14. Verzweiflung oder „Verdammt, ich will hier raus!"

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14. Verzweiflung oder „Verdammt, ich will hier raus!“


Mit weit aufgerissenen Augen sahen sich Steve und Loki in dem Raum um, in dem sie gelandet waren. Das durfte doch nicht wahr sein!
Aber was sie schon die ganze Zeit befürchtet hatten, ließ sich nicht länger leugnen. Der Saal war von steinernen Mauern begrenzt, die in gewissen Abständen mit eisernen Platten behängt waren. Auf jeder Platte waren Namen und Jahreszahlen von verschiedensten Menschen eingeritzt.
Es war offensichtlich, dass dies die Gruft der Burgherren sein musste.
Steve spürte, wie ihm ein Schauer den Rücken hinab lief. Normalerweise hätte er sich in einer solchen Situation nicht gefürchtet, er hatte ja auch kein Problem damit, auf einen Friedhof zu gehen.
Der Unterschied war nur, dass man einen Friedhof üblicherweise tagsüber besuchte und nicht des Nachts.
Und vor allem schwebten auf gewöhnlichen Friedhöfen in der Regel keine Messer herum, die einen gleich ins nächste Grab zu scheuchen gedachten.
Hier war das eine andere Geschichte und der Soldat wurde den Verdacht nicht los, dass sie nicht grundlos in diese Gruft geraten waren. Im Nachhinein betrachtet war bis jetzt alles nach den Regeln des Schlosses abgelaufen und nicht so, wie sie es gerne gehabt hätten.
Loki hielt mittlerweile wieder eines seiner Wurfmesser in der Hand. Auch wenn er nicht sicher war, ob er damit überhaupt etwas ausrichten konnte, so fühlte er sich wenigstens ein bisschen besser.
Wäre da nicht seine Schulter, die höllisch schmerzte.
Verdammt, das Messer steckte ja immer noch darin! Das hatte er in der ganzen Eile komplett übersehen!
„Steve, kannst du mir mal helfen?“
Der Angesprochene trat mit fragendem Blick näher.
„Kannst du mir das verdammte Messer herausziehen?“
Der Soldat aus einer anderen Zeit schluckte merklich. Sicher, es war nicht das erste Mal, dass er in der Situation war, einen Verwundeten provisorisch verarzten zu müssen, aber es war jedes Mal aufs Neue eine Herausforderung. Zu groß war die Angst, etwas falsch zu machen und damit alles nur noch zu verschlimmern.
Wie immer, wenn er in einer solchen Lage war, dachte er an seine Ausbildung.
‚Besser, du machst etwas falsch, als du machst gar nichts!‘ – Das war das Motto gewesen.
Und danach musste er jetzt handeln!
Vorsichtig griff er mit einer Hand nach dem Messer, während er die andere auf die Schulter des Gottes legte, um genug Gegendruck zu erzeugen. Dann zog er behutsam am der Klinge und löste sie langsam aus dem Fleisch.
Loki stöhnte, als der Schmerz wie flüssige Lava durch seinen Körper floss, aber er nahm sich zusammen. Er konnte sich doch keine Blöße geben!
Plötzlich schrie er gequält auf, als Steve die Waffe mit einem Ruck herauszog.
Verdammte Widerhaken! Jetzt wusste er auch, wie sich seine Gegner immer gefühlt haben mussten… Der Gedanke machte die Sache ja schon fast wieder erträglich!
Dann ebbte der Schmerz langsam ab. Jetzt würde die Wunde auch relativ schnell und problemlos verheilen.
„War das dein eigenes Messer?“, fragte Steve, als der dem Gott die Klinge zeigte.
Dieser nickte, nahm seine Waffe entgegen und wischte sie beifällig an seiner Kleidung ab. Jetzt war sowieso schon alles blutverschmiert, da machte das auch keinen Unterschied mehr! Dann steckte das Wurfmesser wieder zurück in seinen Mantel.
„Das zweite ist nicht mehr aufgetaucht“, bemerkte Steve besorgt.
Natascha und Clint waren vermutlich noch irgendwo in dem Spiegelkabinett gefangen. Würden sie mit einem solchen Angriff aus dem Hinterhalt fertig werden? Würden sie ihn überhaupt bemerken, ehe es zu spät war?
Der Soldat aus einer anderen Zeit wollte gar nicht darüber nachdenken. An diesem Punkt musste er sich einfach darauf verlassen, dass seine Freunde alleine zurecht kamen!
„Sehen wir uns hier um“, beschloss Loki schließlich.
Steve nickte zustimmend. Was sollten sie auch sonst tun?
Plötzlich vernahmen sie ein lautes Knirschen hinter sich, als würde Stein gegen Stein gerieben werden.
Sofort drehten sie sich um. Ihre Augen weiteten sich vor Schreck, als sie sahen, was da vor sich ging.
Aber es war zu spät.
In diesem Augenblick stürzte eine Steinwand zu Boden.
Und sie realisierten.
Sie waren eingeschlossen.
In einer Gruft.


Tony und Bruce sahen sich mit einer Mischung aus Schrecken und Abscheu in dem Raum um. Überall verteilt standen die verschiedensten Gerätschaften, die direkt aus einem Horrorfilm zu stammen schienen. Wären die Umstände anders gewesen, die Männer hätten sich vermutlich köstlich amüsiert und die ‚Deko‘ bewundert.
Jetzt allerdings, unter diesen Umständen fanden sie es mehr als verstörend, dass sie direkt in einer mittelalterlichen Folterkammer gelandet waren.
„Oh Scheiße“, war das erste, was Tony nach einer lange Pause hervorbrachte.
Bruce verzog das Gesicht angewidert, als sein Blick über die unterschiedlichen Gerätschaften wanderte.
Dunkle Flecken auf dem Holz deuteten darauf hin, dass die meisten dieser Folterwerkzeuge vor nicht allzu langer Zeit verwendet worden waren. Es lag die Vermutung nahe, dass die beiden Männer, die sie in dem Tempel entdeckt hatten, hier ihren Tod gefunden haben mussten.
Zumindest konnte angesichts der Umstände nur gehofft werden, dass sie ihren Tod bald gefunden hatten!
„Bruce?“, frage Tony nach längerem Schweigen. „Was machen wir jetzt?“
Der andere zuckte nur mit den Schultern. „Keine Ahnung!“
Schließlich sah sich auch der Ironman genauer in dem Raum um.
Widerstrebend trat er an eine Streckbank heran. Eigentlich wollte er gar nicht so genau wissen, was es damit auf sich hatte, aber auf eine seltsame, befremdliche Weise fühlte er sich von dem Foltergerät anzogen. Ob es Neugierde oder etwas anderes war, konnte er nicht sagen.
Wie er mit Abscheu feststellen musste, lag auf der Streckbank ein Gerippe und ließ vermuten, dass man das Schloss einst in aller Eile verlassen hatte. Möglicherweise war dieses Skelett schon seit Jahrhunderten hier.
Oder es war nur zur Abschreckung aufgebaut worden.
Bei dem Gedanken verzog Tony das Gesicht. War all das vielleicht nur ihretwegen passiert? Das war eine Möglichkeit, die er bisher noch gar nicht in Betracht gezogen hatte!
Sollte generell jeder unerwünschte Besucher aus dem Schloss gejagt werden oder ging es hier vielleicht um etwas komplett anderes? Darüber sollten sie vielleicht einmal nachdenken…
Wie Bruce bereits zuvor festgehalten hatte, konnten die anderen Männer nicht viel länger als drei Wochen tot sein. Sie mussten also vor drei Wochen so zugerichtet worden sein. Nicht vor drei Jahrhunderten. Vor drei Wochen!
Was war es, das in diesen Mauern auf sie lauerte?
Bei dem Gedanken an die seltsame Erfahrung, die er gemacht hatte, als er alleine mit Kerzen und einem Schwert bewaffnet durch das Schloss gezogen war, schauderte er jetzt. Was hatte er da gesehen?
Was zum Teufel?
Was machte da Jagd auf sie?
Und wo hatte er – verflucht noch einmal – das Schwert gelassen?
Plötzlich wurde er unsanft aus seinen Gedanken gerissen, als er die Stimme seines Kollegen vernahm.
„Tony, komm her! Sieh dir das an!“

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