6. Verloren im Schloss oder „Laaaangweilig!“
Nacheinander nahm Tony Kerze für Kerze aus den Halterungen. Sollte tatsächlich jemand hierher zurückkommen, würde er ihm einen Wegweiser hinterlassen. Der Milliardär hielt eine der Kerzen schräg über die am besten sichtbare Stelle im Raum und zeichnete gewissenhaft einen Pfeil auf den Boden, der in Richtung des neu entdeckten Gangs wies. Dabei drehte er die Kerze immer weiter, sodass sie trotz des starken Wachsverlustes nicht einfach ausgehen konnte. Jede Kerze und jedes damit verbundene Lichtchen war kostbar!
Vorsichtig zeichnete er weitere Linien, bis er schließlich den Durchgang erreichte. Dort malte er erneut einen Pfeil und schrieb mit zittrigen Buchstaben „Iron“ auf den Boden. Zufrieden betrachtete er sein Werk. Diese Nachricht konnte man nicht missverstehen!
Dann stellte er die eben verwendete Kerze zurück auf den Boden, direkt neben seine ‚Nachricht‘ – sie war mittlerweile zu kurz, um ihm noch von Nutzen zu sein, aber symbolischen Wert hatte sie allemal! Stattdessen stattete er sich mit neuen Kerzen aus und begab sich auf den Weg in die Dunkelheit, jedoch nicht, ohne weitere Spuren zu legen. Mit jedem Schritt würden weitere Wachstropfen auf den Boden fallen und damit nicht nur anderen, sondern auch ihm selbst als Orientierungshilfe dienen, sollte er sich verlaufen. Hier war das alles ein bisschen einfacher, denn der Teppichboden befand sich nur in der Eingangshalle, während dieser Gang von einfachen Steinfließen gesäumt war.
Mit einem Schwert in der rechten Hand, einigen Kerzen in der linken Hand und erfüllt mit neuer Zuversicht machte sich der Ironman auf den Weg in die Finsternis.
Finsternis, die nur mehr von spärlichen Lichtpunkten der Kerzen durchbrochen wurde…
„Du kannst mich jetzt wieder loslassen!“, fuhr Natascha Loki an.
Dieser erwiderte nichts, lockerte aber den eisernen Griff, mit dem er die Agentin fixierte. Sie beide wussten, dass etwas passiert sein musste, denn seit einiger Zeit war es wieder still im Raum. Kein Hulk, keine Schreie, keine Schlagabtäusche, nur Stille. Gut, dass die grüne Bestie vorerst nicht mehr anwesend war, war gewissermaßen eine Erleichterung, auch wenn sie früher oder später Bruce finden und ihn gegebenenfalls befreien mussten. Das war aber nicht das Hauptproblem. Dieses Monster würde so schnell niemand erledigen können – nicht einmal ein ach so gefährliches Spukgespenst. Aber was war mit dem Soldaten aus einer anderen Zeit?
„Loki, tu was du willst, aber ich muss erst wissen, wo Steve ist!“
„Den findest du hier nicht mehr!“, erwiderte der Angesprochene kühl.
„Was soll das heißen?“
„Er ist nicht mehr hier.“
Die Agentin hatte einen gleichermaßen verwirrten wie besorgten Gesichtsausdruck, aber das konnte der Gott in der Dunkelheit glücklicherweise nicht sehen.
„Woher willst du das wissen?“
„Ich spüre seine Anwesenheit nicht mehr. Die von eurem barbarischen Freund übrigens auch nicht. Sie sind also entweder tot, was ich für unwahrscheinlich halte – sonst wärt ihr mit mir damals nicht fertig geworden – oder sie haben den nächsten Geheimgang ausfindig gemacht. Hier ist niemand mehr. Wir sind ganz alleine.“
Die schwarze Witwe zuckte bei der Bemerkung kurz zusammen, was dem Asen sicher nicht verborgen blieb, fasste sich jedoch sofort wieder und beschloss, sich nicht von ihm verwirren oder einschüchtern zu lassen. Trotzallem wurde sie dass ungute Gefühl nicht los, dass er in der Dunkelheit die besseren Karten hatte und dass sie sich daher in einer verdammt schlechten Position befand!
„Würdest du so nett sein, mich trotzdem loszulassen? Ich würde mir nämlich gerne selbst ein Bild von der Lage machen.“ Dabei versuchte sie, so sicher und unbeeindruckt wie nur möglich zu klingen. Aber dem Gott der Lügen etwas vorzuspielen war sogar für sie, eine Meisterin dieses Fachs, eine gewisse Herausforderung.
Dennoch ließ er ihre Hand mit einem „Verlauf dich nicht“ los. Sie konnte den Spott in seiner Stimme wie beißende Säure spüren. Er machte sich über sie lustig und er spielte mit ihr. Seine vorherige Nervosität, falls es solche war, schien nur durch den Hulk, aber keinesfalls durch die verzwickte Lage, in der sie sich befanden, begründet gewesen zu sein.
Warum?
Konnte er hier besser sehen? Oder hatte er Fähigkeiten, von denen sie bisher nichts wusste? War er etwa dafür verantwortlich, dass der Hulk zuvor eine harte Landung hingelegt hatte?
Eigentlich wollte sich die Agentin im Moment nicht mit solchen Fragen befassen. Wichtiger war, wo der Captain so plötzlich hin verschwunden war und vor allem, wo sich der Rest der Gruppe befand.
Vorsichtig setzte Natascha einen Fuß nach dem anderen in die Dunkelheit. Sie spürte den steinernen Boden und Kälte, die davon ausging durch ihre Schuhe durch. Überhaupt war es hier ungewöhnlich kalt. Das fiel ihr erst jetzt, wo sich die Wogen des Kampfes geglättet hatten, so richtig auf. Nein, es war nicht nur kalt, sie fror regelrecht!
Langsam, schwerfällig bückte sie sich und strich mit einer Hand über den festen Untergrund. Zwischen ihren Fingern spürte sie einzelne, kleinere Steinchen und den Staub, den sie aufgewirbelt hatten.
„Steve!“ Kaum mehr als ein Flüstern kam über ihre Lippen.
Es kam keine Antwort.
„Steve, wo bist du?“ Diesmal lauter. Aber es kam keine Reaktion. Die Finsternis schwieg.
„STEVE…. Verdammt noch einmal!“ Die Agentin schrie all ihre Wut heraus.
Plötzlich spürte sie, wie ihr jemand eine Hand auf die Schulter legte. Sie zuckte kurz zusammen, auch wenn sie wusste, dass es „nur“ Loki war.
„Es bringt nichts, wir müssen uns etwas anderes überlegen.“ Seine Stimme klang unerwartet sanft und vor allem beruhigend.
Sie seufzte, sah aber ein, dass etwas geschehen musste.
„Ja, du hast Recht! Aber wie willst du in der Dunkelheit weiterkommen. Ich sehe nicht einmal meine Hand vor Augen! Und die Taschenlampe ist ja dummerweise zu Bruch gegangen.“
Der Gott schüttelte den Kopf, obwohl er wusste, dass sie die Geste nicht sehen konnte.
„Überlass das nur mir!“
Obwohl sich alles in ihr dagegen sträubte, wusste sie, dass sie auf ihren ehemaligen Erzfeind angewiesen war.
Damit machte sich das ungleiche Paar auf den Weg, um die Geheimnisse des Schlosses zu erkunden.
DU LIEST GERADE
Ghost (Busters) Avengers - Geisterjäger wider Willen
Fanfiction„Geister sind etwas für Kinder!“ – In diesem Punkt sind sich die Avengers einig. Entsprechend groß ist die Motivation, als sie den Auftrag erhalten, in einem Geisterschloss nach verschollenen Personen zu suchen. Und zu allem Überfluss wird Loki mit...