"Eileen!"
Billie schrie auf, Cian sprang ihr sofort hinterher.
Reed starrte entsetzt auf die Stelle, wo Eileen in den See gefallen war.
"Oh Gott, es... ich wollte doch nicht..."
Billie stürmte zum Rand, genau wie die anderen Gäste, die die Szene mitbekommen hatten.
Die Sonne war in der Zwischenzeit vollkommen verschwunden. In der Dunkelheit war unter der Oberfläche nichts zu erkennen.
"Wo sind sie bloß?", fragte Billie mit bebender Stimme und schlug sich eine Hand vor den Mund.
"Was... was ist da los?", murmelte Reed.
Etwas in Billie zerbrach. Sie schlug Reed so fest gegen die Schulter, wie sie konnte.
"Sie kann nicht schwimmen, du Trottel! Sie hat Angst vor dem Wasser, weil sie mal fast ertrunken wäre!", schrie sie.
Nicht nur Reed sah darauf mit noch ängstlicherem Blick auf den See.
Die Panik und Anspannung schien beinahe greifbar zu sein.Eileen konnte nicht atmen.
Sie konnte nicht denken, sich nicht bewegen.
Wasser. Überall war Wasser.
Genau wie damals.
Sie wollte schreien und etwas schien sie wachzurütteln.
Sie strampelte, wollte nach oben tauchen, doch sie sank nur noch weiter nach unten.
Panik ließ ihr das Blut in den Adern gefrieren.
War es soweit? Musste sie jetzt sterben?
Eine Gestalt tauchte über ihr auf. Cian.
Aber war er echt? Bildete sich nicht bloß in ihrer Furcht etwas ein?
Es schien auch nicht wirklich Cian zu sein.
Seine Augen waren wieder so unnatürlich hell und seine Haut schien eine andere Farbe angenommen zu haben.
Hände griffen nach ihr, aber sie waren seltsam. Waren das Schwimmhäute?
Vielleicht war sie schon tot.
Eileens Lider wollte sich schließen, alles wurde mit einem Mal so schwer.
Sie spürte, dass Cian, wenn er denn überhaupt echt war, nach ihr griff und sie nach oben zog.
Plötzlich drang frische, kühle Luft in Eileens Lungen und weckte sie auf.
Sie begann zu husten und krallte sich an den Felsen zu dem sie jemand gebracht hatte.
Ihr Hals brannte, Tränen liefen ihr über die Wangen.
"Cian?", krächzte sie kaum hörbar.
Sie sah sich nach allen Seiten um.
Die anderen Partygäste auf dem Steg hatten sie inzwischen entdeckten und rannten zu ihr.
Sie sah in die andere Richtung, wo ein Frosch auf einem der kleineren Felsen saß.
Er blickte sie an.
Hatte der Frosch tatsächlich blaue Augen?
Sie war wahrscheinlich schon im Delirium.
Ein schwaches, verträumtes Lächeln breitete sich auf ihren Lippen aus, eher die Müdigkeit nach ihr griff und ihr Kopf auf den kalten Stein sank.~
Als sicher war, dass Eileen bei dem Sturz nichts passiert war, verließ Billie das Krankenhaus.
Sie hatte Eileens Mutter über den Unfall informiert und war mit ihr dorthin gefahren.
Die anderen hatten zuvor einen Rettungswagen für Eileen geholt.
Sie hatte sich ein Taxi zurück genommen.
Anstatt nach Hause zu fahren, ließ sie den Fahrer bei Reed Halt machen.
Es war bereits mitten in der Nacht, aber er saß noch im inzwischen leeren Garten.
Billie setzte sich zu ihm auf die Holzbank.
Reed sah sie nicht an, sondern hielt den Blick weiterhin auf den See gerichtet.
"Lee kann nicht schwimmen...", murmelte er. "Sie hätte ertrinken können. Wegen mir."
Billie hätte gerne etwas Aufmunterndes gesagt. Aber es fühlte sich falsch an.
Sie hatte es satt, ihm immer zuzustimmen.
Immer Reed als perfekt zu betrachten.
"Ja, du hast dich wie ein ziemliches Arschloch verhalten."
"Ich werd das nie wieder gut machen können... Billie, es tut mir so leid..."
"Das musst du Eileen sagen. Und es war ein Unfall. Ein absolut unnötiger, idiotischer Unfall, der sie mit ihrer schlimmsten Angst konfrontiert hat, aber es war keine Absicht. Ich kann dir nichts versprechen... doch... ich glaube, sie wird dir vergeben."
"Ich kann es nur hoffen."
"Du solltest dich auch bei Cian entschuldigen."
"Aber er..."
"Es ist egal, was er gesagt hat. Du hast angegriffen. Reed, so kenn ich dich gar nicht. Was sollte das eigentlich?"
"Keine Ahnung... ich kann den Kerl einfach nicht ausstehen und dann taucht er einfach hier auf beschuldigt meinen Großvater für irgendetwas..."
"Aber es geht nicht gar nicht um deinen Großvater, oder?"
"Nein. Dummer Stolz, sonst nichts. Er war immer so ekelhaft zu uns... zu dir..."
"Reed", seufzte Billie. "Bitte sag mir, dass da kein dämlicher, männlicher Beschützerinstinkt mitgespielt hat."
"Das war kein männlicher Beschützerinstinkt, sondern einfach die Wut auf ihn, weil er dich verletzt hat. Ich ertrag's nicht, wenn dir wehgetan wird."
"Erträgst du's auch nicht, wenn Betty wehgetan wird?", rutschte es Billie heraus.
"Was?", fragte Reed sichtlich verwirrt.
Billie biss auf die Zunge.
Das war der falsche Moment. Es ging hier um Eileen und Cian.
"Nichts. Vergiss es einfach."
"Ich will es aber nicht vergessen, was meinst du, Billie?"
Sie atmete tief durch. Konnte es noch schlimmer werden?
Vermutlich nicht.
"Ich bin in dich verliebt, Reed.", gestand sie.
Er sah sie an.
Schweres Schweigen breitete sich über ihnen aus.
"Ich geh dann.", sagte Billie leise.
Das ertrug sie nicht länger.
Sie stand auf und wollte gehen.
Reed griff nach ihrer Hand.
"Billie... tut mir leid, ich hab nichts gemerkt."
"Ich bin ja auch nicht wie ein verliebtes, kleines Mädchen durch die Gegend gelaufen und hab mit einem Schild rumgewedelt."
Reed stand lächelnd auf, ohne ihre Hand loszulassen.
"Darum bist du auch meine beste Freundin."
"Deine... beste... Freundin..."
"Die in diesem Kleid übrigens wunderschön aussieht."
Reed machte noch einen Schritt auf
sie zu und legte seine Hände um ihre Taille.
"Und das fällt dir jetzt auf?", brummte Billie.
"Nein, aber ich dachte, wenn ich es dir gleich sage, kommt es komisch."
Er beugte sich zu ihr herunter, doch Billie legte ihm eine Hand auf die Brust, um ihn zu stoppen.
"Lassen wir uns Zeit, Reed. Es ist viel passiert."
Er lehnte seine Stirn müde gegen ihre.
"Hast Recht."
"Wie immer.", antwortete Billie mit einem Zwinkern.
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Der Froschkönig (Märchenadaption)
FantasyNeues Haus, neue Stadt, neue Schule - alles Dinge, auf die die 17-jährige Eileen gut hätte verzichten können. Nachdem sie jahrelang ein aufregendes Leben in Dublin geführt hat, schleppt sie ihre Mutter mit ins Nirgendwo. Eines Tages entdeckt sie mi...