XVI

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Am Abend wurden wir von Randy Cooper wieder an der Baker Street hinaus gelassen. Wir waren den ganzen Tag durch den Baumarkt und das Möbelgeschäft gewuselt und hatten alles besorgt, was wir brauchen könnten. Ich hatte sogar Zimmerpflanzen bekommen.
"Alter Falter. Ich gehe nie wieder Möbel kaufen." seufzte ich, als ich mich auf das Sofa fallen ließ. Randy hatte uns noch geholfen die ganzen Möbel nach oben zu tragen und war dann wieder abgedüst.
"Und was machst du, wenn du eines Tages ausziehst? In deine eigene Wohnung?" fragte John und ließ sich neben mir auf das Sofa fallen.
"Ich ziehe einfach nicht aus. Problem gelöst."
Er wandte sich zu mir und grinste. "Na dann."
Plötzlich hörte man Schritte und einen Moment später sprang die Türe auf und Sherlock kam herein geflogen. Er hastete zum Esstisch, schnappte sich irgendeinen Stift und einen herumfliegenden Zettel, krickelte irgendetwas darauf und kam dann zu mir.
"Ruf in diesem Restaurant an, es wird von unserem Hauptverdächtigen geleitet. Mache einen Tisch für zwei in einer halben Stunde aus. Auf den Namen Holmes. Und du", er steckte mir den Zettel entgegen und griff dann nach Johns Handgelenk. "umziehen. Wir gehen auf ein Date."

Perplex starrten sowohl John als auch ich den Lockenkopf an.
"Bitte was?" fragte John dann ruhig und Sherlock seufzte frustriert.
"Für den Fall. Wir müssen gucken, ob der Nachbar, Henning Cortell, wirklich so homophob ist, dass er jemanden deswegen umbringen würde. Deshalb muss Lili einen Tisch für uns reservieren und wir beide müssen uns fertig machen, damit wir unser Date nicht verpassen. Noch Fragen?"
"Noch ungefähr eintausend.", Ich blinzelte ein paar Mal. "Aber tatsächlich auch eine relevante: Was soll ich danach machen?"
"Das weiß ich nicht. Mach was du möchtest. Aber John, du musst dich jetzt beeilen. Wie ich sehe hast du heute morgen geduscht, hervorragend. Los los, wir haben nicht viel Zeit uns vorzubereiten." drängte Sherlock und zog John in den Flur und stieß ihn unsanft die Treppen hinauf. Einen Moment starrte ich ihnen nach, dann begann ich zu grinsen.
"Na dann, sorgen wir doch mal für ein Date, bei einem mörderischen Homophoben." murmelte ich, zückte mein Handy und wählte die Nummer, die Sherlock mir gegeben hatte.
"Guten Abend, Restaurant Granny's Kitchen, was kann ich für Sie tun?" meldete sich eine männliche Stimme und unwillkürlich fragte ich mich, ob diese Stimme zu einem Mörder gehörte.
"Ähm, guten Abend. Ich würde gerne einen Tisch für zwei buchen, wenn das möglich wäre." sagte ich und versuchte, möglichst erwachsen zu klingen.
"Für wie viel Uhr denn und auf welchen Namen?"
"In einer halben Stunde, also 18:15 und auf den Namen Holmes." Ich grinste, als ich das sagte. Wer hätte gedacht, dass ich direkt am zweiten Tag ein Date für meinen "Bruder" und unseren Mitbewohner in dessen Namen buchen sollte?
"Alles klar, in einer halben Stunde. Bis dann, Mrs Holmes."
Ehe ich das Missverständnis aufklären konnte, hatte der Mann schon aufgelegt. Verwirrt hielt ich mein Handy vor mich und im nächsten Moment begann ich lauthals loszulachen.
"Was ist denn so lustig?" fragte John, der plötzlich herein kam, während er versuchte, seine dunkelblaue Krawatte zu binden. Er trug einen hellgrauen Anzug, mit hellblauem Hemd, hatte sein Jackett allerdings bisher noch über seinen Arm gelegt.
"Der Kerl denkt jetzt, ich wäre Mrs Holmes und würde mit meinem Date kommen - der wird vielleicht Augen machen." Ich erhob mich und ging zu John, um ihm zu helfen. Sofort ließ er die Krawatte los und ich konnte einen Knoten rein machen.
"Wo hast du das gelernt?" fragte er, als ich fertig war.
"Devin hat mich des Öfteren dazu gezwungen, seine Krawatten zu binden. Immer, wenn eine seiner Freundinnen ins Restaurant gekommen ist, was so ungefähr jede zweite Woche war. Aber er hat solche Würstchenfinger, damit hätte er nichts knoten können. Nicht einmal, wenn er es aufrichtig versucht hätte.", ich zuckte mit den Schultern. "Aber egal. Also: Aufgeregt?"
"Warum sollte ich?" fragte er zurück und zog sich das Jackett über die Schultern.
"Ähm, du gehst auf ein Date? Mit Sherlock."
"Es ist nur für einen Fall. Lili, ich bin wirklich nicht gay."
"Das sagen sie alle, John. Das sagen sie alle. Und dann landen sie am Ende doch in der Kiste.", ich schmatzte in die Luft und musste kichern, als John rot anlief.
"Also bist du doch nervös."
"Natürlich bin ich nervös!", er sah mich ein wenig aufgekratzt an. "Immerhin geben wir uns als ein Gay-Pärchen aus, in einem Restaurant dessen Besitzer schon einen Mann getötet hat, weil dieser queer war!"
"Keine Sorge, John. Ich beschütze dich." Grinsend betrat Sherlock das Zimmer. Er trug, wie bereits gestern, einen schwarzen Anzug und ein weißes Hemd darunter. Allerdings war ausnahmsweise eine weinrote Krawatte dabei.
"Ha ha, wirklich witzig, Sherlock. Wer von uns beiden ist noch einmal der Soldat?"
"Du bist Arzt."
"Die Diskussion hatten wir schon einmal, und du hattest danach einen Kratzer im Gesicht."
Sherlock begann zu schmunzeln. "Ich erinnere mich lebhaft."
"Also wir brauchen uns definitiv keine Sorgen zu machen, dass eure Tarnung auffliegt.", ich grinste hämisch. "Fresst euch nur nicht mit euren Blicken auf. Nicht in der Öffentlichkeit."
John boxte mir vorsichtig gegen die Schulter und schüttelte den Kopf. "Wie dem auch sei. Was machst du, während wir weg sind?"
"Oh, ich bin auch weg."
"Wo bist du denn?" verwirrt sah John mich an.
"Ich bin als Verstärkung dabei. Natürlich nicht beim Date, nein, keine Sorge. Das... äh nein, darüber will ich nicht einmal nachdenken. Ich werde aber auch in das Restaurant gehen. Und euch im Auge behalten. Immerhin handelt es sich um einen Mörder. Und ich will ja nicht, dass ihr zwei Hübschen bei eurem ersten Date gleich tödlich verletzt werdet." Ich zwinkerte und John seufzte.
"Na, wenn es sein muss. Aber komm etwas später nach, sonst-"
"Sonst habt ihr nicht so viel Privatsphäre? Keine Zeit zum Knutschen?", ich kicherte. "Keine Sorge, ihr werdet mich nicht bemerken."
"Ich wollte zwar eigentlich sagen, dass das sonst auffällig wäre, aber gut. Du unverschämtes Ding, sei froh, dass ich einen Anzug trage, und mich darin nicht gut bewegen kann. Sonst würde ich dich zu Tode kitzeln."
"Dann sind das vielleicht nicht die angemessensten Klamotten, für ein Date. Manchmal braucht man da bestimmt etwas... Bewegungsfreiheit." Ich lachte über die Andeutung und sogar Sherlock gluckste leicht.
"Ihr zwei habt dieses Geschwister-Sein aber auch ziemlich gut drauf." lächelte er und ich nickte zufrieden grinsend.
"Danke, wir geben unser bestes, stimmt's John?", ohne auf eine Antwort zu warten, schob ich die beiden in Richtung Türe. "Und jetzt Abflug. Sonst kommt ihr zu spät zu eurem Date."

New Identity - Der Regenbogen fällt mit (Sherlock FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt