<<Man feiere nur, was glücklich vollendet ist.>> (Johann Wolfgang von Goethe)
Seit jenem Montag im Bundestag waren bereits fast zwei Wochen vergangen. Mein Leben war nicht mal ansatzweise dasselbe wie davor. Ich hatte Oskar erzählt, dass ich ihn betrogen hatte, jedoch nicht mit wem, denn dieses Detail wollte er gar nicht wissen. Besser so. Daraufhin hatte er gemeint, dass er Zeit brauchen würde, um nachzudenken (ich dachte insgeheim, dass es nur noch eine Frage der Zeit war, bis wir uns trennten), und so kam es, dass ich von Silwingen nach Berlin in meine kleine Wohnung gezogen war und dort nun seit etwas mehr als einer Woche dauerhaft lebte. Alice hatte ich seit Dienstag, also seit einem Tag nach unserer ersten Auseinandersetzung, nicht mehr gesehen, doch ich wusste, dass auch sie in Berlin war, denn sie besaß ein Haus am Stadtrand.
Ich hatte mich letzten Dienstag tatsächlich auf den Weg zu ihr gemacht, um mich zu entschuldigen. Womit ich jedoch überhaupt nicht gerechnet hatte, war ihre Forderung, die sie wie aus dem Nichts äußerte. Sie verlangte nämlich, dass Oskar und ich uns trennten. Gut, das konnte ich nachvollziehen und außerdem war unsere Ehe sowieso schon länger dem Untergang geweiht, aber trotzdem war es eine Frechheit von ihr, das als Bedingung zu stellen, wo wir uns doch sowieso schon öfter nähergekommen waren, fand ich. Als ich ihr erklärt hatte, dass sie mit einer solchen unwillkürlichen Forderung bei mir nicht weit kommen würde, hatte sie vorgegeben, beleidigt zu sein, was meiner Meinung nach alles nur geschauspielert und ein unnötiges Drama war, und danach war eine weitere Unterhaltung mit ihr unmöglich gewesen.
Mit den Worten „Manchmal ist es von Vorteil, sich seinem Alter entsprechend zu verhalten!" hatte ich sie schließlich stehengelassen und seitdem nichts mehr von ihr gehört. Ich vermutete, dass sie zum Zeitpunkt dieses Gesprächs nicht ganz nüchtern gewesen war, doch Beweise hatte ich dafür selbstverständlich keine.
Aus einer anfangs bedeutungslos scheinenden Affäre waren Gefühle entstanden. Gefühle, wie ich sie noch nie zuvor für jemanden empfunden hatte. Ich wollte alles dafür tun, Alice nicht endgültig zu verlieren. Nachdem Oskar und ich uns so gut wie getrennt hatten, wollte ich nicht, dass schon wieder ein wichtiger Mensch aus meinem Leben verschwand.
Ich beschloss, meinen Stolz zu überwinden und mich bei ihr zu melden. Egal, wie infantil sie sich verhalten hatte - jeder war mal etwas neben der Spur (ob nüchtern oder nicht) - es musste einfach eine Aussprache zwischen uns stattfinden. Ich konnte kaum etwas weniger ausstehen, als Konflikte ungelöst zu lassen, obwohl ich jenen grundsätzlich gerne aus dem Weg ging - eine schlechte Kombination.
Gerade als ich diesen Gedanken zu Ende gedacht hatte, klingelte es. Ich war etwas verwundert, denn ich erwartete keinen Besuch. War es vielleicht Lille? Erwartungsvoll öffnete ich die Tür und vor mir stand ein Lieferant eines Blumenladens, der mir einen Strauß weißer Rosen in die Hand drückte. Verdutzt nahm ich die Blumen entgegen und eine leise Ahnung, von wem sie sein könnten, überkam mich.
Nachdem ich die Rosen in eine Vase gestellt hatte, registrierte ich eine Karte inmitten der Blumen. „Sahra" stand in ordentlicher Schrift auf dem Umschlag. Mit klopfendem Herzen öffnete ich den Umschlag und mein Verdacht bestätigte sich: Die Rosen waren von Alice.
Liebe Sahra,
bitte lies diesen Brief, bevor Du ihn zerreißt.
Mein Verhalten war absolut kindisch und lächerlich und es tut mir wahnsinnig leid! Ich wünschte, ich könnte alles wieder gut machen. Es tut mir so leid, Sahra!
Du bist mir in sehr kurzer Zeit sehr wichtig geworden und ich kann mir ein Leben ohne Dich nicht vorstellen. Ich würde mich sehr freuen, wenn wir uns wiedersehen, also melde Dich bitte, wenn Du das auch willst. Ich verstehe aber auch, wenn Du das nicht möchtest.
Deine Lille <3
P.S. Weiß ist die Farbe des Friedens, daher weiße Rosen. Ich hoffe, sie gefallen Dir :)
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nur wir zwei // weidelknecht
ספרות חובביםNoch so eine Weidelknecht-Fanfiction, natürlich alles frei erfunden (aus Sahras Sicht) Ein kleiner Einblick in die Story: Wie konnte etwas, das so gut war, gleichzeitig so falsch sein? Aber genau das war es ja, was der ganzen Sache das gewisse Etwas...