12. Schaurige Erfahrungen oder „Hey, ihr seid ja auch noch am Leben!"

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12.  Schaurige Erfahrungen oder „Hey, ihr seid ja auch noch am Leben!“


Nach wie vor watete Loki mit vorsichtigen Schritten rückwärts. Hektisch blickte er hin und her und wedelte mit den Fackeln herum als gäbe es lästige Mücken zu vertreiben. Tatsächlich versuchte er nur, endlich einmal schneller zu sein als jene Schatten, die ihn seit geraumer Zeit zu verfolgen schienen, sich aber immer sofort wegduckten, wenn er sie auch nur aus den Augenwinkeln wahrnahm.
Verdammt – was war hier eigentlich los?
Das durfte so nicht weitergehen!
Er würde sicher niemandem, auch keinem Geist erlauben, ihn so dermaßen zu verhöhnen!
„Zeigt euch endlich!“, rief er voller Wut in die Dunkelheit.
Für einen Moment spielte er sogar mit dem Gedanken, seine Wurfdolche einfach auf gut Glück in den Raum zu werfen und zu hoffen, dass er einen Zufallstreffer landete. Wenn sich diese… Schatten immer hinter seinem Rücken versteckten, dann konnte das durchaus von Erfolg gekrönt sein.
Aber dann besann er sich eines Besseren. Er würde seine kostbaren Waffen ganz sicher nicht an ein einfaches Spiegelbild verschwenden!
Denn das war – wie er besser wusste als jeder andere auf dieser Welt – absolut nutzlos.
Also weitergehen!
Immer weiter.
Irgendwann musste er schließlich einen Ausweg finden!
Noch einen Schritt zurück…
Sein Blick wanderte unruhig durch den Raum.
Noch einen…
Fest umklammert hielt er die Wurfdolche und die beiden Fackeln in Händen.
Noch einen…
Sein Herz machte einen Satz, als er plötzlich mit dem Rücken gegen ein Hindernis stieß.
Keine gewöhnliche Scheibe!!
Der Gott dachte nicht nach. Alles geschah rein instinktiv.
In diesem Augenblick flogen zwei Wurfdolche gegen das Hindernis.


Natascha blieb wie erstarrt in ihrer Position stehen.
Schussbereit hielt sie ihre Waffe in der Hand und starrte auf das seltsame, unförmige Ding am Boden, das sich wie ein Wesen aus Schlamm plötzlich aufrichtete und immer größer wurde.
Scheiße, Scheiße, Scheiße!
Sie machte einige Schritte zurück, ihre Arme zitterten, während der Rest ihres Körpers gespannt war wie eine Feder.
Jetzt nur keinen Lärm machen!
Vielleicht hatte es sie noch nicht entdeckt. Weg von hier! Langsam rückwärts gehen. Leise.
Keinen Ton!
Verdammt, irgendwo musste es etwas geben, wo sie sich verstecken konnte oder wo sie zumindest halbwegs geschützt war, sollte dieses Ding sie angreifen.
Jene Gestalt richtete sich zu ihrer vollen Größe auf. Sie war etwa einen Kopf größer als die Geheimagentin und wirkte deutlich breiter. Trotzallem war es nur ein grauer Schatten, eine schemenhafte Kreatur, die ihr hier gegenüberstand.
Für einen Moment überlegte sie, ob sie schießen sollte. Besser jetzt und hoffen, dass es Wirkung zeigte, als dann, wenn sie von diesem Wesen angegriffen wurde. Aber wenn es keine Wirkung zeigte?
Was dann?
Laufen? Oder besser doch beten?
Nein, es war besser, wenn sie es gar nicht erst so weit kommen ließ. Jetzt hoffen, dass sie noch nicht entdeckt worden war!
Plötzlich setzte sich die Gestalt in Bewegung.
Direkt auf sie zu!
Verflucht!
Und dann geschah etwas Unerwartetes!
Die schattenhafte Gestalt begann zu sprechen.


Ungeduldig suchten Bruce und Tony nach einem alternativen Ausweg aus dem Tempel. Dabei mieden sie es tunlichst, noch einmal in die Nähe der Leichen zu kommen. Was zu viel war, war zu viel!
„Als ich das erste mal hier war, bin ich überhaupt erst auf den Durchgang gekommen, weil ein Luftzug geweht hat“, bemerkte der Ironman plötzlich. Warum war ihm das nicht schon viel früher eingefallen? „Wo es Wind gibt, gibt es auch eine Verbindung nach draußen.“
Sein Kollege legte den Kopf schief und bedachte ihn mit einem abschätzigen Blick.
„Also, wenn man bedenkt, dass du mich vorher Hals über Kopf niedergelaufen hast, dass du Pfeile in eine verkehrte Richtung malst und dass du behauptest, ein Tor zu sehen, wo keines ist, dann weiß ich ehrlich gesagt nicht, was ich davon halten soll, wenn du mir jetzt weißmachen willst, dass es hier irgendwo unter der Erde einen geheimen Durchgang nach oben geben soll. Ehrlichgesagt, ich glaube, es wäre ratsam, wenn du dich um dein Alkoholproblem kümmern würdest, wenn wir endlich wieder draußen sind!“
Tony knurrte. Für einen Moment war er sprachlos, und schon alleine das machte ihn verdammt wütend!
Schließlich atmete er tief durch um sich zu beruhigen.
„Okay, ich geb’s zu, ich habe Scheiße gebaut und ich bin vorher etwas neben mir gestanden. Aber so abwegig ist es nicht, dass sich hier irgendwo ein Geheimgang befinden könnte.“
Er dachte angestrengt nach und überlegte, was er in der Schule zum Thema „Mittelalterliches Europa“ gelernt hatte. Zugegebenermaßen nicht viel. Zum einen war das ein Stoffgebiet, das in Amerika nicht sonderlich wichtig war und zum anderen hatte er sich noch nie sonderlich für Geschichte interessiert. Daher war er sicher, dass er eingeschlafen sein musste, als dieses Thema durchgenommen wurde. Eine Tatsache, die er jetzt verfluchte.
Aber eines war ihm sehr wohl in Erinnerung geblieben: Mittelalterliche Festungen und Burgen, und um so eine handelte es sich hier schließlich, hatten immer einen Geheimgang, über den die Bevölkerung im Notfall für eine gewisse Zeit mit Nahrung versorgt werden konnte und über welchen der Herrscher im Fall des Falles fliehen konnte.
Und was würde sich für einen Geheimgang besser anbieten als eine Kirche?
Soweit er sich entsinnen konnte, waren Kirchen und Tempel in allen Kulturen ein Tabu und durften nicht einfach so zum Spaß betreten oder gar durchsucht werden. Ein Geheimgang wäre hier vor Entdeckung also ziemlich sicher. Und das war ja auch der Sinn dahinter, dass nur sehr wenige Eingeweihte wussten, wie man die Festung im Notfall jederzeit betreten oder verlassen konnte.
Denn sonst hätte sich so mancher Verteidiger bei Nacht und Nebel klammheimlich davongeschlichen und, was noch viel schlimmer war, hätte möglicherweise sein Wissen – ob für Geld oder durch Folter – an den Feind verraten.
„Wenn du hier der Konstrukteur wärst, wo würdest du einen Geheimgang verstecken?“, wandte er sich schließlich an Bruce.
Dieser zuckte mit den Schultern und blickte ihn fragend an.
„Dort, wo keiner hinkommt?“
„Und wo kommt keiner hin?“
Die beiden sahen sich in dem Saal um.
„Entweder hinter einer der Statuen oder…“
„… Oder hinter dem Altar“, vollendete Tony den Satz seufzend. „Also müssen wir noch einmal zu unseren beiden nicht mehr ganz so lebendigen Freunden zurück.“
Jawohl, so sehr hatte er sich seit Jahren nicht mehr gefreut!
Das einzige, was ihm ein etwas besseres Gefühl bereitete, war die Tatsache, dass der Wissenschaftler ebenfalls schluckte. Wenigstens war er nicht mehr der einzige, dem die ganze Situation immer unheimlicher wurde!
Aber immerhin setzte sich der Wissenschaftler in Bewegung und marschierte langsam, fast schon gemächlich auf den Altar zu. Er hatte offenbar wirklich keine Lust auf das, was kommen sollte.
„Bringen wir’s hinter uns!“, entgegnete er schließlich.
Tony nickte zur Bestätigung.
„Bringen wir’s hinter uns!“

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