Kapitel 9

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Die Pechschwarzen Augen blicken mir genau in die Augen. Seine Augen ziehen mich jedes mal wieder in den Bann. Ich muss mich zusammenreißen und löse mein Blick von seinen. Hinter ihm stehen seine Eltern. Amin taucht auf einmal neben mir auf und begrüßt unsere Gäste. Malik wollte mir die Hand geben, jedoch schaute Amin ihn nur mahnend an. Ich verdrehe meine Augen und begrüße Malik mit einem einfachen "Salam Aleykum." er nickt nur. Natürlich sagt er nicht Wa aleykumu Salam, er verabscheut ja unsere Religion.

Als ich seiner Mutter die Hand geben wollte, schaute sie mich mit glasenden Augen an und zieht mich in eine lange Umarmung. Überrascht schaue ich zu meinem Vater, der traurig lächelt.

Nach der langen Umarmung schaut sie mich und lächelt schwach. "Du bist ihr Zwilling." mein Lächeln fällt abrupt und ich weiß direkt wen sie meint. Ich schaue sie an und lächele leicht. "Sie war wie eine Schwester für mich, und jetzt ist sie weg." sagt sie mit einem traurigen Ton. "Du überforderst das arme Kind ja schon, lass mich sie auch mal begrüßen." versucht ihr Mann die Stimmung zu lockern. Ich wende mich zu ihm, und will ihm die Hand küssen jedoch zieht er seine Hand zurück und umarmt mich.

Mittlerweile sitzen wir alle schon im Wohnzimmer und haben schnell Themen gefunden über die wir reden können. Aya sitzt auf meinem Schoß und schläft schon. Ich streiche ihr über das Haar, wie immer wenn sie in meinen Armen einschläft.

„Ich bringe sie in ihr Zimmer." flüstere ich Amin zu der neben mir sitzt, und zugegebenermaßen sehr angespannt aussieht. Er nickt nur.

Nachdem ich Aya in ihr Zimmer gebracht habe, will ich zurück und höre auf dem Weg wie über mich gesprochen wird. „Assila hängt sehr an ihrem Glauben, ich bin sehr stolz auf sie. Sie ist ein anständiges Mädchen."

Fragezeichen bilden sich in meinem Kopf. Wieso reden die über mich? Wenn ich jetzt reingehe werden alle Blicke auf mir liegen, und ich hasse das. Deswegen gehe ich lieber in die Küche und mache uns Tee.

Ich habe uns allen Marokkanischen Tee gemacht und habe es grade jedem serviert.

Es ist mittlerweile eine halbe Stunde vergangen, und ich frage mich wann wir das Essen reservieren. Ich habe mittlerweile schon ziemlich Hunger. "Baba fo9ach radin naklo?" frage ich Baba wann wir endlich essen. Auf einmal fangen alle zu lachen. Scheiße. Die verstehen mich ja. Ich schau verlegen durch die Runde. Baba lacht amüsant, genauso wie Tante bei der ich noch nicht mal ihren Namen kenne. Onkel lacht auch, während meine zwei Brüder mich amüsiert angucken. Und Malik? Er schaut mich nur mit seinen Pechschwarzen Augen an. Er schaut mir so tief in die Augen, als würde er irgendwas drin lesen wollen. "Meine Tochter will Essen, also kriegt sie Essen." reißt mich Baba aus meinen Gedanken.

Während wir Essen lobt mich Tante die ganze Zeit. "Ma Sha Allah Assila das hast du sehr gut gemacht. Malik scheint es auch zu gefallen, denn er isst von niemanden Sarma außer von mir. Und sieh dir an wie viele Teller er sich schon reingedrückt hat." ich schaue Malik an, und ich sehe wie er seine Mutter mahnend anschaut. „Niemand frisst so viele Teller wie Amin vertrau mir Tante." sage ich und schaue Amin an der wahrscheinlich schon sein sechsten Teller auffüllt. Er gibt mir ein Klaps auf den Hinterkopf und zieht meine Haare. „ AUAAAAAA AL HMARRRR!!" schreie ich ihn an dass er ein Esel sei. Er hat ein Krieg begonnen, also soll er ihn auch beenden. Ich kneife ihm so feste in seine Nippel, dass ich für einen kurzen Augenblick dachte sie wären abgefallen. Er zischt laut auf, und schlägt meine Hände weg.

"Assila. Renn." Das ist mein Stichwort.

Ich stehe sofort auf und renne in den Flur. Ich höre wie Amin aufsteht. Scheiße scheiße scheiße. In mein Zimmer kann ich nicht, weil ich da niemals wieder rauskomme. Im Wohnzimmer werde ich wahrscheinlich alle Gläser umkippen. Die Zimmer der Jungs kommen gar nicht in Frage. Mir bleibt nur noch eine Möglichkeit. Die Haustür.

Ich höre wie Amin anfängt zu rennen und sofort renne ich zur Haustür. Ich reiße die Wohnungstür auf und renne dann raus. Ich danke Gott dass wir im Erdgeschoss leben. Ich renne auf die Straße und schaue nach wo Amin bleibt. Ich sehe alle am Fenster stehen. Sie schauen mich alle belustigt an. "Du rockst das Schwesterherz." ruft mir Islam zu. Ich will grade antworten, da wird die Haustür aufgerissen. "Du bist verrückt." ist das einzige was er sagt bevor er anfängt zu rennen. Ich fange an zu kreischen und renne wie eine Verrückte durch die Straßen. "BITTE AMIN ES TUT MIR LEID ICH GIB DIR AUCH FÜNF EURO"! kreische ich während ich vor ihm wegrenne.

Er packt mich an meinem Handgelenk und zieht mich zurück. Ich drehe mich um und schaue ihm in die Augen. "Hab ich dich." Oh nein Amin, noch nicht. Ich kneife ihm wieder in seine Nippel und renne direkt weg. "HAT SIE NICHT GEMACHT! ASSILA ICH BIN STOLZ AUF DICH!" schreit Islam vom Fenster.

Ich bin mittlerweile schon im Wohnzimmer und warte auf Amin. Ich hör seine schweren Schritte und quietsche auf. Er kommt ins Wohnzimmer gerast. Ich stehe auf der Couch und bete. Beten ist das einzige was mir jetzt noch helfen kann.

Er springt auf die Couch und ich renne in die Küche. Ich verstecke mich hinter Baba, während alle mir belustigt zuschauen. „SPIELSTOP AMIN SPIELSTOP!!" schreie ich in der Hoffnung er lässt es gut sein, jedoch bringe ich damit nur alle zum Lachen.

Ich bringe alle zum Lachen außer den mit den Pechschwarzen Augen. Er scheint nachzudenken, denn er schaut starr irgendwohin. Als ich seinem Blick folge bleibt mein Herz stehen. Das Familienbild von uns allen. Inklusive Mama.

Wir waren in Marokko, um genau zu sein in Casablanca vor der Hassan-||. Moschee. Mama und Baba stehen nebeneinander, während ich zwischen Amin und Islam stehe. Wir hatten alle Jelabas an und Mama und ich trugen ein schönen lockeren Kopftuch. (Jelabas sind lockere lange Kleider)
Amin und Islam haben mich zum Lachen gebracht wegen irgendetwas und Mama und Baba schauten uns zu wie wir zu dritt lachten.
Und genau in diesem Moment entstand dieses Foto.

Ich schaue zurück zu den Pechschwarzen Augen, die diesmal nicht das Bild sondern mich im Fokus haben.

Ich wollte grade seinen Blick analysieren, da spüre ich zwei Hände an meinen Seiten. NEIN. NEIN. NEIN.

AMIN KITZELT MICH AN MEINER SCHWACHSTELLE. „AMIN WEHE!" ich fange an mich zu winden und pruste los. Bitte nicht schon wieder. Das letzte mal als ich an dieser Stelle gekitzelt wurde, wurde ich ohnmächtig...

Meine Seiten tun mir weh. Amin hat erst nach gefühlten zwei Stunden aufgehört. Ich bin immer noch am hecheln, und schaue Amin mit meinem Killer Blick an.
„Nie wieder Assila." sagt er streng. Ich gucke ihn an und verdrehe meine Augen.

„Verdreh nicht deine Augen." sagen Amin und Malik gleichzeitig. Alle schauen ihn an, selbst seine Mutter guckt ihn streng an. „Benimm dich." flüstert sie ihm zu und gibt ihm ein Klaps auf den Hinterkopf. Heute hat wirklich jeder was gegen mich. „Ich verdrehe wenn ich will so lange meine Augen bis sie mir rausfallen." sage ich und verdrehe sie nochmal.
„Ja mein Kind lass dir von so nem Sturkopf nicht sagen was du machen sollst und was nicht." unterstützt mich Tante.

Wir haben mittlerweile alle fertig gegessen und haben alle noch gequatscht. Jetzt ziehen sie sich schon die Schuhe an und wollen gehen. Ich rede grade mit Tante über Ramadan und wie sehr wir uns auf Ramadan freuen selbst wenn es noch nicht halbe Ewigkeit bis dahin ist.
Mir fällt ein dass ich noch garnicht ihren Namen weiß. Bevor ich sie fragen kann, beantwortet sie mir diese Frage schon. „Ach und ich heiße Samira." Samira. Schöner Name.
„Gut zu wissen Tante Samira."

Wir verabschieden uns grade alle, ich verabschiede mich von Onkel und will mich grade wieder umdrehen als ich eine ausgestreckte Hand vor mir sehe.

Ich schaue direkt in die Pechschwarzen Augen und verliere mich wie jedes Mal in diesen Augen.

Ich reiche ihm meine Hand und wir schütteln diese auch. Ich will sie grade wegziehen als er mich ein bisschen zu sich zieht.

„Widersprich mir nicht noch mal und verdrehe deine Augen nicht Kleines." flüstert er mir zu.

Er lässt meine Hand los, dreht sich um, und geht raus.

Pechschwarze AugenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt