteren Bereich des Raumes, wo ein großer Altar stand, der mit einer Metallplatte überzogen war. Sie legte das Amulett vorsichtig in die Mitte des Altars. "Nehmen Sie das!", sagte Katharina und drückte Eddie ein Säckchen in die Hand: "Das ist Weihrauchpulver! Streuen Sie es einmal um das Amulett herum!" Sie drehte sich um und ging zur anderen Seite des Raumes. Mit zittrigen Fingern öffnete Eddie das Säckchen, griff hinein und holte eine Hand von dem Pulver heraus. Dann streute er es einmal genau um das Amulett herum. "Sehr gut!", sagte Katharina, die nun mit einem Beil zurückkam. "Wofür brauchen wir ein Beil?", wollte Eddie wissen. "Die Klinge wurde aus einer besonderen Silber-Titan-Legierung geschmiedet! Mit dieser Klinge können wir die verfluchtesten Gegenstände zerstören!", erwiderte Katharina, "In diesem Fall wird ein Gebet nämlich nicht reichen..." Sie stellte sich mittig vor den Altar und hob das Beil über ihren Kopf. Mit einem Mal begannen die Neonröhren zu flackern. "Bereiten wir dem Ganzen ein Ende!", sagte sie. Plötzlich konnte man ein unheimliches Flüstern hören. "Das sind sie! Die Schatten sind wieder da!", rief Eddie ängstlich. Tatsächlich konnte man im flackernden Licht Schatten erkennen, die durch den Raum wanderten. Im nächsten Augenblick ging das Weihrauchpulver in Flammen auf und ein brennender Kreis zog sich um das Amulett. "Schicken wir dich dahin zurück, wo du hergekommen bist! In die Hölle!", schrie Katharina. Dann schlug sie zu. Es gab einen lauten Knall, und ein großer Lichtblitz erhellte den Raum, gefolgt von einem lauten Donner. Dann war der Keller für einige Sekunden stockdunkel. Auf einmal ertönte wieder das Summen der Neonröhren und das Licht ging wieder an. Katharina und Eddie sahen sich um. Die Schatten waren verschwunden. Der Weihrauch war vollständig verbrannt. "Haben wir es... geschafft?", fragte Eddie mit zittriger Stimme. Katharina atmete schwer auf und ließ das Beil auf den Boden fallen. "Ich glaube schon!", antwortete sie und nahm das Amulett in die Hand, um es genauer zu betrachten. Auf der Vorderseite des Amuletts konnte man deutlich den Einschlag der Klinge erkennen. Das Kreuz, das auf der Vorderseite eingraviert war, war durch die Klinge zerstört worden. "Das Kreuz... es ist zerbrochen!", sagte Eddie, der ebenfalls einen Blick darauf warf. "Ja! Wir haben es zerstört!", rief Katharina und hob erleichtert ihre Arme. Plötzlich spürte sie einen kalten Luftzug. "Sie müssen sich keine Sorgen mehr machen, das Amulett werde ich sicher aufbewahren!", sagte Katharina und begleitete Eddie wieder nach oben.

"Wie kann ich Ihnen nur danken?", fragte Eddie, als er bei der Haustür angekommen war. "Das war doch selbstverständlich, Sie müssen sich nicht bedanken!", erwiderte Katharina. "Sie haben mir wahrscheinlich das Leben gerettet! Das werde ich Ihnen niemals vergessen!", antwortete Eddie. Dann nickte er lächelnd, öffnete die Tür und verschwand in der Dunkelheit. Katharina stand noch einige Sekunden vor der Tür, dann drehte sie sich um und ging langsam zurück ins Wohnzimmer.

Ihr Blick fiel erneut auf das Amulett, das sie immer noch in ihrer Hand hielt. Plötzlich spürte sie wieder einen kalten Luftzug. Sie fasste das Amulett an der Kette und legte es sich um ihren Hals. Dann gab sie ein leises Kichern von sich.

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