Vorbereitungen

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An meinem nächsten freien Tag kurz vor den Festtagen erlebte ich eine angenehme Überraschung.

Es war nach mehreren Tagen ununterbrochenen Regens ein herrlich sonniger Tag, den kein Wölkchen trübte. Seit dem ersten Blick aus meinem Fenster, als ich den heutigen Sonnenschein bemerkt hatte, erfreute ich mich blendender Laune.

Mein Weg führte mich wie gewohnt zu Hédrian.

Dort traf ich Médancon und Álkaran gemeinsam an. Álkaran hatte einen besonders schmackhaften Fisch gefangen, den er Hédrian gebracht hatte. Da er seinem Bruder versprochen hatte, für den Rest des Tages beim festlichen Schmücken der Plätze zu assistieren, hatte dieser ihn zu Hédrian begleitet. Gleich im Anschluss wollten sie vom nahegelegenen Hof ein Fahrzeug leihen, um den erforderlichen Festschmuck abzuholen.

Hédrian fragte mich, ob ich die beiden begleiten könnte, um eine weitere helfende Hand zu stellen.

Und ob ich das wollte!

Wir verabschiedeten uns von Hédrian und holten das robuste Fuhrwerk ab, das wie ein großer Korb auf Rädern aussah, der am Heck offen war. Der Kutschbock bestand aus der mir schon vertrauten, schwingenden Bank. Einen weiteren Sitz gab es nicht im Gefährt. Médancon und Álkaran nahmen mich in die Mitte.

Die Zugtiere waren stämmig und dunkel gescheckt. Ihr Gang war schwerfälliger, als ich es bisher kannte, doch Álkaran dirigierte den Wagen mit Umsicht und Geschick. Ich fragte mich im Stillen, warum Hédrian nicht Álkaran hatte lenken lassen, als wir zur Sternwarte unterwegs gewesen waren.

Wir fuhren ein gutes Stück aus der Stadt heraus. Dieses Mal nahmen wir nicht den Weg bergan zur Sternwarte hinauf, sondern folgten der Straße in ein grünes, flaches Tal, das im Osten von Éngin-Doloh lag. Hinter und vor uns waren ähnliche Fuhrwerke wie das unsere unterwegs, wohl alle mit dem gleichen Ziel. Fröhliches Geplauder der anderen Besatzungen schallte zu uns herüber.

In mir lief derweil ein Wechselbad der Gefühle ab. Ich hoffte inständig, dass keiner der Brüder etwas davon bemerkte.

Auf meiner linken Seite spürte ich Álkarans starken, warmen Oberschenkel und seinen kraftvollen Oberarm. Er duftete nach Salz und Seetang. Eine Aura der Ruhe und Stärke strahlte von ihm aus.

Von rechts roch ich Médancons Aroma nach frischem Heu. Sein Bein und Arm berührten mich immer wieder beim Schwanken des Gefährts, und bei jeder Berührung durchfuhren mich Empfindungen, die ich am ehesten mit kleinen, prickelnden Funken gleichsetzen konnte. Ich dachte, so ähnlich müsste sich Elektrizität anfühlen, über deren Eigenschaften ich im letzten Jahr in einer Zeitung gelesen hatte. Ich hatte jedenfalls so etwas vor jenem Moment, als Médancon im Garten meine Hand genommen hatte, noch nie erlebt.

Álkaran war mit dem Führen der Tiere auf dem gewundenen Weg beschäftigt, und Médancon war vom Naturell her nicht besonders redselig, was mir momentan sehr gelegen kam, da ich vermutlich statt sinnvoller Antworten nur Gestammel von mir hätte geben können.

Unsere Fahrt dauerte bereits eine Weile, als wir auf ein kleines Dorf stießen. Alle Gefährte inklusive des unseren strebten auf ein großes, scheunenähnliches Haus in der Dorfmitte zu. Eine Menge Fuhrwerke und Tiere befanden sich auf dem Areal.

Ich fühlte mich an einen Jahrmarkt erinnert. Die allgemein erwartungsfrohe Stimmung passte ebenfalls dazu. Offenbar stimmte die Aussicht auf fünf freie Tage die Menschen sehr heiter, auch wenn sie grundsätzlich allesamt gern ihren täglichen Aufgaben für die aleeanische Gesellschaft nachgingen.

Wir parkten zwischen zwei anderen Wagen. Ein großer Trog, in den aus einem Holzrohr stetig frisches Wasser floss, diente den Tieren zur Tränke. Álkaran schirrte unsere Zugtiere ab und führte sie zum Trinken. Danach versorgte er sie mit Heu und reisähnlichen Samen aus einem großen Korb. Ich half ihm dabei.

Kántarellas LichtgestaltenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt