IV

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Spoiler Warnung, der gesamten Serie
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Gemeinsam standen wir im Flur.
John hielt meine Hand und drückte sie ab und zu beruhigend. Ich lehnte an der Wand neben der Türe und versuchte meine Gedanken zu ordnen. Meine Eltern hatten mir mein ganzes Leben vorgelogen, Banker zu sein. Das verletzte mich, keine Frage. Die Tatsache allerdings, dass ich in akuter Gefahr zu schweben schien, schockierte mich erstaunlicherweise wesentlich mehr.
"Warum muss mir sowas eigentlich immer passieren?", fragt ich nach einer Weile und sah John an. Er seufzte.
"Die guten Menschen erwischt es immer am stärksten..."
"Wie meinen Sie das?"
"Naja... ich rede zwar nicht gerne darüber, aber...", er blickte mir in die Augen und ich hatte das Gefühl, dass er mir in die Seele gucken könnte. "Vor vier Jahren gab es einen bösen Mann. Er hieß Moriarty. Er hatte irgendwelche Störungen und hat darum zum Spaß Leute umgebracht. Und irgendwann hat er sich Sherlock als seinen Feind auserkoren. Seit diesem Tag haben wir ihn gejagt. Und eines Tages, haben wir ihn gefunden. Allerdings hatte er vermeintliche Beweise, dass Sherlock ein Lügner ist. Und dann hat er ihn mit einigen Druckmitteln dazu gebracht, Selbstmord zu begehen. Er-", seine Stimme brach und dieses Mal war ich es, die seine Hand beruhigend drückte. "Er hat ihm gedroht, wenn er nicht Selbstmord begeht, dann sterben zwei von Sherlocks Freunden und auch ich. Und weil er das irgendwie nicht zulassen konnte, oder wollte, ist er von einem Hausdach gesprungen. Moriarty hat sich vorher noch in den Mund geschossen, also hat es ihn am Ende auch das Leben gekostet. Aber Sherlock hat mich angerufen und mir gesagt, er wäre ein Lügner gewesen. Er wollte mir weiß machen, dass-", seine Stimme brach erneut und ich sah, wie er mit sich selber rang.
"Sie müssen mir das nicht erzählen, John." sagte ich vorsichtig, auch wenn ich es wirklich interessant fand.
"Doch, muss ich.", er versuchte zu lächeln. "Jedenfalls verlor ich an diesem Tag meinen besten Freund. Mrs Hudson, unsere Vermieterin, und ich besuchten eines Tages sein Grab und ich flehte ihn an, nicht tot zu sein. Ich... naja, ich verlor nicht nur Sherlock, sondern auch ein Stück meiner Selbst...", er machte eine Pause, ehe er fortfuhr. "In den nächsten zwei Jahren ging es mir gar nicht gut. Also wirklich gar nicht. Aber ich lernte eine Frau kennen. Mary. Ich verliebte mich in sie. Und endlich schien mein Leben wieder besser zu werden. Doch an dem Tag, an dem ich ihr einen Antrag machen wollte, kehrte Sherlock zurück. Wir hatten unsere... differenzen, sagen wir es so, aber dennoch war ich froh, dass er wieder zurück war. Mein Leben hätte also eigentlich nicht besser sein können. Ich heiratete sie und wir wurden sehr glücklich zusammen. Doch dann erfuhr ich, dass Mary gar nicht Mary war. Sie war eine Attentäterin, Mörderin und vor allem Angestellte von Mycroft und ihre wahre Identität war eine andere. An dem Tag verlor ich erneut alles. Ich dachte, Sherlock wusste davon und auch Mary machte ich Vorwürfe aber irgendwie drehten die beiden es so, dass ich das Gefühl hatte, sie würden mir für alles die Schuld geben. Ich war unglaublich sauer. Zwar hatte ich den beiden wieder verziehen, aber sauer war ich trotzdem. Aber ich kam darüber hinweg. Wir vertrugen uns wieder alle, und es wurde wieder besser. Und dann...", er schluckte erneut. "Wurde sie erschossen. Sie rettete Sherlock das Leben, und ließ dabei ihres. Und ich verlor wieder alles. Vor allem, weil ich Sherlock die Schuld gab. Fälschlicherweise, wie ich jetzt weiß. Monatelang sprach ich nicht mit ihm und trauerte nur Mary nach. Doch irgendwann brachte... Mrs Hudson mich dazu, ihm zu verzeihen. Erneut. Und ja... dann hatten wir noch einmal ein bisschen Probleme mit der kleinen Schwester von den Holmes Brüdern, aber im Endeffekt, geht es jetzt wieder bergauf.", er lächelte mich traurig an. "Wie gesagt, ich spreche nicht gerne darüber und ich erzähle dir auch gerade mehr als meiner Therapeutin jemals, aber... ich dachte mir, vielleicht zeigt es dir, dass, auch wenn das Leben echt scheiße sein kann, aber man kommt drüber hinweg. Und kann weiter machen. Und naja..."
Ohne nachzudenken legte ich meine Arme um John und drückte mich an ihn. Ich wusste nicht, warum genau ich das jetzt tat, aber es fühlte sich richtig an. Ich umarmte ihn und legte meinen Kopf an seine Schulter.
"Ich danke Ihnen, dass Sie mir das erzählt haben, John.", flüsterte ich nach einer Weile. "Ich kenne Sie zwar erst seit knapp einer Stunde, aber... ich glaube, ich kann Ihnen vertrauen."
Er drückte mich ebenfalls an sich und strich mir sanft über den Rücken, was mich seltsam beruhigte.
Plötzlich ging die Türe auf und Sherlock spähte hinaus.
"Kommt rein.", forderte er uns auf und stieß die Türe ganz auf. Ich trat einen Schritt von John weg, wischte mir die Tränen aus dem Gesicht und lächelte vorsichtig.
"Danke Ihnen...", flüsterte ich
"Ich habe doch gar nichts gemacht. Und bitte, sag du zu mir."
"Danke, dass du gerade für mich da warst. Ich habe ja keinen auf dieser Welt. Und Umarmt wurde ich bestimmt seit über vier Jahren nicht mehr."


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Hellu guys,
Die ganz smarten unter euch, haben bestimmt gemerkt, dass Rosie hier gar nicht vorkommt. Das liegt daran, dass ich aus rein pragmatischen Gründen beschlossen habe, dass John in dieser Geschichte keine Tochter hat.
Hab euch lieb,
Thi

New Identity - Der Regenbogen fällt mit (Sherlock FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt