PoV Yukihime Hanasaki
Ein leichter, frischer Windhauch strich über mein warmes Gesicht, als ich die Tür endlich öffnete. Außerdem schlug mir ein angenehmer Duft entgegen und nach wenigen Momenten konnte ich identifizieren, woher er kam: Giyu stand vor mir.
“Ist irgendwas nicht in Ordnung?”, fragte er und zog eine Augenbraue hoch, “Du wirkst irgendwie… anders.”
“Nein, nein. Mir geht’s fantastisch.”, dann machte ich einen Schritt zur Seite, um ihm das Eintreten zu ermöglichen. Er nickte mir dankend zu und betrat das Haus.
“Setz’ dich doch!”, bot ich an und deutete zum Tisch, “Kann ich dir irgendwas bringen? Tee vielleicht?”, fragte ich dann, während er Platz nahm.
“Ja, Tee wäre nett, danke.”, erwiderte er mit einer ruhigen Stimme. Sofort nickte ich und brachte das Wasser, dass ich vorher schon erhitzt hatte, nochmals zum Kochen. Mit kaltem Wasser temperierte ich es und goss anschließend den Tee auf. (Teefakten mit Miyu: Wenn man Tee mit kochendem Wasser aufgießt, wird er häufig bitter.)
Vorsichtig stellte ich den Tee vor ihn und informierte ihn darüber, dass das Essen so gut wie fertig war. Er nickte und dankte mir noch einmal für den Tee, von dem er daraufhin einen Schluck nahm.
Als ich die Küche betrat, lehnte ich mich auf die Küchenzeile und hielt mir den Kopf “Reiß dich zusammen, Yuki…”, flüsterte ich und massierte mir die Schläfen, Es gibt keinen Grund aufgeregt zu sein!“. Wenige Minuten später war das Essen in den Schüsseln und ich brachte sie mit neu gefundener Ruhe ins Esszimmer.
“Gegarter Lachs mit Daikon!”, verkündete ich voller Stolz, als ich seine Portion vor ihn stellte. Ein kleines Schimmern war in seinen Augen zu erkennen.
“Du erinnerst dich also noch?”, fragte er schließlich, während er an seinem Essen schnupperte.
“Ich bin froh, dass es immer noch aktuell ist.”, erwiderte ich mit einem Lächeln und nahm einen Schluck von meinem eigenen Tee. “Na komm schon, iss bevor es kalt wird.”, animierte ich ihn dann aufgeregt.
Er lächelte.
Er. Lächelte.
Giyu Tomioka. Lächelte.
Es war zwar nur ein kleines, kaum sichtbares Lächeln, aber für ihn war selbst das selten. Nun ja, zumindest seit ein paar Jahren. Meine Augen wurden groß, während er unbekümmert nach seinen Stäbchen Griff.
“Vielen Dank für das Essen!” mit diesen Worten probierte er das Gericht. Ich ließ fast meine eigenen Stäbchen fallen, als ich mich nach vorne lehnte, um jede Nuance seiner Reaktion aufzunehmen. Nach dem ersten Bissen nahm er zügig zwei weitere, dann schloss er genüsslich die Augen und sein kleines, unscheinbares Lächeln wuchs zu einem großen, wohligen. “Wundervoll…”, flüsterte er, als beobachte er ein Naturphänomen.
Begeistert beobachtete ich seine Reaktion, bevor ich anfing selbst zu essen. Es war wirklich unglaublich, wie sehr er es zu genießen schien. Ein belustigtes Grinsen legte sich auf mein Gesicht, doch ich verkniff mir Kommentare. Ich wusste ohnehin nicht, was ich sagen sollte.
„Genau wie früher…“, flüsterte ich, während ich seine entspannten Gesichtszüge ausgiebig studierte. Das Licht in seinen Augen, dass in den letzten Jahren erloschen war, flackerte auf. Seine Augen funkelten, wie sie es getan hatten, als wir noch Kinder waren. Ich hatte nicht geglaubt, das noch einmal sehen zu können. Und doch passierte es, ganz genau vor meinem Gesicht. Verursacht durch eine Portion gegartem Lachs mit Daikon. So simpel und doch irgendwie komplex.
„Komisch. Dasselbe wollte ich gerade auch sagen.“, erwiderte Giyu schließlich, „Nicht nur das Essen schmeckt genauso, wie du es damals schon gekocht hast; Du hast immer noch den gleichen, begeisterten Blick auf dem Gesicht.“, fügte er dann leicht lachend hinzu. „Du hast dich wirklich kaum verändert, Yuki.“
Meine Mundwinkel zogen sich automatisch nach oben, als ich meinen Spitznamen aus seinem Mund hörte. “Ist das so?“, fragte ich grinsend, dann seufzte ich, „Bisher war ich mir sicher, dass du dich in den letzten Jahren sehr stark verändert hast, aber jetzt weiß ich nicht mehr, was ich sagen oder glauben soll.“
Ich hatte tatsächlich keine Ahnung, wie ich Giyu einordnen sollte. Wir waren immer Freunde gewesen. Ich kannte sein Lieblingsessen, ich wusste welche Gedichte und Bücher er gerne las oder welche Musik er am liebsten anhörte und doch verlor ich ihn immer mehr aus dem Blick. An manchen Tagen sah er traurig aus oder niedergeschmettert. Und meistens wollte ich etwas sagen – eine alte lustige Geschichte erzählen oder einen Schriftsteller zitieren – um ihn aufzuheitern oder ihm Mut zu machen. Doch selten gelang es mir, ihn auch nur vorsichtig und irgendwie halbherzig zu fragen, ob alles in Ordnung sei. Es war, als wäre ein Schleier zwischen uns und keiner wagte es, dahinter zu blicken. Vielleicht hätten wir ansonsten eher festgestellt, dass sich in den letzten Jahren nur wenig verändert hatte.
Giyus Stimme holte mich aus meinen Gedanken zurück in die Realität.
„Ich hatte das Gefühl von Zuhause und Familie über die Jahre vergessen.“, murmelte er, „Manchmal erinnere ich mich wieder, aber es fällt mir schwer, es zuzulassen. Aber es wieder einmal zu erleben, war gut. Ich glaube, es war wichtig.“, er wirkte nicht, als rede er mit mir, sondern mit sich selbst, „Manchmal kommt es mir so vor, als würde ich dich nicht kennen.“, gab er schließlich zu, dieses Mal eindeutig zu mir gewandt, „Wenn ich dich anschaue, vergesse ich dann kurz, wie dein Gesicht aussieht. Ich vergesse, dass hinter der Maske und den sarkastischen Scherzen du steckst. Nicht du, die Eis Säule Yukihime Hanasaki, sondern du.“, erklärte er und deutete auf mich. Er fühlte also tatsächlich ähnlich wie ich?
Ich nickte. „Deine Augen.“, ich beobachtete mit einem erdrückenden Gefühl in der Brust, wie die Dunkelheit langsam in seinen Blick zurückkehrte, „Leuchten nicht mehr so wie früher.“ Das Licht hatte der dunkelblauen Leere seiner Iris inzwischen wieder nachgegeben. Er nickte ohne eine Regung in seinem Blick; er wusste es und er kannte den Grund. Und er wusste ebenso, dass ich ihn auch kannte. Dieses Verständnis brauchte keine Anerkennung oder Zustimmung. Es war einfach da und wir wussten es. Worte waren nicht nötig.
Die persönlichen Gespräche wurden für den restlichen Abend durch oberflächlichere, leichtnerzigere ersetzt. Ich hatte das Gefühl, dass die Minuten der schonungslosen Ehrlichkeit etwas verändert hatten, auch wenn ich es nicht exakt festsetzen konnte. Ich brauchte Zeit, um zu verstehen was das zu bedeuten hatte und ihm schien es ähnlich zu gehen. Aus diesem Grund ließen wir dieses Thema für den Augenblick in Ruhe. Der Zeitpunkt, an dem wir bereit für dieses Gespräch waren, würde sicherlich eines Tages kommen.Trotz der langen Zeit, die wir noch zusammen sitzen blieben und redeten, kam der Abschied unerwartet - fast schon überraschend.
„Giyu!“, rief ich ihm nach, als er gerade durch die Tür gegangen war, um das Eisanwesen zu verlassen, „Ich möchte nochmal herausfinden, wer du bist! Lass uns wieder Freunde sein!“ Er drehte sich nicht um.
„Ich dachte, wir haben nie aufgehört, Freunde zu sein.“
Eine frische Brise, die den baldigen Beginn des Herbstes ankündigte, tanzte um meine Nasenspitze, während ich ihm mit einem Lächeln hinterherblickte. Sie trug seinen Geruch zu mir, doch dieses Mal fiel mir das kaum auf. Was heute Abend auch passiert sein mochte, dass Giyu und ich die Chance hatten, ernsthafte Gespräche zu führen war und blieb vermutlich auch eine Seltenheit. Das Gefühl, mit ihm Zeit zu verbringen und der Blick auf seine ungewöhnlich entspannte Körperhaltung waren mir nicht oft vergönnt, deshalb musste ich sie in genau diesem Moment auskosten.1216 Wörter
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Head empty, just chapter.
Vielleicht ist euch schon aufgefallen, dass meine Updates etwas unregelmäßig werden. Das liegt daran, dass ich jetzt auch wieder am Oneshotbuch arbeite und mir außerdem die fertig vorgeschriebenen Kapitel ausgehen, hehe...
Ich hoffe einfach Mal ganz vorsichtig, dass ich das in den Griff bekomme.
Tschüss!
~Miyu
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Melting Snow - Giyu Tomioka x OC
FanficBetrachtet die Welt von Demon Slayer aus den Augen der Eissäule Yukihime Hanasaki. (Kanji für Schnee (雪 Yuki) und Prinzessin (姫 Hime) sowie Blume (花 Hana) und Klippe/Kapp (崎 Saki). der Name wird in Kanji also 雪姫 花崎 geschrieben.) (Giyu Tomioka x OC) ...